Die Grünen heimsen viel Lob ein, aber keine Machtrendite. Jetzt schicken sie ihren besten Mann ins Dickicht. Schön blöd, kommentiert StZ-Autor Reiner Ruf.

Stuttgart - Die Glückwünsche sind verklungen, der Champagner schmeckt schal. Die Hochstimmung nach den Sondierungsgesprächen über eine Jamaikakoalition, die trotz ihres Scheiterns den Grünen viel Lob einbrachten, ist weg. Was bleibt der Partei, wenn in Berlin demnächst die große Koalition den Karren weiterzieht? Die vergangenen Wochen verbrachten die Grünen damit, sich selbst zu beglückwünschen. Es sei ihnen gegönnt, sie haben einen schweren Wahlkampf hinter sich. Allmählich aber dämmert ihnen, auf dem Landesparteitag am Wochenende wurde das deutlich, in welch misslicher Lage sie sich befinden.

 

Als kleine Oppositionsfraktion im Bundestag werden sie Mühe haben, die Wahrnehmungsschwelle zu überwinden. Überdies läuft ihr stärkster Akteur in Gefahr, in den Kulissen zu verschwinden. Cem Özdemir kann nur dann Fraktionsvorsitzender werden, wenn die Grünen ihren Quotendogmatismus aufgeben oder modifizieren. Ob sie sich dazu aufraffen? Wenig wahrscheinlich. Özdemir mit einem Ministerposten im Land abfinden? Unschön. Eine solche Versorgungsnummer würde ihn die Glaubwürdigkeit kosten – und den Ministerpräsidenten gleich mit. Özdemir hat sich prächtig entwickelt, er käme für die Kretschmann-Nachfolge in Betracht, aber kaum als Hinterbänkler im Bundestag.