Die Südwest-Grünen kritisieren eine nun offensichtlich wieder anstehende Abschiebung nach Afghanistan. Doch die Verantwortung für die Aktion sehen sie nicht bei sich, sondern beim Bund.

Stuttgart - Grünen-Landeschefin Sandra Detzer sieht derzeit wenig Chancen für einen grundsätzlichen Stopp der umstrittenen Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber nach Afghanistan. „Wir Grüne sehen die Abschiebungen nach Afghanistan sehr kritisch“, sagte Detzer der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. „Trotzdem müssen sich die Bundesländer im gültigen Rechtsrahmen bewegen. Der Rechtsrahmen ist: Wenn die Bundesregierung zu der Einschätzung kommt, dass die Lage in Afghanistan es zulässt, dann ist abzuschieben.“

 

Mehr als zehn Jahre lang habe es aus gutem Grund einen Abschiebestopp nach Afghanistan gegeben. „Es wäre klare grüne Position, den wieder in Kraft zu setzen. Aber es gibt dafür im Bund derzeit keine Mehrheiten.“

Flüchtlingsorganisationen gehen davon aus, dass an diesem Mittwoch die dritte vom Bund geleitete Sammelabschiebung nach Afghanistan ansteht. In zwei Abschiebungen im Dezember und Januar wurden nach Angaben des Innenministeriums auch acht abgelehnte Asylbewerber aus dem von Grünen und CDU regierten Baden-Württemberg unter Zwang in das Land am Hindukusch zurückgebracht. Der Flüchtlingsrat und die Grüne Jugend haben die Landesregierung aufgefordert, Abschiebungen nach Afghanistan wegen der Sicherheitslage zumindest auszusetzen - wie es zum Beispiel Schleswig-Holstein handhabt.

Die Bundesländer hätten die Möglichkeit, einen Abschiebestopp von bis zu drei Monaten zu verhängen, räumte Detzer ein. „Aber jedem ist klar, dass das keine langfristige Lösung ist.“ Der Ball liege bei der Bundesregierung. Der Bund müsse die Sicherheitslage in Afghanistan überprüfen. „Unseres Erachtens hat die Bundesregierung die Sicherheitslage falsch bewertet.“ Sie hoffe, dass die Grünen nach der Bundestagswahl an einer Regierung im Bund beteiligt seien. Dann könnten die Grünen die Lage in Afghanistan selbst einschätzen.

„Ich fürchte, dass die Bewertung der Sicherheitslage in Afghanistan auch politisch motiviert ist durch eine CDU, die hohe Abschiebezahlen vorweisen möchte“, sagte Detzer mit Blick auf Schwarz-Rot im Bund. Dass die Abschiebezahlen auch in Baden-Württemberg steigen, ist für sie ein natürlicher Vorgang, weil in den beiden vergangenen Jahren mehr neue Flüchtlinge angekommen seien. „Da steckt einfach auch ein Stück weit politische Show dahinter“, meinte sie zu CDU-Politikern, die die steigenden Zahlen für ein Ergebnis ihrer Politik halten.