Immer dienstags gibt es im Plochinger „Treff am Markt“ Kaffee, Kuchen und jede Menge Gesprächsstoff für Menschen mit Demenz. Vor allem aber gibt es viel „Miteinander“.

Singen und Musizieren, Malen, Geschichten erzählen, Kaffee trinken und Kuchen essen: Bei „Miteinander“, dem wöchentlichen Treff für Menschen, die von einer Demenz betroffen sind, kommt keine Langeweile auf. Dafür sorgen Gottfried und Regine Gienger und bei Bedarf weitere Ehrenamtliche, denn bei „Miteinander“ sind immer ebenso viele Betreuende wie Gäste dabei.

 

Wer dienstagnachmittags am „Treff am Markt“ vorbeigeht, vermutet vielleicht eine Gesangsgruppe in den Räumen. Es klingt jedenfalls, als ob Profis am Werk wären, was auch teilweise stimmt. Gottfried Gienger, Musikpädagoge und ehemaliger Leiter der Plochinger Musikschule, begleitet mit der Gitarre, die anderen singen: einmal einfach zusammen, dann mit hoher Zwitscherstimme, danach mit tiefem Brummbass, schließlich mehrstimmig und zu guter Letzt im Kanon. Außerdem kommen Klanghölzer und weitere Rhythmusinstrumente zum Einsatz. Später, bei einem neuseeländischen Bewegungslied, ist viel Körpereinsatz gefragt. „Wir hätten auch ein afrikanisches im Repertoire“, sagt Gottfried Gienger.

Jeder kommt woanders her

Die beiden Damen, die an diesem Nachmittag zu Gast sind, machen begeistert mit. Sie haben schon viel gesungen im Leben. „Singen ist immer schön“, sagt Gisela R.: „Ich zwitschere gern!“ Die 85-Jährige stimmt gleich noch ein französisches Lied an, denn das ist die Sprache ihrer Kindheit und Jugend. „Karamba, Karacho, ein Whisky“ sei aber später auch noch dran, verkündet sie. Die zweite Teilnehmerin, Anita G., hat einen Teil ihres Lebens in Brasilien verbracht und kann Geschichten vom Urwald und von großen Flüssen erzählen. „Wir haben festgestellt, jeder von uns kommt woanders her und überall gibt es was Besonderes“, sagt Regine Gienger.

Die Kunsttherapeutin und ihr Mann sind die Idealbesetzung für einen Demenztreff, nicht nur wegen des beruflichen Hintergrunds, sondern auch menschlich: beide haben viel Geduld, Einfühlungsvermögen und echtes Interesse an den Menschen, mit denen sie den Nachmittag verbringen. Man kennt sich aber auch schon lange: Gisela R. kommt fast seit den Anfängen vor zehn Jahren; nach wie vor geht sie den Weg zum „Treff am Markt“ allein. „Ich war nie krank, mir geht’s immer gut“, sagt sie und strahlt Zufriedenheit aus.

Giengers haben während der Plochinger Demenzkampagne vor zehn Jahren ein Angebot für diese Zielgruppe gemacht, genauer zwei: eins mit Musik und eins mit Kunst. Danach fragte die Stadt bei ihnen an, ob sie nicht dauerhaft etwas Ähnliches anbieten würden. Seitdem besteht der wöchentliche Treff und bietet den Gästen einen entspannten und anregenden Nachmittag, der die Sinne anspricht. Sie kommen mit Menschen zusammen, die sie kennen und fühlen sich angenommen, während ihre Angehörigen ein paar Stunden freie Zeit für sich selbst und ihre Angelegenheiten haben. Zeitweise war die Runde schon deutlich größer; durch Corona und einige Todesfälle ist sie geschrumpft. Sobald wieder neue Gäste dazustoßen, werden weitere Helferinnen und Helfer aktiviert, denn es gilt der Grundsatz der Eins-zu-eins-Betreuung.

Mit acht Gästen ist die Gruppe voll

Der persönliche Rahmen bleibt aber gewahrt: „Mit sieben, höchstens acht Gästen ist die Gruppe voll“, sagt Regine Gienger. Platz gibt es im „Treff am Markt“ genügend. Auf den Tischen liegen Malsachen bereit: Wasserfarben, Pastellkreide und Buntstifte, daneben vier Mappen, in denen die Teilnehmerinnen wie auch Giengers jeweils ihre Werke sammeln. Abstrakte Bilder mit kräftigen Farben sind ebenso dabei wie filigran Gezeichnetes oder Motive wie aus dem Malbuch. Die Frauen malen, wonach ihnen der Sinne steht, ab und zu gibt Kunsttherapeutin Gienger einen Impuls oder einen Tipp, zeigt ihnen auch manchmal eine Technik.

Vor dem Malen stärken sich alle mit Kaffee und köstlichen Kuchen, die Woche für Woche, schon von Anfang an, vom Café Morlock gespendet werden. Nebenbei sammelt Regine Gienger die Assoziationen zu einem großen, frühlingshaften Kalenderfoto. Man redet über den Mai, den Maibaum. „Einfach mal senkrecht stellen, zack“, fällt Anita G. dazu ein, „und man tanzt drumherum“. Es gibt einiges zu lachen in der Runde. Kunsttherapeutin Gienger notiert Stichpunkte auf Kärtchen, damit alle zusammen am Monatsende eine gemeinsame Geschichte daraus basteln können. „Wir müssen mal ein Buch draus machen“, findet Gottfried Gienger.

Gemeinsam gärtnern

Gartenarbeit haben Giengers ebenfalls mitgebracht, nicht nur symbolisch, sondern ganz handfest. Gemeinsam am Tisch werden Pflanztöpfchen mit Blumenerde befüllt, Samen und Bohnen reingegeben. Die Töpfchen, mit dem Namen beschriftet, werden Giengers am Ende mit nach Hause nehmen, hegen und pflegen und jede Woche wieder mitbringen, damit alle gemeinsam den Fortschritt sehen können.

Reinschnuppern ist möglich

Gäste
„Miteinander“ ist ein Nachmittag für Menschen mit demenzieller Erkrankung, jeden Dienstag von 14 bis 17 Uhr im „Treff am Markt“ in Plochingen. Interessierte beziehungsweise ihre Angehörigen werden gebeten, zunächst Kontakt mit Karin Krämer bei der Stadt Plochingen aufzunehmen, Telefon 0 71 53/ 7 00 52 11, k.kraemer@plochingen.de. Ein Schnuppernachmittag ist möglich. Die Kosten liegen bei 25 Euro pro Nachmittag, können aber mit der Pflegekasse abgerechnet werden.

Helferinnen und Helfer
Auch weitere Ehrenamtliche sind willkommen. Sie unterstützen im Wechsel, wenn weitere Gäste dazukommen. Die Freiwilligen erhalten zunächst eine grundlegende Schulung. Außerdem findet jährlich eine Fortbildung für alle Ehrenamtlichen statt, egal, ob sie aktuell im Einsatz sind oder nicht.