Nach zwei Corona-Ausbrüchen an Schulen in Baden-Württemberg wächst die Angst unter den Lehrern. Sie erneuerten ihre Kritik an Kultusministerin Susanne Eisenmann.

Stuttgart - Die vollständige Öffnungen der Grundschulen und Kitas ist am Montag überschattet worden von Corona-Fällen an Schulen im Landkreis Göppingen und an einem Brettener Gymnasium.

 

„Das sorgt für Verunsicherung der Kollegen, nachdem das Kultusministerium uns gesagt hat, Kinder hätten eine niedrige Viruslast und seien keine Infektionstreiber“, sagte der Vorsitzende des Lehrerverbandes VBE, Gerhard Brand, der Deutschen Presse-Agentur. Das sei ein herber Schlag, der die Glaubwürdigkeit des und das Vertrauen in das Ressort von Susanne Eisenmann (CDU) beschädige. Nach mehr als drei Monaten werden wieder alle Grundschüler im Klassenverband unterrichtet. Nur die Fächer Sport und Musik wurden wegen Corona-Risikos zunächst gestrichen. Das Abstandsgebot ist gefallen.

Sicherheit der Lehrkräfte müsse verstärkt werden

Noch vor den Sommerferien muss laut Brand die Sicherheit der Pädagogen an den Grundschulen verstärkt werden: mit Plexiglasscheiben am Pult, freiwilliger Testung der Lehrer einmal pro Woche und der Auflage an die Schüler, einen Mundschutz mitzubringen und bei enger Interaktion mit den Lehrern anzulegen. Nach den Sommerferien sollten diese Schutzmaßnahmen bestehen bleiben und dann längerfristig geschaut werden, wie sich das Infektionsgeschehen entwickelt. Die verlangten Sicherheitsvorkehrungen seien ab Schulbeginn im September für alle Schularten einzuführen. Er sehe für die kalte Jahreszeit Risiken voraus, wenn 30 Kinder in engen Klassenzimmern ohne Belüftungsmöglichkeit die Schulbank drücken. Brand: „Da gehen wir schon ein gewisses Risiko ein.“

Die Hiobsbotschaft bestärke diejenigen unter den Lehrern, die wegen Infektionsgefahr für von ihnen betreute Eltern oder Partner oder für sich selbst die Öffnung der Schulen kritisch sehen. Der VBE habe sich aber bewusst für die Wiederaufnahme des Regelbetriebes ausgesprochen.

Coronafälle in Schulen im Kreis Göppingen

Nach Angaben des Landkreises Göppingen ist an insgesamt fünf Schulen je ein Schüler positiv auf das Virus getestet worden. Drei Schulen befänden sich in Göppingen, zwei Schulen seien in Geislingen. Eine Grundschule sei geschlossen worden, werde aber an diesem Dienstag wieder eröffnet. Zehn Kinder und zwei Lehrkräfte aus dem engeren Kontaktkreis des infizierten Kindes müssen die Quarantänezeit einhalten und werden diese Woche nochmals getestet. Insgesamt 500 Schüler würden seit Freitag getestet, bislang sei keine weitere Infektion nachgewiesen worden, sagte eine Sprecherin des Kreises Göppingen.

An einem Brettener Gymnasium (Kreis Karlsruhe) fällt wegen mehrerer Infektionen mit dem Coronavirus bis mindestens Mittwoch der Präsenzunterricht aus. Bei drei Schülern und einer Lehrerin wurde das Virus nachgewiesen.

Kultusministerin Eisenmann hatte nicht ausgeschlossen, dass Kitas und Grundschulen wieder geschlossen werden müssen, falls es Corona-Infektionsherde gibt.

Die Pädagogen plagt aber laut Brand noch etwas anderes: Die aus Infektionsschutzgründen zeitversetzten Pausen führten zu erheblicher Unruhe an den Schulen. Ein Grundschulrektor habe ihm zurückgemeldet: „Von einer ruhigen Lernatmosphäre kann man nicht sprechen.“

Mitte März hatten die Schulen in Baden-Württemberg wegen des Coronavirus komplett geschlossen. Die Abschlussklassen sind bereits seit dem 4. Mai in die Schulen zurückgekehrt, die Viertklässler seit Mitte Mai. Seit Mitte Juni gibt es bereits an allen Schulen in Baden-Württemberg einen Unterricht im Schichtbetrieb im Wechsel mit dem Fernunterricht und mit einem abgespeckten Stundenplan.