Auf dem ehemaligen Baywa-Areal in der Ludwigsburger Weststadt wird gebaut. Über den richtigen Mix aus Wohnen und Gewerbe wurde lange gestritten. Am Montag war die Grundsteinlegung, in anderthalb Jahren sollen die ersten Mieter einziehen.

Ludwigsburg - Der Oberbürgermeister freute sich über „eine imponierende Kulisse“, womit er sowohl das Baufeld als auch die Anzahl der Gäste meinte, die am Montag zur Grundsteinlegung auf das einstige Baywa-Areal in der Ludwigsburger Weststadt gekommen sind. Auch sonst wurde nicht mit schmückenden Beiwörtern gegeizt: Was auf dem 1,7 Hektar großen Gelände entstehen werde, sei nicht nur von „toller Qualität“ und „innovativ“, sondern auch richtungweisend für die Stadt.

 

Bis es so weit ist, werden die Anwohner einiges aushalten müssen, das räumte auch der Chef der Immobiliengesellschaft Strenger ein, die dort einen Mix auf Wohnen und Gewerbe baut. Er bat die Nachbarn nicht nur im Voraus um Verständnis, er erinnerte auch daran, dass es in den sechziger und siebziger Jahren – zu den Hochzeiten der Genossenschaftsbetriebs der Baywa – dort häufig viel Verkehr bis tief in die Nacht gegeben habe. „Das habe ich noch persönlich so erlebt“, sagte Karl Strenger.

Streit über Stellplätze

Die Kritik der Anwohner zielte jedoch zuletzt vor allem auf das Thema Verkehr. Schon jetzt gebe es im Umfeld kaum noch Parkplätze, und die geplante Anzahl von Stellflächen in Tiefgaragen reiche bei Weitem nicht aus, um den Parkdruck im Viertel zu verringern. Strenger sagte daraufhin zu, nicht nur wie geplant 116 Parkplätze zu schaffen, sondern in Kooperation mit der Firma Daimler auch einen Car-Sharing-Park einzurichten. Was wiederum zu Grundsatzdebatten im Gemeinderat führte: Während die CDU mehr Stellplätze forderte, warnten die Grünen vor einer weiteren Verteuerung der Wohnungen durch den Bau von Tiefgaragen.

Strenger hat sich gegenüber der Stadt verpflichten müssen, bis zu 20 Prozent der Wohnungen, die sein Unternehmen auf dem Baywa-Areal baut, preisgünstig anzubieten. Oberbürgermeister Werner Spec erinnerte daran, dass diese Apartments den Vorgaben des Wohnraumförderprogramms des Landes entsprechen sollten.

Am liebsten hätte er auf der gesamten Fläche ausschließlich Wohnungen errichtet, sagte Strenger. Aber die Stadt hat nicht mitgespielt. Sie bestand darauf, dass in dem in ein sogenanntes Mischgebiet fallende Areal auch Büro- oder Gewerberäume gebaut werden. Viele Jahre hatten Verwaltung und Investor über eine Lösung gestritten. „Heute freue ich mich darüber, dass wir einen tollen und fairen Kompromiss gefunden haben“, sagte Strenger.

Ein „Gewinn für das Quartier“

Eine zentrale Rolle spielte dabei die Auslobung eines Architektenwettbewerbs im Jahr 2016. Eine unabhängige Jury kürte den Entwurf des Stuttgarter Büros Von M zum Sieger. Das Modell sei eine gute Antwort auf die Forderung, Wohnen und Arbeiten zu verbinden, sagte Strenger damals. Es sieht in seiner seither leicht überarbeiteten Form vor, dass auf einer Fläche von 10 000 Quadratmetern Gewerbe und auf einer von 8000 Quadratmetern 113 Wohnungen entstehen. Das Angebot reicht von der klassischen Zwei- bis Vier-Zimmerwohnung bis zu sogenannten Mikroapartments: 24 Einzimmerwohnungen mit 17 bis 37 Quadratmetern.

Strenger nennt es ein neues Stadtquartier in Innenstadtnähe, während der Oberbürgermeister die Nähe zur Weststadt mit ihrer „pulsierenden Wirtschaft“ betont. Die Nachfrage nach den Wohnungen ist wie erwartet groß. Bei einem ersten Verkaufsevent im Mai sei bereits etwa die Hälfte der Wohnungen verkauft worden, sagt die für das Projekt zuständige Lis Hannemann-Strenger. In Kürze werde der Verkauf in einem weiteren Event fortgesetzt. Das Unternehmen Strenger setzt dabei auf virtuelle Präsentationen, mit denen sich schon vor Baubeginn zeigen lässt, was gebaut wird und wie eine künftige Nutzung der Räume aussehen könnte.

„Auch beim Gewerbe gibt es erstaunlicher Weise eine große Nachfrage“, sagte Karl Strenger. Noch sei allerdings nicht abschließend entschieden, ob man nur Büros baue oder doch lieber Geschäfts- oder Werkräume für Gewerbetreibende: „Für beides gibt es Interessenten.“

Es sei gut gewesen, Qualität über Schnelligkeit zu stellen, sagte OB Spec. Mit dem Neubauprojekt auf dem Baywa-Areal werde das gesamte Quartier aufgewertet.

Ein Bauprojekt mit langer Vorgeschichte

Kaufvertrag
2012 hat das Immobilienunternehmen Strenger der Baywa das 1,7 Hektar große Gelände an der Schönbeinstraße in der Ludwigsburger Weststadt abgekauft. Seither wurden die Pläne für eine Bebauung immer wieder verworfen oder korrigiert.

Hochhaus
Neben dem Streit über den Mix aus Wohn- und Gewerberäumen prägten stets unterschiedliche Vorstellungen über die Gebäudehöhe die Debatten zwischen Investor und Stadt. Nun darf das höchste Gebäude neun Geschosse hoch werden.

Spektakel
Eigentlich sollte die Sprengung des alten Baywa-Siloturms im Februar 2017 das Startsignal für den Baubeginn sein. Doch dann musste das Erschließungskonzept noch einmal überarbeitet werden. Die ersten Bewohner sollen nun Ende 2019 einziehen.