Die Grünen wollen nicht „Reserverad“ für eine kaputte Koalition sein. Aber neue Äußerungen von Parteichef Robert Habeck und Cem Özdemir lassen aufhorchen. Von „Verantwortung“ ist viel die Rede.

Berlin - Am Wochenende hat Grünen-Parteichef Robert Habeck einen Einstieg in die große Koalition als möglicher Ersatz für eine ausgeschiedene CSU noch weit von sich gewiesen: Verantwortung für die Gesellschaft zu tragen, so Habeck, sei „etwas anderes als Reserverad in einer kaputten Rumpfkoalition zu sein“.

 

Die CSU habe sich verzockt, sagt Cem Özdemir

Am Montag äußerte er sich aber im ZDF-Morgenmagazin in einer Weise, die politische Beobachter schon als Bereitschaft für einen Eintritt in ein Regierungsbündnis interpretierten, da er diesen Schritt nicht definitiv ausschloss: „Wir sind immer bereit Verantwortung zu übernehmen, wenn es sich lohnt“, sagt er dem ZDF. Ob es zu einer Vertrauensfrage der Kanzlerin komme, lasse sich derzeit nicht sagen, sagte Habeck: „Ausschließen kann man gar nichts in diesen verrückten Zeiten.“ Die Unterstützung einer von Merkel geführten Minderheitsregierung wäre für die Grünen allerdings „kein attraktives Angebot“.

Weitergehender äußerte sich der frühere Grünen-Parteivorsitzende und Stuttgarter Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir am Montag im Gespräch mit unserere Zeitung: Befragt nach einer möglichen Regierungsbeteiligung der Grünen im Falle eines Ausstiegs der CSU bekannte sich Özdemir ebenfalls zum Tragen von Verantwortung. Özdemir sagte: „Die CSU hat sich verzockt in ihrem verzweifelten Kampf um die absolute Mehrheit in Bayern. Es geht jetzt vor allem darum, eine hausgemachte Staatskrise in Deutschland, die auch Europa beschädigen würde, zu verhindern.“ Özdemir ergänzte: „Wir Grüne werden in dieser Situation vernünftig und verantwortungsvoll handeln.“ Für taktische Spielchen oder Spekulationen sei jetzt nicht die Zeit.

Lindner will politischen Wechsel

Bei den Liberalen hingegen hat der Parteivorsitzende Christian Lindner sich skeptisch zu einer möglichen Regierungsbeteiligung der FDP geäußert. „Wir wollen einen politischen Wechsel im Land und eine andere Schwerpunktsetzung“, betonte der FDP-Partei- und Fraktionschef im Sender „Welt“. „Wir stehen zu unseren Prinzipien.“ Das Verhalten von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat Lindner als „Wahlkampfrhetorik“ kritisiert. Der CSU-Chef habe sich mit seiner Rücktrittsankündigung in eine „ausweglose Lage“ gebracht, sagte er. Nach der Eskalation, die Seehofer erreicht habe, sei völlig unklar, wie es weitergehen solle. Ein solches Verhalten sei für eine Regierung „verantwortungslos“. Die Menschen erwarteten, dass die Politik das Problem der Migration löse.