Ein junges Unternehmerpaar bringt mit seiner Spinnerei neues Leben in die alte Tuchfabrik in Ebersbach. Während die großen Hersteller ihre Garne meist aus Italien importieren, ist hier alles made in Germany.

Beim Gründerwettbewerb den zweiten Platz ergattert

 

Ebersbach - Ein junger Mann aus Ecuador hat der alten Tuchfabrik in Ebersbach neues Leben eingehaucht. Seit dem vergangenen November lässt Carlos Lopez in dem historischen Gemäuer die Spindeln surren und produziert hier monatlich bis zu drei Tonnen Handstrickgarn. Diese Geschäftsidee kam beim Gründerwettbewerb des baden-württembergischen Finanz- und Wirtschaftsministeriums so gut an, dass Lopez beim Regionalcup in Göppingen jetzt den zweiten Platz ergatterte.

Studio Yarn heißt das junge Unternehmen, das Lopez gemeinsam mit seiner Frau Gabriele Brundzaite leitet. Möglichst oft tauscht der 24-Jährige das dunkle Sakko mit einem Wollpullover, der mit den traditionellen Andenmustern geschmückt ist.

Stricken ist eine Kulturtechnik, die gefördert werden sollte

Handstricken ist für Lopez eine wertvolle Kulturtechnik, die er nach Kräften fördern möchte. Wer stricken kann, tut viel für die Feinmotorik und die Vernetzung der beiden Hirnhälften, das zeige nicht nur die Arbeit mit Kindern, auch Senioren und Menschen mit Behinderung profitierten vom Klappern mit den Nadeln, ist sich Lopez sicher.

Moderne Spinnmaschine der neuesten Generation

In seiner Ebersbacher Produktionshalle hat Lopez eine Spinnmaschine der neuesten Generation installiert. Jahrelang war er auf Maschinenbau-Messen unterwegs, um die technologische Entwicklung zu verfolgen. Jetzt hat er gemeinsam mit seiner Familie, die in Quito einen Groß- und Einzelhandel für Handarbeitsbedarf führt, rund 300 000 Euro in eine eigene Spinnerei investiert. Im Filstal gibt es eine lange Tradition von Spinnereien, für die Namen wie Schachenmayr und Schoeller stehen. Heute werden die meisten Garne dagegen aus Italien importiert, sagt Lopez.

Die Garne sind leicht, pflegen die Haut und manche reflektieren

Lopez stellt in Ebersbach modische Handstrickgarne sowie technische antibakterielle Hightechgarne und kosmetisch wirkende hautpflegende Textilfasern her. Wer die federleichte Ware in die Hand nimmt, kann sich von ihrem geringen Gewicht überzeugen. Der Test auf der Waage zeigt, dass Lopez Garne tatsächlich bis zur Hälfte leichter sind als herkömmliche Produkte. Sie eigneten sich daher auch für Sporttextilien, hofft der 24-Jährige. Für Radler hat Lopez ein Garn entwickelt, das nicht nur temperaturausgleichend ist, sondern auch noch fluoresziert und damit den Sportler in der Dunkelheit schützen kann.

Deutsch hat Lopez als Kind gelernt, als er die deutschen Kataloge von Spinn- und Strickmaschinen zu Haus studierte. Später besuchte er die Deutsche Schule in Quito, kam als Austauschschüler nach Flacht bei Leonberg und lernte Baden-Württemberg kennen und seine versunkene Textiltradition lieben. An der Hochschule Nürtingen studierte er internationales Finanzmanagement und gründete mit der gebürtigen Litauerin Brundzaite, die den Master International Business trägt, eine Familie.

Wolle aus Osteuropa und Alpakafasern aus Ecuador sind Lopez die liebsten Rohstoffe. Er möchte das versunkene Wissen um die Alpakazucht und die Wollverarbeitung im Heimatland heben und damit einen nachhaltigen, sozialen Wirtschaftszweig schaffen.

Gründerwettbewerb

Das baden-württembergische Finanz- und Wirtschaftsministerium hat gemeinsam mit der Hochschule Esslingen am Standort Göppingen und der IHK erstmals den regionalen Gründerwettbewerb namens „Elevator Pitch“ organisiert.

Elevator Pitch

Nicht länger als eine Aufzugsfahrt (englisch: elevator), in diesem Fall drei Minuten lang, soll der Beitrag dauern, mit dem die Teilnehmer des Gründerwettbewerbs (englisch: pitch) Zuhörer und Jury von ihrer Geschäftsidee überzeugen können.

Teilnehmer

Nach einer Vorauswahl im Netz konnten sich zehn von 20 Bewerbern in Göppingen präsentieren. Den ersten Platz ergatterte My Pillow Factory aus Esslingen. Die Jungunternehmer fertigen individuelle Kissen und treten im Juli beim landesweiten Wettbewerb in Karlsruhe an. Auf Platz zwei landete Studio Yarn aus Ebersbach, den Publikumspreis erhielt der Salacher Andreas Veljkovic mit „Helfen kostet nix“.

Jury

Neben Jungunternehmern und Bankenvertretern waren Gernot Imgart, IHK Göppingen, und Michael Flad von der Hochschule Esslingen vertreten.

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Der Gründerstall der Hochschule hilft weiter

Die Hochschule Esslingen-Göppingen ist Anlaufstelle für Menschen mit guten Ideen

Seit einem Jahr bieten der Professor Michael Flad und sein Team an der Hochschule Esslingen eine Anlaufstelle für Gründungswillige an. Ecosystem Gründerstall nennt sich die Hochschuleinrichtung, die neben ihrem Sitz in Esslingen auch am Standort Göppingen eine Beratung anbietet. Der Gründerstall verfolgt eine ganzheitliche Strategie, um die Gründerkultur und den Unternehmergeist an der Hochschule zu stärken. Er umfasst die Bereiche Unternehmerausbildung, Gründerberatung, Gründerscoutings sowie Mentoring- und Matchingprogramme.

Unter den Studenten soll das unternehmerische Denken und Handeln gestärkt werden. Oft seien die kleinen, simplen Ideen der Ausgangspunkt einer Gründung, erklärt Michael Flad. Bei Infotischen, die auch regelmäßig am Standort Göppingen donnerstags in der Mittagspause angeboten werden, können Studenten gemeinsam mit Gründerscouts ihre Ideen auf Umsetzbarkeit prüfen lassen.

Die Mitarbeiter des Gründerstalls beraten neben Studenten und Mitarbeitern der Hochschule auch Rückkehrer, die nach dem Studium ihre Geschäftsideen entwickeln. Zu den wichtigsten Themen, die bearbeitet werden, gehören die Strategie- und die Konzeptentwicklung sowie die Finanzplanerstellung und die Beantragung von Fördermitteln. Wichtig sind Michael Flad auch die rechtlichen Aspekte bei Transfer und der Gründung. Partner in dem gerade entstehenden Netzwerk sind die IHK sowie die lokalen Banken.