Die Stadt Ludwigsburg schlägt Hebesätze für die neue Berechnung der Grundsteuer vor. Das hat gewaltige Auswirkungen – vor allem für Besitzer von Einfamilienhäusern. Aber manche profitieren auch. Ein Überblick.
Ludwigsburg langt aber kräftig zu, werden die einen sagen. Die anderen können ganz entspannt sein, wenn der Grundsteuerbescheid für das kommende Jahr ins Haus flattert. Häuslebesitzer und Grundstückseigentümer werden kräftig zur Kasse gebeten. Mieter in Mehrfamilienhäusern und Gewerbebetriebe hingegen werden entlastet. Das hat der Wirtschaftsausschuss des Ludwigsburger Gemeinderats jetzt beschlossen. Die Stadträte haben sich einstimmig auf die neuen Hebesätze für die Grundsteuer A und B geeinigt. Damit bestimmen die Stadträte vor Ort, wie hoch letztlich die Grundsteuerbelastung ab 2025 wird. Das letzte Wort hat nun noch der Ludwigsburger Gemeinderat. In der Sitzung am Mittwoch, 23. Oktober, wird darüber abgestimmt.
Nach neuem Recht soll der Hebesatz für die Grundsteuer B, die bei privaten und gewerblichen Grundstücken anfällt, in Ludwigsburg künftig bei 262 Prozentpunkten statt wie bisher bei 445 liegen. „Es gibt Gewinner und Verlierer, das ist vom Gesetzgeber so gewünscht“, sagte Melanie Kiener vom Fachbereich Finanzen.
Wer zahlt künftig mehr?
Rechenbeispiele der Stadtverwaltung zeigen:
- Bei einem Einfamilienhaus mit der Grundstücksfläche von 729 Quadratmetern erhöht sich die Grundsteuer B beispielsweise von bislang 646 auf 1564 Euro. Das ergibt eine Erhöhung von 918 Euro.
- Der deutlichste Anstieg wird auf Besitzer eines unbebauten Grundstücks zukommen. Bei einer Fläche von 655 Quadratmeter kostet die Grundsteuer ab dem neuen Jahr 1373 Euro mehr.
- Bei einem Reihenmittelhaus mit 172 Quadratmeter liegt die Veränderung bei vergleichbar überschaubaren 74 Euro.
Wer profitiert von der neuen Steuer?
- Besitzer einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus sparen sogar knapp 100 Euro. Die Stadtverwaltung rechnet vor: Befindet sich die Wohnung auf einem Grundstück mit 880 Quadratmetern, zahlen Besitzer statt bislang 253 Euro nur noch 159 Euro.
- Mittelständische Betriebe profitieren von der neuen Steuer besonders deutlich. Hat der Gewerbebetrieb beispielsweise 1754 Quadratmeter sinkt die Steuer von 96 320 auf 38 340 Euro und damit um knapp 58 000 Euro.
Wen betrifft die Steuerreform?
„Das wird einige Bürger stark treffen“, sagte Stadtrat Claus-Dieter Meyer von der CDU. Seiner Partei sei wichtig, die Möglichkeit des Einspruchs und der Neubewertung zu signalisieren. Gerade Besitzern von Grundstücken gegenüber, die sich nicht bebauen lassen. Betroffen sind von der neuen Grundsteuer alle Bürger, da die Grundsteuer B von Vermietern auf den Mieter umgelegt werden kann.
Der Hebesatz der Grundsteuer A, die land- und forstwirtschaftliche Grundstücke betrifft, soll künftig 980 Prozentpunkte betragen. Die Festlegung einer Grundsteuer C, mit der die Stadt unbebaute, aber baureife Grundstücke höher besteuern könnte, ist derzeit nicht vorgesehen.
Sind die Hebesätze final festgelegt?
Laut der Kämmerei sind die Berechnungen noch unsicher, da noch nicht alle Bürger die nötigen Steuerbescheide eingereicht haben. Bei der Grundsteuer A liegen 60 Prozent, bei der Grundsteuer B 92 Prozent der Bescheide vor. Außerdem bearbeitet das Finanzamt derzeit noch offene Einsprüche und bereinigt Erfassungsfehler.
Daniel O`Sullivan von der SPD zeigte sich zufrieden. „Die allermeisten Bürger werden entlastet“, sagt er. Die Neuerung sei nicht so unsozial, wie es in der Öffentlichkeit dargestellt werde. Carina Kuhnke, Stadträtin der AfD ging auf ihren Vorredner direkt ein und kritisierte: „Die Argumentation ‚die meisten gewinnen’ ärgert mich“, sagt sie. Das System gebe vor, dass man denjenigen, die nicht viel leisten würden, etwas gebe. Damit löste sie bei Monika Schittenhelm von den Grünen Empörung aus. „Sie können doch nicht behaupten, dass Mieter keine Leistung bringen.“
„Vermögenssteuer durch die Hintertüre“
CDU, SPD, Grüne, Freie Wähler, Bündnis der Vielfalt sowie AfD stimmten der Beschlussvorlage schlussendlich zu. Stadtrat Sebastian Haag (FDP) enthielt sich als einziger. Die Steuerreform entlaste zwar die Wirtschaft, es sei aber „eine Vermögenssteuer durch die Hintertüre.“
Die Grundsteuer wird reformiert aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Demnach ist das derzeitige System der grundsteuerlichen Bewertung verfassungswidrig, da es gleichartige Grundstücke unterschiedlich behandle. Die bisherige Berechnung der Grundsteuer basiert im Westen auf Grundstückswerten von 1964. Baden-Württemberg hat beschlossen, dass sich die Grundsteuer B künftig ausschließlich aus dem Bodenwert ergibt. Die Größe der Gebäude spielt keine Rolle.
Aufkommensneutralität lässt wenig Spielraum
Das Landesfinanzministerium hat für jede Kommune einen Korridor definiert, der einen aufkommensneutralen Hebesatz gewährleistet. Aufkommensneutral bedeutet, dass die Stadt durch die Reform der Grundsteuer nicht mehr einnimmt als zuvor. Bei der Stadt Ludwigsburg lag der Korridor bei der Grundsteuer B bei 240 bis 266 Prozentpunkten.
Die Beschlussempfehlung ist eine vorbereitende Empfehlung gegenüber dem Gemeinderat, der noch darüber abstimmen muss. Aufgrund der geforderten Aufkommensneutralität ist es jedoch wahrscheinlich, dass die Änderung der Hebesätze so beschlossen wird.
Berechnung der Grundsteuer
Formel
Maßgeblich ist der Bodenrichtwert, den Gutachterausschüsse für vergleichbare Zonen einer Kommune ermitteln. Dieser wird mit der Grundstücksfläche und einer gesetzlich vorgegebenen Steuermesszahl sowie am Ende mit dem Hebesatz multipliziert.
Bodenwerte
Auf der Seite Boris-BW erfahren interessierte, wie hoch der Bodenwert des eigenen Grundstücks ist. https://www.gutachterausschuesse-bw.de/borisbw/?lang=de