Derzeit stehen noch Kasernen und Turnhallen im Fokus. Doch die vielen Flüchtlinge, die bleiben werden, benötigen bald auch Wohnungen. Grüne und vor allem die SPD wollen deshalb den Bau bezahlbarer Wohnungen forcieren. Aber macht auch der Bund mit?

Stuttgart - Die gegenwärtig alle anderen politischen Themen überlagernde Flüchtlingskrise hat auch die Fraktionsklausuren von SPD und Grünen geprägt. SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel beschwor am Donnerstag die „Verantwortungsgemeinschaft“ aller im Landtag vertretenen Fraktionen, die er auf ein gemeinsames Handeln in der Flüchtlingspolitik verpflichten möchte. Dies sei angesichts der dramatisch anschwellenden Flüchtlingszahlen nötig, sagte Schmiedel. Nach seiner Beobachtung wächst in der Bevölkerung die Skepsis, ob Deutschland den Andrang bewältigen könne. Viele Menschen fragten sich, ob die Politik einen Plan habe. In der CDU drohe sogar der offene Bruch. „Alles, was an gegenseitigen Vorwürfen hin und her geschoben wird, nützt niemandem“, sagte Schmiedel. „Nur den Rechten.“ Je härter der Streit unter den Verantwortlichen in der Politik, desto größer würden die Fragezeichen bei den Menschen. Deshalb sollten sich die Partei- und Fraktionschefs der im Landtag vertretenen Parteien zusammensetzen, um über das Thema zu sprechen.

 

Breiten Raum in Schmiedels Bericht von der SPD-Fraktionsklausur nahm der Wohnungsbau ein, der mit Blick auf die vielen neu angekommenen Menschen unbedingt forciert werden müssen. „Die Signale stehen auf Neubau“, konstatierte der 63-Jährige. Zwar stehe derzeit noch die Aufnahme der Flüchtlinge und deren vorläufige Unterbringung im Fokus. Doch schon bald klopften diese Menschen an die Türe von Städten und Gemeinden. Eine Herkulesaufgabe, die nach Ansicht Schmiedels ein pragmatisches Handeln erfordere. „Das erfordert ein Umdenken im Ministerium für Verkehr und Infrastruktur“, sagte der Fraktionschef mit Blick auf den Grünen-Minister Winfried Hermann. Dasselbe gelte für die Regionalverbände. Nicht mehr jede Luftschneise können erhalten werden, auch sei die eben erst novellierte (und mit zahlreichen neuen Regelungen befrachtete) Landesbauordnung zu durchforsten. Es fehle ohnehin bezahlbarer Wohnraum. Auch diene es kaum dem sozialen Frieden, wenn Wohnungssuchende den Eindruck bekämen, angesichts des Flüchtlingszustroms noch weniger Chancen auf dem Wohnungsmarkt zu haben.

Manchmal kommt ein Zug, manchmal sind es auch zwei

Konkret schlug Schmiedel vor, zusammen mit dem Bund bis zum Jahr 2020 ein Wohnungsbauprogramm über eine Milliarde Euro aufzulegen. Der Bund solle dazu seine Fördermittel für Baden-Württemberg bis 2020 von insgesamt 280 Millionen Euro auf 560 Millionen Euro erhöhen. Schmiedel ging auch auf die Kritik von Kommunalpolitikern ein, die sich bei der Zuweisung von Flüchtlingen schlecht informiert fühlten. Die Kritiker müssten zur Kenntnis nehmen, sagte er, „dass auch wir morgens nicht immer wissen, wie viele Flüchtlinge um Zug sitzen – und ob ein Zug kommt oder zwei“.

Nach Angaben von Grünen Fraktionschef Edith Sitzmann werden in der Landesverfassung einige Staatsziele als „Selbstverpflichtung der Politik“ verankert. Dazu zählen Kinder- und Jugendrechte (ein besonderer Wunsch der SPD), die Förderung des Ehrenamts (ein Anliegen der CDU), sowie die Wahrung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Land, wozu auch der Breitbandausbau gehöre (ein Begehren der FDP). Außerdem stünden Verbesserungen bei Volksabstimmungen in Aussicht.