Die Heusteigschule im Stuttgarter Süden hat nun für immer geschlossen. Wegen der Pandemie war auch ein gebührender Abschied nicht möglich – und das nach 116 Jahren Schulgeschichte! Nach dem Sommer geht die Grundschule als Marienschule weiter, einer Ganztagsschule in Wahlform.

Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

S-Süd - Mit dem letzten Schultag endete die 116-jährige Geschichte der Heusteigschule. Zumindest wird nun ein neues Kapitel geschrieben. Die Grundschule segelt unter anderer Flagge, und das Gebäude soll künftig anderweitig schulisch genutzt werden. Das Haus war am 2. Mai 1906 eingeweiht worden. Etwa 970 Schüler besuchten sie, die Kinderzahlen stiegen enorm. In dieser Bürgerschule wurde den Kindern eine anspruchsvolle und praxisnahe Bildung vermittelt. Den Absolventen war die Lehrstelle danach so gut wie sicher.

 

Der damals bekannte Schulreformer Theodor Fischer selbst plante die Heusteigschule als Sammelschulhaus für eine Bürger- und Volksschule. Er hatte dabei zunächst Mühe, seine Zeitgenossen davon zu überzeugen, dass der Standort neben einem Friedhof ein geeigneter Ort für die Schulkinder sei. Architektur und Pädagogik sollten hier einen ganz besonderen Pakt schließen. Baulich markiert die Schule an der Heusteigstraße einen Wendepunkt: hin zu einem funktionalen und kindgerechten Schulbau. Fischer verzichtete auf repräsentative Eingangsportale und schuf stattdessen einen Brunnen mit Wandelhalle. Im Innern gibt die Lichtgebung intuitiv Orientierung. Der rote Terrakottaboden, das hölzerne Treppengeländer und die grünen Wände wirken heimelig, jedes Stockwerk zieren andere Ornamente auf Böden und an den Decken. Die Klassenzimmer haben Blick ins Grüne. Es gibt Aufenthaltsbereiche und große Sonderräume für Werken, Zeichnen und Physik. Fischer verstand es, dieses großzügige Raumprogramm ideenreich auf nur schmalem Grund zu entfalten. Wichtig war ihm dabei der wohnliche Charakter. Ein Glück ist die gute Zustandserhaltung: „Nur wenige Anbauten des bedeutenden Architekten sind so originalgetreu überliefert“, hieß es 2014 in einem Katalog zur Ausstellung von Stadt und Landesdenkmalamt über Stuttgarter Schulen.

Atmo statt Deko

Abschied ohne Feier

Den Namen „Heusteigschule“ trägt die Einrichtung seit 1938. Unter diesem Namen haben sich nun die Schultore geschlossen. „Unzählige Schülergenerationen verbinden genau wie Sie besondere Erinnerungen an unsere Schule“, schreibt Schulleiterin Nadine Reinhardt zum Abschied allen Kollegen, Eltern, Ehemaligen.

Pandemiebedingt hat es leider keine gebührende Abschlussfeier geben können. „Beim Abschied wird die Zuneigung zu den Sachen, die uns lieb sind, immer ein wenig wärmer“, so Reinhardt etwas wehmütig. Die Heugsteigschule bildet bereits seit dem Schuljahr 2017/2018 keine erste Klasse mehr. Sie ist fusioniert: Die gebundene Ganztagesschule Heusteigschule und die verlässliche Grundschule Römerschule bilden nun eine gemeinsame Ganztagsschule in Wahlform, die Marienschule.

„Als ‚Übriggebliebene‘ wollen wir nicht weinen weil es vorüber ist, wir wollen lächeln, weil es schön war. Mit diesem Lächeln und den damit verbundenen Erinnerungen blicken wir als Grundschule nun dem Standort Marienschule entgegen“, sagt Schulleiterin Reinhardt. „Für zukünftige SchülerInnen der Sekundarstufe I bleibt das imposante Schulhaus erhalten. Die Schickhardt -Gemeinschaftsschule wird die Tore zu Beginn des neuen Schuljahres wieder öffnen.“