Der Grünen-Parteitag in Pforzheim hat Winfried Kretschmann mit 97 Prozent Zustimmung als Spitzenkandidat für die Landtagswahl bestätigt. Kretschmann sprach in seiner Rede auch die SPD an, die gerade im Umfragetief steckt.

Pforzheim - Mit kräftigem Rückenwind kann Regierungschef Winfried Kretschmann die baden-württembergischen Grünen in den Landtagswahlkampf führen. Der Landesparteitag in Pforzheim wählte den 67-Jährigen am Samstag mit einem Traumergebnis von fast 97 Prozent zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl am 13. März 2016. Kretschmann soll den politischen Chefsessel im Land gegen CDU-Herausforderer Guido Wolf verteidigen.

 

Zudem bestätigte der Parteitag die Landesvorsitzenden Thekla Walker und Oliver Hildenbrand in ihren Ämtern. Die 46 Jahre alte Walker, die zum realpolitischen Flügel der Partei zählt, erhielt 87,3 Prozent und verschlechterte sich damit leicht im Vergleich zur Abstimmung 2013 (88 Prozent). Der 27-jährige Hildenbrand, ein Parteilinker, erreichte 92,6 Prozent und verbesserte sein Ergebnis von 2013 (81,5 Prozent).

Kretschmann zur Flüchtlingsfrage

Zuvor hatte Kretschmann für Zuversicht in der Flüchtlingskrise und für den Asylkompromiss im Bund geworben, der bei linken Grünen umstritten ist. Er bekräftigte mit der SPD weiterregieren zu wollen. Die SPD befindet sich in einem Umfragetief. Berappelt sie sich nicht, reicht es wohl nicht für die Fortsetzung der grün-roten Koalition.

In seiner vielbejubelten Rede ging der Regierungschef vor allem auf die Flüchtlingskrise ein. Es gebe keine schnellen Lösungen. Wer etwa die Schließung der Grenzen fordere und behaupte, dann wäre das Problem gelöst, der gaukele den Menschen etwas vor. Kretschmann wandte sich gegen Forderungen aus der Union, das Asylrecht zu ändern. „Am Grundrecht auf Asyl wird nicht gerüttelt.“ Auch wäre ein Aufnahmestopp von Asylbewerbern in Deutschland gar nicht durchsetzbar - es sei denn, man baue eine Mauer wie zu DDR-Zeiten. „Das wird ja wohl kein deutscher Politiker ernsthaft wollen.“

Bei den Bürgern gebe es viele diffuse und pauschale Ängste. Die Politik dürfe diese nicht schüren, sondern müsse die Probleme mutig und pragmatisch angehen. Zugleich machte Kretschmann klar, dass Flüchtlinge die Werte und Rechte in Deutschland beachten müssten - etwa die Gleichberechtigung der Frau und die Religionsfreiheit.

Kretschmann bat um Verständnis für die Kompromisse, die der im Bund in der Asylpolitik einging. Vor allem Parteilinke tun sich schwer damit, weitere Balkanstaaten zu „sicheren Herkunftsländern“ zu ernennen, in die abgelehnte Asylbewerber schneller zurückgeschickt werden können. Auf dem Parteitag äußerte die Landessprecherin der Grünen Jugend, Leonie Wolf, scharfe Kritik. „Die meisten von uns haben das Gefühl, dass das Asylrecht verschachert wurde. Das Konzept der sicheren Herkunftsstaaten ist und bleibt falsch.“

Kretschmann lobt die Schmid-SPD

Kretschmann verwies darauf, was Grün-Rot seit 2011 alles erreicht habe. Er dankte ausdrücklich auch dem Koalitionspartner und dessen Kabinettsmitgliedern mit Vize-Regierungschef Nils Schmid an der Spitze. Grüne und SPD hätten ihren Anteil am gemeinsamen Erfolg. „Und deshalb will ich die insgesamt verlässliche und erfolgreiche Koalition mit der SPD fortsetzen.“ Die SPD befindet sich in einem Umfragetief. Mit derzeit 16 bis 17 Prozent in Umfragen ist sie weit von ihrem Landtagswahlergebnis von 2011 mit 23,1 Prozent entfernt.