Hans-Ulrich Rülke, der Chef der FDP-Landtagsfraktion, analysiert die Strahlkraft des grünen Ministerpräsidenten und bedauert im Rückblick den EnBW-Deal. Kritik übt er an der Landesregierung und seinem Parteifreund Wolfgang Kubicki.

Stuttgart – In der Bundes-FDP steht wieder einmal der Parteichef Philipp Rösler unter Feuer. Doch die Kritik, sagt Hans-Ulrich Rülke, der Fraktionschef im Stuttgarter Landtag, kommt zur Unzeit.
Herr Rülke, Sie erinnern sich an den schönen Satz von Philipp Rösler bei der Wahl zum FDP-Bundesvorsitzenden im Mai 2011: „Ab heute wird geliefert.“ Hat er denn geliefert – oder ist er bald geliefert?
Philipp Rösler sind anfangs Fehler unterlaufen. Er verkannte, dass ihm SPD und Grüne den Erfolg einer Steuersenkung niemals vergönnen würden, schon gar nicht im Vorfeld der Bundestagswahl 2013. Mit der CDU hatte er den Kuhhandel ausgemacht: Zustimmung der FDP zur Herdprämie, dafür Absenkung der kalten Progression bei der Einkommensteuer, die dann im Bundesrat scheiterte. Anderes kam hinzu. Das war ein holpriger Start, der ihn in der Öffentlichkeit als Leichtgewicht erscheinen ließ.

Philipp Rösler steht also mit leeren Händen da?
Nein, in diesem Jahr ist seine Performance besser geworden, was aber leider nicht zu einem Profilgewinn führte. Zwei Beispiele: er hat Joachim Gauck gegen Frau Merkel durchgesetzt. Zu Griechenland hat er aus meiner Sicht das gesagt, was gesagt werden musste.

Er sprach von einer „geordneten Insolvenz“ des Landes.
Das ist so ähnlich wie im Märchen von „Des Kaisers neuen Kleidern“. Jeder sieht, dass die Griechen nackt sind, aber keiner darf es sagen. Das Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone ist nicht eine Frage des Ob, sondern des Wann. Es war richtig, dies auszusprechen. In der Öffentlichkeit wurde Philipp Rösler jedoch als herzlos und unbesonnen kritisiert.

Taugt er noch als Spitzenkandidat für die kommende Bundestagswahl?
Die Frage stellt sich noch nicht. Sicherlich wird eine Rolle spielen, wie die Landtagswahl in Niedersachsen im kommenden Januar ausfällt – eher gut für die FDP, vermute ich. Philipp Rösler hat dann durchaus die Chance, bei der Bundestagswahl als Parteivorsitzender und Spitzenkandidat ins Rennen zu gehen. Aber ich sage mit aller Deutlichkeit: Diese Entscheidung ist noch nicht gefallen.