Am nördlichen Dorfrand von Bönnigheim (Kreis Ludwigsburg) steht eine 200 Meter breite Garagen-Wand. Das geht schöner, sagt Unternehmer Bruno Staiger – und liefert die Idee dafür gleich mit: ein Mikro-Urwald. Wie weit ist die Idee?
Manche Menschen würden es gar nicht erst versuchen. Zu unrealistisch die zeitnahe Umsetzung, zu viele Beteiligte, die ihr Veto einlegen können. Aber Bruno Staiger hat keine Lust, sich gedanklich beschränken zu lassen. Im Gegenteil: „Seltsame Gedanken zu entwickeln, das ist mein Hobby“, sagt der 86-Jährige. Dem Unternehmer, der im Kreis Ludwigsburg, ja vielleicht sogar darüber hinaus, für das Haus in einer Glaspyramide bekannt ist, das er vor mehr als zehn Jahren gebaut hat, kam eine neue Idee. Ein Mikro-Urwald am Rande von Bönnigheim.
Donnerstagmorgen steht er also auf einem geteerten Feldweg, rechts von ihm liegt in weiter Ferne der Michaelsberg, links die Meimsheimer Straße. Und viel wichtiger: vor ihm eine 200 Meter lange und fünf Meter hohe graue Wand. Darum geht’s, die will er der Journalistin zeigen. „So etwas am Dorfrand ist doch nicht schön“, sagt der Bönnigheimer. In dem Garagen-Komplex parken hauptsächlich Unternehmer und Landwirte ihre Maschinen.
„Schüler sollen sich den Wald regelmäßig anschauen können"
Zwischen dem Feldweg und den Garagen liegen circa zwei Hektar landwirtschaftliche Fläche. Wenn es nach Bruno Staiger geht, wird die in Zukunft anders genutzt. Entstehen soll ein Mikro-Urwald, ein Lernobjekt, für Schulklassen, Studierende, ein Projekt, das Besucher und Touristen anzieht und das örtliche Klima verbessert.
Vor 25 Jahren, so erzählt er, sei er in Mauritius in einem Wald gewesen, angelegt von einem französischen Leutnant, der dort nur europäische Bäume pflanzte. So ähnlich stellt er sich das in Bönnigheim vor. Für die größtmögliche Auswahl an Bäumen, Büschen und Waldblumen müsste man Fachleute beauftragen.
So spannend die Idee klingt, irgendwann kommt sie dann doch, die Frage nach der Umsetzung. Was bräuchte es, damit tatsächlich ein Wald entsteht? Das Grundstück gehört mehreren Landwirten. Bruno Staiger kann sich vorstellen, dass die Stadt das Stück Land langfristig pachtet. Ihm ist aber auch bewusst: „Wenn die Eigentümer dagegen sind, ist in fünf Sekunden alles erledigt.“
Bürgermeister Albrecht Dautel weiß seit Februar 2024 von der Idee. „Ich finde sie prima“, sagt er. Der Stadtrat habe das Projekt in der vorletzten Sitzung ebenfalls positiv zur Kenntnis genommen – man werde es gerne begleiten, wo es erforderlich sei. „Wir freuen uns über engagierte Unternehmer in der Region, die sich für das Allgemeinwohl einsetzen“, sagt Tilo Staudenrausch von den Aktiven Bönnigheimern. Bruno Staigers Engagement werte den Standort Bönnigheim auf und gestalte die Ortseinfahrt von Meimsheim kommend attraktiver. „Sobald die Eigentümerfrage geklärt ist, sollte einer Umsetzung nichts mehr im Wege stehen“, so der Fraktionsvorsitzende. Seine Partei gehe davon aus, dass man innerhalb von ein bis zwei Jahren deutliche Fortschritte sehen könnte.
Bruno Staiger will Mikro-Urwald finanziell fördern
Bruno Staiger will das Projekt mit einem sechsstelligen Betrag unterstützen, die Geldsumme würde er der Stadt nach und nach auszahlen, sofern es vorangeht. Ob aus der Vorstellung Realität wird, ist bislang noch unklar, Bruno Staiger weiß, wie herausfordernd die Umsetzung ist. „So etwas gab es eben noch nie.“
Ganz neu ist die Idee, kleinere Flächen zu bepflanzen, nicht. Im Mannheimer Stadtteil Lindenhof entstand 2024 auf 350 Quadratmetern der erste Tiny Forest Baden-Württembergs. In der Niederlanden und Frankreich werden seit Jahren winzige Wälder für die Biodiversität, Luftfilterung und CO2-Speicherung gepflanzt. Zur finanziellen Orientierung: Der deutsche Verein „Miya“, der Kommunen, Unternehmen und Bürger bei der Pflanzung von Tiny Forests unterstützt, gibt an, dass sie für Aufträge circa 150 Euro pro Quadratmeter berechnen. Bei einer Fläche von zwei Hektar bleibt also abzuwarten, ob das in diesen Zeiten umsetzbar ist.