Das Stadtplanungsamt bastelt am verbesserten Umwelt- und Klimaschutz in Fellbach. So soll eine Artenmischung bei Baumpflanzungen besser vor Krankheiten oder Schädlingsbefall schützen.

Fellbach - Die Fellbacher Infrastruktur lässt, zumindest wenn man den von Lokalpolitikern oder Rathausverantwortlichen gern zitierten hiesigen Standard als Maßstab nimmt, relativ wenig zu wünschen übrig. Es fehlt nicht viel für ein perspektivisches Leben am Fuße des Kappelbergs. Was allerdings fehlt, davon war kürzlich im Gemeinderat gleich mehrfach die Rede – und die Erkenntnis mündet in die Forderung: mehr Alleen für Fellbach!

 

Wobei Baudezernentin Beatrice Soltys dies nicht als Vision verstanden haben will, sondern vielmehr als klares Versprechen. „Bei geplanten Bau- und Sanierungsvorhaben werden in Fellbach die zentralen Straßenverbindungen durchgängig mit Baumreihen gestaltet, und zwar nach Möglichkeit als Allee“, erklärte sie im Lokalparlament. Dies sei wegen der Stadtgestaltung, aber insbesondere „aus Gründen des Klimaschutzes“ sinnvoll. So sei auch im Klimaatlas für die Region Stuttgart zu erkennen, „dass die Fellbacher Freiflächen wichtige Kaltluftproduktionsflächen sind“. Ziel ist, dass die Grünachsen „insbesondere in West-Ost-Richtung wichtige Belüftungsschneisen erhalten“ sollen.

Zusätzliche Baumquartiere

Um im Zuge der Grünstrategie die positive Wirkung der städtischen Grünflächen zu verstärken, ist ihre Verbindung mit dem Landschaftsraum nötig. Für den Luftaustausch ist es wichtig, diese Gebiete westlich und östlich der bebauten Areale zu verknüpfen. Wenn es möglich ist, werden Lücken gefüllt und bereits vorhandene Bäume erhalten oder bei Verlust durch standortgerechte Baumarten ersetzt.

Bei Straßensanierungen sollen noch stärker als bisher zusätzliche Baumquartiere entstehen, soweit dies vom Aufbau des Untergrundes – also Leitungen, die sich dort verbergen könnten – her möglich ist. Als Beispiel für eine sinnvolle Umgestaltung nannte Soltys die Fellbacher Straße. Dort in Schmiden werde eine alternierende Baumpflanzung umgesetzt. Erstmals wurde dabei auf eine Mischung von Baumarten gesetzt, um zu verhindern, dass bei möglichen Ausfällen von Baumarten etwa durch Krankheiten oder Schädlingsbefall gleich der gesamte Bestand verloren geht.

Parkraum wird kleiner

Bei den Pflanzungen erstreckt sich das Pflanzsubstrat auch unter die angrenzenden Stellplätze, umso den durchwurzelbaren Raum zu vergrößern und die Lebensqualität der Bäume zu verbessern.

Auch bei der seit Jahren intensiv diskutierten Neugestaltung der Cannstatter Straße und der Bahnhofstraße wird intensiv geprüft, „wie diese zentrale Nord-Süd-Achse erhalten beziehungsweise aufgewertet werden kann“, heißt es in der vom Stadtplanungsamt und speziell von Jana Stecher, Gundis Steinmetz und der Baumexpertin Solveig Birg entwickelten schriftlichen Expertise. Allerdings stößt die Neuausrichtung mit einem abwechslungsreicher gestalteten Straßenraum und mit größerem Platzbedarf bei Pflanzungen „nicht immer auf Gegenliebe, wenn dafür etwa der Parkraum verkleinert werden muss“, so die Erläuterung vor den Stadträten.

Probleme durch trockenen Sommer

Beim Baumbestand werden die negativen Auswirkungen der trockenen und windigen Sommer der vergangenen Jahre immer deutlicher. Die Stadt steuert dieser Entwicklung bereits entgegen, indem die Bäume wesentlich mehr gewässert, gedüngt und gepflegt werden. Das reicht aber nicht aus: Zunehmend sind Standortverbesserungen, Verjüngungsmaßnahmen und Erhaltungsschnitte nötig. Auch muss städtebaulich immer wieder zwischen geplanten Baumaßnahmen und Baumbeständen abgewogen werden.

Lässt sich der Baum unausweichlich nicht erhalten, wird auch eine Großbaumverpflanzung in Erwägung gezogen, wie beispielsweise bei der Verpflanzung im vergangenen Juni von der Cannstatter Straße bei der Wohncity aus in die Tournonstraße beim Schmidener Stadion. „Bisherige Großbaumverpflanzungen verliefen erfolgreich, bis auf einen Baum, der einem Sturmereignis zum Opfer fiel, sind alle noch existent“, so die Erläuterung der Fellbacher Fachfrauen. Weitere Bäume für eine Großverpflanzung seien in der südlichen Bahnhofstraße und der Remstalstraße in Schmiden vorgesehen.

Parks als Klimaoasen

Weitere Schwerpunkte der Strategie sind öffentliche Parks und Grünräume als „wichtige Klimaoasen im bebauten Bereich“, so Soltys. Derartige Oasen sind essenzieller Lebensraum für Insekten, Vögel und Fledermäuse. Verstärkt setzt die Stadt hierbei auf Blühwiesen. „Entlang der Schorndorfer Straße wurden im Dezember auf rund 430 Quadratmetern Wiesenfläche circa 60 000 Blumenzwiebeln insektenfreundlicher Arten maschinell gesteckt“, berichtete Soltys.

Gestärkt wurde die Biodiversität in Fellbach überdies durch die geänderte Pflege von insgesamt 14 000 Quadratmetern Wiesenfläche, Stichwort: extensive Bewirtschaftung. Die Flächen werden nicht wie bisher regelmäßig gemulcht, wobei das Mahdgut auf der Fläche verbleibt, sondern nur noch ein- bis zweimal im Jahr gemäht, das Mahdgut wird abtransportiert. Dadurch werde der Artenreichtum der Wiesen und folglich auch der Tierwelt erhöht, versprechen die Expertinnen im Fellbacher Rathaus. In diesem Jahr sollen 45 000 Quadratmeter Wiesenfläche mehr dazu kommen.