Der Vorschlag von Berlins Regierendem Bürgermeisters Michael Müller für ein solidarisches Grundeinkommen findet immer mehr Befürworter. Union und Wirtschaft indes warnen.

Berlin - In der SPD stehen die Zeichen auf Abwicklung der innerparteilich umstrittenen Hartz-Reformen der rot-grünen Regierung unter Gerhard Schröder. Auch der neue Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zeigt sich offen für Gespräche über eine Abschaffung von Hartz IV und die Einführung eines solidarischen Grundeinkommens. „Das ist eine notwendige Debatte, die wir führen werden“, sagte Heil der „Bild“-Zeitung. Er setze dabei auf „konkrete und machbare Lösungen, die der Lebensrealität der Menschen entsprechen“. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte die Einführung eines solidarischen Grundeinkommens als Alternative zu Hartz IV angeregt.

 

Bei den Arbeitgeberverbänden und in der Unionsfraktion stößt der Vorstoß indessen auf Abwehr. Die Präsidenten der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) warnten in einem Gastbeitrag für die „Wirtschaftswoche“ vor den Folgen eines bedingungslosen Grundeinkommens. „Ein bedingungsloses Grundeinkommen reduziert Arbeitsanreize, verschärft den Fachkräftemangel und provoziert damit weitere Beschäftigungsverluste“, schrieben Ingo Kramer (BDA) und Dieter Kempf (BDI). „Seine Einführung wäre eine Kapitulation unserer Gesellschaft vor den Herausforderungen der neuen Arbeitswelt.“

Auch die Gewerkschaften sind dafür

Nach dem Vorschlag des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Müller, sollen Arbeitslose künftig einen steuerfinanzierten Vollzeit-Job auf Mindestlohnniveau mit einem Nettoverdienst von 1200 Euro im Monat angeboten bekommen. Die Annahme sei freiwillig, wer ablehnt würde in der bisherigen Grundsicherung bleiben.

Gerhard Schröder hatte die Hartz-Reformen, die nach dem früheren VW-Arbeitsdirektor Peter Hartz benannt sind, in seiner zweiten Wahlperiode ab 2003 gegen erheblichen innerparteilichen Widerstand im Rahmen der Agenda 2010 durchgesetzt. Seine schärfsten Widersacher, darunter viele Gewerkschafter, verließen daraufhin die Partei und gründeten die Wahlalternative (WASG), die 2007 mit der PDS zur Linkspartei fusionierte. Ökonomen sehen Schröders Agenda-Politik als eine wesentliche Grundlage für das deutsche Jobwunder der vergangenen 15 Jahre.

Bei den Gewerkschaften stößt Michael Müllers Vorschlag für ein solidarisches Grundeinkommen auf Sympathie. DGB-Chef Reiner Hoffmann sagte dem „Handelsblatt“: „Das geht in die richtige Richtung.“ Der Vorschlag ähnele den Plänen im schwarz-roten Koalitionsvertrag, für 150 000 schwer vermittelbare Arbeitslose einen sogenannten sozialen Arbeitsmarkt zu schaffen. Hoffmann warnte allerdings, es dürfe nicht zu Dumpingvergütungen kommen, wenn Langzeitarbeitslose in einen steuerfinanzierten Vollzeitjob gebracht werden. „Statt beim Mindestlohn sollte man bei den unteren Tarifgruppen des öffentlichen Dienstes ansetzen“, sagte Hoffmann.