Große Grundstücke mit prächtigen Einfamilienhäusern – viele Orte haben solche Gebiete. Werden sie dem Bedarf nach Wohnraum noch gerecht? Stadträte in Korntal-Münchingen und Ditzingen debattieren über Verdichtung. Mit unterschiedlichem Ergebnis.

Ditzingen - Der große Garten ist ungenutzt, denn das Wohnhaus liegt am oberen Ende des steil abfallenden Geländes. Die Hausbesitzer, sie haben längst das Rentenalter erreicht, halten sich nur rund ums Haus auf, sie können das Grundstück nicht mehr vollständig nutzen. Ihre Wiese freilich trägt dazu bei, dass ihr Stadtquartier wohltuend grün wirkt.

 

Solche Grundstücke gibt es zum Beispiel in Ditzingen, am Maurener Berg. Aber auch in Korntal, in einem Gebiet, das gar Gartenstadt heißt. Hier wie dort ist der Wandel längst im Gang, hier wie dort mit denselben Problemen. Die Nachkommen der Eigentümer wohnen weit entfernt. die Suche nach Nachnutzern langwierig. Denn die Gebäude sind zu groß für Kleinfamilien. ihre Substanz macht eine Sanierung notwendig. Einige Häuser sind – wie in Korntal – bald nach dem Krieg entstanden, entsprechend veraltet ist das Baumaterial.

Was also tun? Abreißen, neu bauen und verdichten? Die Ditzinger haben sich vor wenigen Monaten zunächst öffentlich mit dem Thema befasst. Sie hatten es vergleichsweise zügig auf die Tagesordnung gesetzt, nachdem der Wunsch nach Veränderung im Gebiet laut geworden war. Vor allem Manfred Grossmann war es, der sich für eine punktuelle Veränderung aussprach. Der Fraktionschef der Freien Wähler plädierte für „feine Korrekturen“ am Bebauungsplan, da dieser „nicht nachvollziehbare Lücken“ aufweise. Dadurch verändere sich der Charakter des Gebiets nicht, argumentierte er. Mit Verweis auf den mehr als fünfzig Jahre alten Bebauungsplan machte sich selbst die Grünen-Fraktionschefin Doris Renninger für eine behutsame Veränderung stark. Am Ende nutzte ihnen ihr Werben um Anpassung nichts: Der Gemeinderat beschloss in nichtöffentlicher Sitzung, keine Verdichtung des Gebiets zuzulassen. Der Bebauungsplan wird also nicht geändert.

Das Gremium war allerdings auch fraktionsintern gespalten. Renninger etwa hatte nicht für die gesamte Fraktion der Grünen gesprochen.

Der Oberbürgermeister Michael Makurath hielt sich in der öffentlichen Diskussion zurück. Makurath war nach eigenen Angaben ergebnisoffen in die Diskussion gegangen. Der SPD-Regionalrat hatte sich in der Vergangenheit auch schon mal grundsätzlich kritisch zu einem Flächenverbrauch geäußert, im konkreten Fall aber durchaus Verständnis dafür gezeigt, über den Maurener Berg diskutieren zu wollen. Letztlich stimmte er gegen die Verdichtung des Gebiets in Halbhöhenlage. „Handlungsleitend war die Erkenntnis aus der intensiven und detailscharfen Diskussion, dass keine objektive Begründung für eine minimalinvasive Fortschreibung gefunden werden kann“, meinte der OB etwas kryptisch. Man hätte eine Abgrenzung gegenüber ähnlichen Fällen nicht begründen können. Das hätte in der Konsequenz doch zur Veränderung des Gebietscharakters geführt. Dies wäre jedoch von keiner Seite gewünscht gewesen.

Eine Erhaltungssatzung für Korntal

Der Wunsch nach Veränderung bestand auch in Korntal über Jahre hinweg – immer wieder wurde abgerissen, neu gebaut, verdichtet. Ob in der Hindenburgstraße oder der Neuhaldenstraße. Die Lokale Agenda listete vor rund 15 Jahren fünf Beispiele für eine Verdichtung auf, die ihrer Meinung nach zur Veränderung des Gebiets führen würden, sollte dieser Entwicklung nicht Einhalt geboten werden. Acht Jahre rang der Gemeinderat, reagierte nur halbherzig auf Verdichtungen, die das geltende Recht dort erlaubte. Im Jahr 2010 verabschiedete er dann eine Erhaltungssatzung.

Darin wird die Gartenstadt als schutzwürdig bezeichnet. Sie gehöre zum baukulturellen Erbe der Stadt, heißt es darin. Pläne für Abriss, Nutzungsänderung und auch Neubau sind seitdem genehmigungspflichtig.

Ditzingen ist nicht Stuttgart

Mit der Satzung kehrte weitgehend Ruhe ein in einem Gebiet, das mehr noch wie der Maurener Berg von einem alten Baumbestand geprägt ist. So idyllisch es dort zu leben ist, ist für die Bewohner damit auch eine Last verbunden. Denn auf ihre Frage, wer nach ihnen das sanierungsbedürftige Gebäude bewohnen will, bekommen sie nur selten eine Antwort. Denn mit der Antwort, wie auf den Bedarf nach Veränderung reagiert werden kann, lässt sich der Gemeinderat hier wie dort Zeit. Der Charakter des Gebiets soll erhalten bleiben, soweit sind sich alle einig. Doch wie seine Zukunft vor allem in Korntal aussieht, ist offen.

Die Ditzinger haben es da möglicherweise einfacher als die Korntaler. Sie nutzten die Möglichkeit, den Wandel des Gebiets von dessen Rand her zuzulassen. An der Panoramastraße wurden Bauplätze geschaffen, Mehrfamilienhäuser entstanden. Der Bedarf war da. Doch inzwischen sind die Preise am Rand der Landeshauptstadt kaum niedriger als in Stuttgart selbst. Mancher zieht nun lieber gleich in die City.