Das Eisenbahnbundesamt hält den Rost in den blauen Rohren des GWM für vernachlässigbar. Die S21-Gegner sehen das aber ganz anders.

Stuttgart - Die Firma Hölscher ist im Auftrag der Deutschen Bahn für das Grundwassermanagement des Projekts Stuttgart 21 zuständig. Für den Transport werden derzeit 17 Kilometer Rohrleitungen im Umfeld des Hauptbahnhofs installiert, die bekanntlich ins Visier von Projektgegnern geraten sind. Die Gruppe der Ingenieure gegen Stuttgart 21 hat in Mitteilungen und vor allem durch ihren Sprecher Hans Heydemann bei einer Montagsdemonstration einen Verstoß gegen den Planfeststellungsbeschluss für den Tiefbahnhof ausgemacht, weil die Bahn "das Grundwasser als braune Rostbrühe in den Boden leiten" wolle. Die Ingenieure hatten bei den gelagerten blauen Rohren eine leichte Rostbildung ausgemacht.

 

Das Eisenbahnbundesamt (Eba) teilte nun allerdings auf StZ-Anfrage mit, die Verwendung der Wasserrohre sei nicht zu beanstanden. Diese entsprächen den anerkannten Regeln der Technik. Laut Aufsichtsbehörde hat ihr die Bahn entsprechende Eignungsnachweise vorgelegt; diese seien auch geprüft worden. Auch aus einer Stellungnahme des städtischen Umweltamts ergebe sich kein Anhaltspunkt zur Beanstandung.

Der städtische Pressesprecher Markus Vogt teilte mit, das Amt habe dem Eba bestätigt, dass die Ausführungen der Wasserbaufirma sowie die Argumentation der die Rohre kontrollierenden Ingenieurgesellschaft für Bauwesen, Geologie und Umwelttechnik plausibel seien.

Gegner sehen die Lage dramatisch

Die S-21-Gegner haben die Sachlage bisher jedoch anders gesehen, nämlich dramatisch: Die Rohre bestünden aus "gewöhnlichem Baustahl St 37" und verfügten über keinerlei Korrosionsschutz auf der Innenseite - obwohl dies der Bahn-Bevollmächtige Eckart Fricke öffentlich behauptet habe. Man hatte ihn deshalb der Lüge bezichtigt. Die Leitungen rosteten also sehr schnell und seien deshalb ungeeignet für die vorgesehene Ableitung von ursprünglich 3,1 nun aber bis zu 6,8 Milliarden Litern Grundwasser. Laut Hans Heydemann müssten laut Planfeststellungsbeschluss solche Baumaterialien "grundwasserverträglich" sein. Dies sei bei den verwendeten Rohren aber nicht der Fall.

Die "ständige Durchströmung" würde für einen Abtrag von jährlich einem halben Millimeter sorgen, hat er vorgerechnet. Daraus ermittelte er einen Materialverlust von 250 Kubikzentimeter auf einen Meter Rohr mit 15 Zentimeter Durchmesser pro Jahr. Das seien 1,95 Kilo Materialverlust jährlich. Dies bedeute - auf das gesamte Rohrnetz gesehen - dass pro Jahr 33 Tonnen Eisen herausgespült würden.

Der permanente Eisenoxideintrag in den Untergrund habe nicht nur "unabsehbare Folgen für den Biochemismus des Bodens und verstoße gegen wasserrechtliche Vorschriften"; auch sei das darunter liegenden Mineralwasser in seiner Zusammensetzung gefährdet, weil es Verbindungen zwischen der grund- und der mineralwasserführenden Schicht gebe. Außerdem sei durch die ständige Korrosion die Wanddicke schon nach drei bis vier Jahren so weit abgebaut, dass die Rohre ihre Tragfähigkeit verlieren würden und unter ihrem Gewicht zusammenbrechen könnten.

Durchschnittliche Werte bestätigt

Das städtische Umweltamt ist allerdings zu ganz anderen Resultaten gekommen. Abgesehen davon, dass Hölscher derartige Rohrleitungen aus Stahl seit 50 Jahren einsetze, hätten wissenschaftliche Untersuchungen auf Grundlage der geltenden Normen und Regelwerke eine durchschnittliche Korrosionsrate von lediglich 0,02 bis maximal 0,1 Millimeter pro Jahr attestiert, so Pressesprecher Vogt. Beim S-21-Grundwasser gehe man sogar nur von 0,05 Millimetern aus - also einem Zehntel dessen, was die Projektgegner befürchten. Das Fazit des Amts: "Der Austrag von Eisenhydroxyd (Rost) ist vernachlässigbar."

Die mit der Prüfung der Rohre betraute Ingenieurgesellschaft bestätigt nach Angaben der Stadt die Aussagen der Firma Hölscher. Die Abtragungsrate sei so gering, weil innerhalb der Stahlrohrdruckleitungen hohe Fließgeschwindigkeiten herrschten, so dass sich in der Leitung flächenhaft eine dünne Eisenhydroxidschicht ausbilden könne, die als innerer Korrosionsschutz anzusetzen sei.

Während des auf sechs Jahre angesetzten Betriebs ist nach Auffassung der Experten der Einfluss des Rosts auf die Standsicherheit der Rohre zu vernachlässigen. Zudem habe die Behandlungsanlage im Schlossgarten einen Ionentauscher, so dass im Zulauf vorhandenes Eisen dort mitbehandelt werde.