Grüne Überraschung Märchengarten auf der Alb

Spoiler: Rechts von diesem Hexenhäuschen verbirgt sich eine pooltiefe Überraschung. Foto: J/ochen Thomann

Es war einmal auf der Alb: Jochen Thomann hat einen märchenhaften Garten gestaltet, der kurz vor dem Finale der Besichtigung mit einer großen Überraschung aufwartet.

Bitz - Gärtner sind im Volksmund völlig zu Unrecht ungut beleumundet. „Der Mörder ist immer der Gärtner“, heißt es, dabei wäre „Der Gärtner ist immer ein Künstler“ viel passender. Zumindest wenn man erlebt, wie Jochen Thomannmithilfe von Pflanzen malen und begehbare Kunst der blumigen Sorte gestalten kann: Der Gärtnermeister hat in seinem Heimatdorf Bitz einen Garten angelegt, der durch zwei völlig unterschiedliche Gesichter überrascht.

 

Hat man, von Stuttgart aus kommend, die auf 884 Höhenmeter liegende Gemeinde im Zollernalbkreis erklommen, vorbei an Deutschlands einzigem Peitschenmuseum im Killertal, wird man mit einer Führung durch den naturbelassenen ersten Teil des Thomann’schen Gartens belohnt, die einem Kurzurlaub gleichkommt.

Wäre hörenswert: der eigene Podcast

Der 57-jährige Thomann, dem floralen Anlass entsprechend im geblümten Hemd gekleidet, führt durch seinen Familien-Märchengarten. Dabei wird schnell klar: Jeder Berufszweig hat seine eigene Sprache.

Im Fall von Thomann mischen sich Fachbegriffe mit dem herrlich harten Neckar-Alb-Schwäbisch, indem etwa „Schö gsait“ schön gesagt meint. Wäre auch ein guter Titel für einen Garten-Podcast mit Thomann, den man natürlich sofort abonnieren würde.

Gegen Aushubtourismus

Im Gespräch mit Thomann lernt man unter anderem den Begriff des Aushubtourismus kennen, der folgenden Sachverhalt meint: Irgendwo wird ein Loch gebuddelt für einen Garten oder einen Pool. Die ausgehobene Erde wird dann kilometerweit mit dem Lkw in eine Deponie gekarrt.

Das findet Thomann eher doof. „Deshalb haben wir die humusreiche Erde, die wir mit dem Bagger für das Trampolin im Boden ausgehoben haben, auf der anderen Seite des Weges aufgeschüttet und daraus einen Insektenhügel mit vielen Blumen gemacht.“

Ein verwinkelter Märchengarten

Was Thomann hier geschaffen hat, ist nämlich kein „Mechanikergarten“ – wieder eine gute Vokabel gelernt –, in dem alles akkurat abgesäbelt, geschnitten und gekürzt ist, sondern ein prächtiger Märchengarten, verwinkelt, saftig blühend.

In vielen Elementen wie dem Trampolin spiegelt sich die Tatsache wider, dass in diesem Garten vier Kinder aufgewachsen sind. Den besten Beleg für familiäres Teamwork stellt das verwunschen-schiefe Gartenhäuschen dar, das sich gegenüber dem Wohnhaus befindet.

Die Kinder malen die Garten-Vorlage

Die Behausung hatten die Thomann-Kinder 2013 für die Gartenschau in Sigmaringen gemalt. „Unsere Kinder wollten etwas Märchenhaftes, das zum Schloss von Sigmaringen passen sollte“, erzählt Thomann. Das Haus hat schließlich ein Schreiner gebaut, der keine Angst vor schiefen Winkeln hatte.

Thomann und sein Team sorgten für üppig blühende Stauden und Rosen, Gräser, Farne und Gehölze, die zum Haus passten. Die Besucher wählten den Märchengarten zum schönsten Garten der Veranstaltung. Anschließend wurde das preisgekrönte Werk in den eigenen Garten auf der Alb integriert.

Der Garten strahlt in Herbstfarben

Bei unserem Besuch strahlt der Garten in Herbstfarben: Der wilde Wein an der Garage ist ein Hingucker. Thomann hat einst sogar getestet, ob der eigene Alb-Wein trinkbar ist. „Der war aber stark wie ein Cognac, sodass meine Freunde gesagt haben, sie kommen erst wieder, wenn der nicht mehr serviert wird.“ Seitdem wandern die Trauben in Rosinen-Form ins Müsli.

Früher ging es nicht um Zierpflanzen

Den Apfelbäumen und dem Kirschbaum war der Sommer zu feucht. Thomann referiert über Folgen der Feuchtigkeit: „In den 1980ern hätte man so etwas noch wöchentlich gespritzt. Chemie hat im Naturgarten aber nichts verloren.“

Die Ursprünge des Generationengartens von Jochen Thomann reichen bis ins Jahr 1923 zurück. „Nach dem Ersten Weltkrieg hat mein Opa seinen Gartenbetrieb gegründet. Damals ging es dabei noch nicht um Zierpflanzen, sondern um Gemüse, Salat und Kraut“, erzählt Thomann. Der Bereich der Floristik sei erst später hinzugekommen. Er selbst leitet den Betrieb seit rund 30 Jahren.

Hinterm Märchengarten lockt der Pool

Zum Schluss hat der Gärtnermeister, passend zum Märchengarten, eine märchenhafte Wendung zu bieten. Hinter dem verwunschenen Gartenteil liegt versteckt ein zweiter Bereich, der sich vom ersten deutlich unterscheidet: Eingebettet in akkurat geschnittenen Rasen befindet sich ein Pool. Neben einem geräumigen Saunahäuschen setzen weiße Blüten dezente Akzente.

Dieser architektonisch anmutende „Wellness-Garten“, wie Thomann ihn nennt, ist Corona geschuldet. „Zu Beginn der Pandemie herrschte in unserem Betrieb Flaute. Die haben wir genutzt, um diesen Bereich von den Azubis der Firma umgestalten zu lassen“, erzählt Thomann. Geradlinigkeit lautete die Vorgabe für den Teil des Gartens, um der Kundschaft die ganze Bandbreite der Gartengestaltung präsentieren zu können.

Das Baumhaus wird zum Technikhaus

An das Thema Nachhaltigkeit wurde auch hier gedacht: Das Baumhaus der Lohmann-Kinder wurde in ein Technikhaus für den Salzwasserpool umgewandelt. Bei den Blumen hat er sich für offene Rosen entschieden, „geschlossene sind für Insekten schwerer zugänglich“.

Auf das Insektensterben und den Klimawandel müsse man nämlich auch bei der Gartengestaltung reagieren: „Platanen vertragen die höheren Temperaturen besser als heimische Buchen. Deshalb bin ich auch gegen botanischen Nationalismus und für Multikulti im Garten. Exotische Präriestauden vertragen längere Trockenheiten besser als manch einheimische Gewächse.“

Mehr Infos

Betrieb
Jochen Thomann beschäftigt in seinem Betrieb in Bitz im Zollernalbkreis 25 Angestellte.

Kundschaft
95 Prozent seiner Kunden lassen ihren privaten Garten von Thomann und seinem Team gestalten. Der Rest sind Firmen oder Kommunen.

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