Gründer-Speed-Dating Partnersuche mit Überraschungen

Auf dem Start-up-Treffen Innolution Valley in Ludwigsburg lässt sich beim so genannten „Gründer-Speed-Dating“ erleben, dass die Stärke der modernen Gründerkultur die Offenheit ist.
Ludwigsburg - Eigentlich könnte das gute Dutzend Männer und Frauen, die im Ludwigsburger Forum am Schlosspark auf dem Dating-Pfad sind, fast wieder einpacken. „Suche IT-Entwickler“ steht auf den meisten Fragebögen mit den Start-up-Profilen, die an den Tafeln am Eingang des Workshops aufgehängt sind.
„Ich glaube, fast alle suchen hier und nur die wenigsten wollen etwas finden“, sagt einer der Teilnehmer halb resignierend bei seiner auf nur 60 Sekunden angelegten Kurzvorstellung auf der Bühne. „Gründer-Speed-Dating“ heißt das von der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart (WRS) mit organisierte, lockere Veranstaltungsformat im Rahmen des Start-up-Treffens Innolution Valley.
Im Chaos hilft nur ein Megaphon
Doch dann, so Moderator Florian Schweer, bricht das „übliche Chaos“ bei solchen Events aus. An den im Raum verteilten Stehtischchen werden jeweils zwei, zufällig zusammengewürfelte Teilnehmer für fünf Minuten zusammengespannt. Dann geht es im Kreis weiter. Das läuft so munter, dass Schweer ein Megafon einsetzen muss, um die jeweiligen Pärchen wieder auseinanderzureißen. Das „Netzwerken“ unter Start-ups folgt eben nicht den Regeln des reinen Zweckdenkens, das die traditionelle Unternehmenskultur prägt. Und so ist Thomas Käppler vom Stuttgarter Start-up Voice Commerce nach einem halben Dutzend Gesprächsrunden höchst zufrieden. Nein, den Entwickler, den er suchte, hat er nicht gefunden. Aber er hat zahllose Tipps und Kontaktadressen eingesammelt für Probleme, an die er manchmal nicht einmal gedacht hat.
Bestellungen per smartem Lautsprecher
Routiniert hat er sein Projekt vor den Dialogpartnern heruntergespult. Er will es technisch erlauben, dass man im Dialog mit einem smarten Lautsprecher in einem beliebigen Online-Shop eine Bestellung aufgeben kann. „Man sagt dann einfach: Hallo Alexa, bestelle mir neue Kontaktlinsen“, sagt Käppler.
Alexa ist die Stimme im smarten Lautsprecher Echo von Amazon, der sich bisher von diesen Geräten am weitesten verbreitet hat. Das US-Unternehmen bietet seit Kurzem selbst eine solche mündliche Bestellmöglichkeit für seine eigene Plattform an. Käppler will eine solche Möglichkeit für jeden Online-Anbieter schaffen. „Manche sagen, wir seien noch früh dran. Aber das ist ganz klar die Zukunft“, sagt er. Heraus kommt er aus dem spontanen Aufeinandertreffen in Ludwigsburg mit einer ganzen Latte von Vorschlägen. Ein erfahrender IT-Experte „mit Kohle“, wie dieser selbst es bei seiner Vorstellung formuliert hat, gibt etwa Tipps, wie Käppler sein Team aufbauen soll – und tauscht schon mal die Visitenkarte aus, falls weitere Ratschläge gebraucht werden. Ein anderer Gründer, der in Stuttgart ein Start-up hochzieht, das ökologisch und sozial korrekte Mode aus Europa online verkaufen will, kann sich vorstellen, zum Versuchsobjekt für die neue Einkaufsmethode zu werden.
Visitenkarten gleich reihenweise
Und noch eine Visitenkarte gibt es von einer Gründerin, die sich auf Finanzberatung spezialisiert hat. „Für viele Menschen ist das gar nicht so einfach zu organisieren, dass am Ende des Monats noch Geld auf dem Konto ist“, sagt sie. „Ich kenne das“, sagt Käppler lachend. „Hast du am 25. 11. Zeit?“, fragt sie. Da gibt es gleich eine Veranstaltung mit einer Beratung, die für den Gründer passen könnte.
Käppler seinerseits vermittelt den Kontakt zu einem Bekannten, der helfen kann, eine App zu programmieren. „Hast du schon einmal was von der Steinbeis-Stiftung gehört?“, fragt er eine junge Frau, die sich im Bereich Künstliche Intelligenz engagieren will. „Dort gibt es Experten an der Schnittstelle zwischen Forschung und Unternehmen.“
Und auch noch eine Meinung zu Cocktails
Und einmal soll er seine Meinung sagen, ob er sich ein Cocktail-Abo vorstellen kann. Die Idee einer Gründerin aus Stuttgart: Für 9,99 Euro im Monat in teilnehmenden Bars einen Gratis-Drink spendiert zu bekommen. „Ich bin skeptisch“, sagt er: „Heute läuft immer mehr über Abos. Ich glaube, dass die Leute da den Überblick verlieren.“
„Wir haben gemerkt, dass Gründer eigentlich immer jemanden für ihr Team suchen“, sagt Andreas Chatzis von der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart über die Motivation zu der Veranstaltung. Und da geht es eben nicht nur um Datenbanken, wo Kästchen abgehakt werden, sondern auch um die direkte persönliche Begegnung wie in Ludwigsburg.
Unsere Empfehlung für Sie

Geldfluss von Investoren Studie: Start-ups überstehen Corona-Krise bisher relativ gut
Sinkende Umsätze, zurückhaltendere Investoren: Die Pandemie hat Start-ups in Deutschland zu schaffen gemacht. Doch die Branche scheint das Corona-Jahr 2020 mit einem blauen Auge überstanden zu haben.

Grüne Woche in Berlin Bauern fordern Deutschland-Bonus vom Handel
Die Grüne Woche in Berlin findet dieses Jahr wegen des Coronavirus ohne Publikum statt. Im Vorfeld der Online-Veranstaltung vom 20. bis 21. Januar verlangt Bauernpräsident Joachim Rukwied im Interview mit unserer Zeitung eine neue Abgabe für die Einfuhr von landwirtschaftlichen Produkten in die Europäische Union.

Erwartungen übertroffen Trotz Corona: Chinas Wirtschaft wächst 2020 um 2,3 Prozent
Mit starken Wachstumszahlen hat China die Erwartungen vieler Analysten übertroffen. Der Aufschwung dürfte sich auch in diesem Jahr fortsetzen. Der neue Fünfjahresplan soll neue Impulse liefern.

Lockdown-Hilfen des Bundes Abschlagszahlungen von etwa 270 Millionen Euro im Land
Die November- und Dezemberhilfen zur Überbrückung der Corona-Krise laufen nur schleppend an, was breite Kritik auslöst. Not leidende Betriebe reagieren ungeduldig. Eine Zwischenbilanz zeigt: Die meisten Antragsteller haben schon Abschlagszahlungen erhalten.

Ausgebremste Übernahme im Einzelhandel Frankreichs Finanzminister sagt „Non“ zu einer Übernahme von Carrefour
Der kanadische Konzern Couche-Tard zeigt großes Interesse an dem französischen Einzelhändler, doch nun ist der Deal vorerst vom Tisch

Richteraustausch mit China Justiz prüft Vorwürfe gegen Bosch-Stiftung
Mit viel Geld förderte die Bosch-Stiftung den Richteraustausch mit China. Ein früherer Geschäftspartner von Bosch sieht darin Korruption. Nun prüft die Staatsanwaltschaft, ob Ermittlungen aufzunehmen sind.