Die Landesregierung legt im Streit ums Grundwassermanagement eine kritische Expertise vor. Bahn spricht von einem „Gefälligkeitsgutachten“.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Weil die Deutsche Bahn beim Bau von Stuttgart 21 deutlich mehr Grundwasser aus der Baugrube abpumpen will als bisher geplant, fordert die Landesregierung ein neues Planfeststellungsverfahren für den Tiefbahnhof. Ein vom Land beauftragtes Rechtsgutachten der Berliner Kanzlei Gaßner, Groth, Siederer habe ergeben, dass wegen der Planänderung geprüft werden müsse, ob die damit verbundenen Auswirkungen "dem Vorhaben insgesamt entgegenstehen", erklärte Umweltminister Franz Untersteller.

 

Wie berichtet, hat die Bahn beim Eisenbahnbundesamt (Eba) beantragt, in der etwa siebenjährigen Bauzeit statt der geplanten drei Millionen Kubikmeter Grundwasser nun bis zu 6,8 Millionen Kubikmeter aus der Baugrube abpumpen zu dürfen. Die Stadt Stuttgart als untere Wasserbehörde hat die von der Bahn bisher beim Eba vorgelegten Unterlagen als nicht ausreichend für eine Beurteilung des Sachverhalts zurückgewiesen. In der ersten Sitzung des Lenkungskreises zu Stuttgart 21 war deshalb von den Beteiligten vereinbart worden, dass der Schienenkonzern in den nächsten Wochen die fehlenden Unterlagen und Expertisen nachreicht.

Aus Sicht der Gutachter des Landesumweltministeriums führen die Pläne der Bahn zu "erheblich veränderten Auswirkungen auf den Wasserhaushalt". Deshalb müsse auch die Frage der Baugenehmigung insgesamt neu aufgeworfen werden. Überdies komme das Gutachten zu dem Ergebnis, dass auch andere Vorarbeiten für Stuttgart 21 nicht verwirklicht werden dürften.

OB reagierte irritiert auf die Veröffentlichung

Die Bahn hat die Darstellung des Umweltministeriums umgehend zurückgewiesen. "Ich bin sehr verwundert, dass im Anschluss an den Lenkungskreis, in dem am Samstag alle Projektpartner, also auch das Land, an einem Tisch saßen, plötzlich ein Gutachten zum Grundwassermanagement ebenfalls vom Land veröffentlicht wird", erklärte Projektsprecher Wolfgang Dietrich. Die darin getroffenen Feststellungen seien "nicht haltbar". Ein neues Planfeststellungsverfahren, wie die Gutachter des Landes forderten, "wird definitiv nicht erforderlich sein", erklärte der Projektsprecher. "Das Ganze ist ein durchsichtiger Versuch, mit einem offenkundigen Gefälligkeitsgutachten das Vorhaben und die geplanten weiteren Baumaßnahmen in Frage zu stellen." Aufgrund der von der Bahn beantragten Änderungen sei lediglich ein "wasserrechtliches Änderungsverfahren" notwendig, erklärte Wolfgang Dietrich.

Auch Oberbürgermeister Wolfgang Schuster reagierte irritiert auf die Veröffentlichung. "Wer permanent Transparenz fordert, hätte ein solches Gutachten im Lenkungskreis vorlegen müssen", kritisierte Schuster die Landesregierung. Für die Stadt gelte im übrigen, was zwischen Land, Bahn und Stadt gemeinsam verabredet wurde: "Die DB ProjektBau liefert detaillierte Unterlagen zur neuen Berechnung der Grundwasserentnahme schnellstmöglich nach." In den bestehenden Planfeststellungsbeschlüssen seien "deutliche Auflagen" festgelegt worden, die Auswirkungen auf die Heil- und Mineralquellen ausschlössen. Daran dürfe sich nichts ändern. Schuster: "In dieser Frage gibt es mit der Bahn keinerlei Dissens."

Das Gutachten als PDF.