Die Stadt Fellbach lässt Pappeln und Ahorn fällen. Sie sind nicht mehr standsicher. Kleine Trupps sind derzeit im Stadtgebiet unterwegs und fällen bis Ende Februar manchen liebgewordenen Baum.

Fellbach - Kleine Trupps sind derzeit im Stadtgebiet unterwegs und fällen bis Ende Februar manchen liebgewordenen Baum. Viele Bürger sehen die Aktivitäten alljährlich um diese Jahreszeit mit Argwohn. Der Baumbestand werde heute in der Bürgerschaft sensibler angesehen, sagt Baubürgermeisterin Beatrice Soltys. Es sei aber notwendig, die Großpflanzen durch einen Gutachter zu prüfen und zu handeln.

 

„Die vergangenen Winterstürme haben es gezeigt, die Standfestigkeit der Bäume im Stadtgebiet und an Straßen ist lebenswichtig“, heißt es im zuständigen Tiefbauamt der Stadt Fellbach. Auf der aktuellen Fäll-Liste stehen vor allem einige erkrankte Bäume und knapp zehn Bäume wegen bevorstehender Bauarbeiten. „Von den rund 10 000 Bäumen im Stadtgebiet werden jedes Jahr durchschnittlich 100 Bäume ausgetauscht“, sagt die Bürgermeisterin.

Da Stürme zunehmen, ist Vorsicht bei allen schnell wachsenden Bäumen angesagt

Baumgutachter Martin Müller, Ingenieur für Forst- und Baumökologie, begutachtet regelmäßig in Fellbach Stämme und Äste, prüft das Wurzelwerk und schlägt geeignete Gefahrenabwehr vor. „Ein großes Risiko geht von Bäumen aus, die innen verfaulen oder in denen viele trockene Äste hängen“, sagt der Welzheimer. Müller zeigt einen Silberahorn, der bei Sturm selbst ohne erkennbare Fäule abgerissen ist. Da Stürme aufgrund der Klimaerwärmung zunehmen, ist Vorsicht bei allen schnell wachsenden Bäumen angesagt, auch Obstbäumen. Selbst dicke Stämme, die robust aussehen, entpuppen sich immer wieder innerlich als hohl und nicht mehr standsicher. „Viele Baumkrankheiten beziehungsweise deren Auswirkungen sind von außen nicht zu erkennen. Ich bin manchmal selbst überrascht“, sagt Müller. Der Baumfachmann stellt mit Ultraschall und Messtechnik seine Diagnosen: „Das ist ein Wahnsinnsaufwand.“

In den Gäuäckern wurden bereits sieben Ahornbäume abgeholzt

Neun Bäume im alten Freibadgelände, davon sechs Pappeln, müssen aufgrund der Erkenntnisse Müllers gefällt werden, weil sie morsch sind und die Stämme tiefe Fäulnisstellen aufweisen. Das in den Bäumen hängende Totholz kann bei Wind herunterfallen und gefährdet akut Fußgänger. In den Gäuäckern wurden bereits sieben Ahornbäume abgeholzt, die ebenfalls von innen verfaulten. Auf dem Friedhofsgelände in Oeffingen stehen vier Nadelhölzer auf der Liste nicht standfester Bäume. Sie sind ehemals auf Gräbern gepflanzt worden.

Gefällte Bäume werden in Fellbach allermeist ersetzt, und dabei haben die Stadtbeamten und ihre Beauftragten die Zukunft im Blick: „Wir reagieren mit unseren Planungen auf die Klimaveränderungen“, betont die Baubürgermeisterin. Solveig Birg, die im Tiefbauamt für die Bäume zuständig ist, sagt: „Viele in den vergangenen Jahren nachgepflanzte Baumarten leiden unter der zunehmenden UV-Strahlung und bekommen Sonnenbrand.“ Die „Herrin der Fellbacher Bäume“ stellt fest: „Der Befall durch baumartenspezifische Schadpilze nimmt durch die Erwärmung zu.“ Bis auf einen Rest sind zum Beispiel die Robinien in der Stadtmitte Schädlingen zum Opfer gefallen. „Wer jetzt nicht reagiert, wird in 50 Jahren Probleme haben“, sagt Baumgutachter Müller voraus.

Bevor die Motorsäge zum Einsatz kommt, prüft die Verwaltung, ob geschützte Tierarten vorhanden sindbäume

Aus der Erfahrung der vergangenen Jahre hat die Stadtverwaltung ihr Konzept der Nachpflanzungen geändert. Das neue Ziel nennt Tiefbauamtsleiter Thomas Stengel: „Wir wollen mehr alte Bäume haben. Der Baumbestand in Fellbach ist jung. Er muss aufwendig gepflegt werden.“ Das verlangt auch der Vogelschutz: Erst ab dem Alter von 50 Jahren bilden sich interessante Baumhöhlen.

Kastanien-, Robinien- oder Platanenalleen würden heute nicht mehr geschaffen, sagt Beatrice Soltys. „Das sieht zwar schön aus, doch bei Schädlingsbefall muss oft die ganze Allee gefällt werden.“ Also setzt die Stadt Fellbach auf unterschiedliche Baumarten in Straßenzügen wie Ulmen, Ginkgo, Amberbaum oder Linden. Zu sehen ist dies in der Fellbacher Straße, wo auch noch Zierkirschen erfreuen sollen.

Bevor die Motorsäge zum Einsatz kommt, prüft die Verwaltung, ob geschützte Tierarten vorhanden sind. „Wir schauen uns die betroffenen Bäume genau an“, sagt Gundis Steinmetz. Die Landschaftsplanerin und Mitarbeiterin des Stadtplanungsamtes, die von Amts wegen den Artenschutz im Blick hat, sagt: „In diesem Fall bieten wir Ersatz für die wegfallenden Baumhöhlen an. Das sind Nistkästen.“ Grundsätzlich müssen die Baumfällarbeiten bis Ende Februar erfolgt sein, „damit die Vögel in Ruhe nisten können.“

Gelernt hat die Stadt, dass Bäume Bedürfnisse haben, die mit dem Wunsch nach Parkplätzen kollidieren. „Heute geben wir den Gehölzen deutlich mehr Platz“, sagt die Baubürgermeisterin. Mehr Platz und ein spezielles Baumsubstrat ermöglicht es den Wurzeln, sich auch unter dem Belag zu entwickeln. Das sorgt für mehr Halt und daher längeres Leben der unter schwierigen Bedingungen lebenden Straßenbäume. Dies wurde, wie Beatrice Soltys betont, bereits in der Eisenbahnstraße und am U-Turn in der Stuttgarter Straße praktiziert.