US-amerikanische Ärzte haben vor 60 Jahren Menschen in Guatemala ohne deren Wissen mit Syphilis infiziert.    

Korrespondenten: Klaus Ehringfeld (ehr)

Guatemala - Es waren Menschenversuche zu Zeiten der Nürnberger Prozesse. Während die USA in Nachkriegsdeutschland die Nazischergen aburteilten, infizierten US-Ärzte in Guatemala Menschen mit Syphilis und Tripper, um die Wirkung von Penicillin zu testen. Dies geht aus dem Bericht einer Untersuchungskommission hervor, die US-Präsident Barack Obama eingesetzt hatte und deren Ergebnisse Anfang dieser Woche bekannt wurden.

 

Demnach setzten die Mediziner in den 40er Jahren im Auftrag der US-Gesundheitsbehörden in Guatemala 5500 Testpersonen ohne deren Wissen medizinischen Experimenten aus. Die Forscher infizierten 1300 von ihnen mit den ansteckenden Geschlechtskrankheiten. 83 sind dabei gestorben. "Diejenigen, die von den Versuchen wussten, wollten sie geheim halten, denn sie wussten, dass es unmoralisch ist und es öffentliche Kritik geben würde", sagte die Professorin Amy Gutman, Leiterin der Untersuchungskommission.

Die Regierung von Guatemala wird sich entschuldigen

Guatemalas Vizepräsident Rafael Espada sagte am Dienstag, den 30. August, seine Regierung werde sich bei den Opfern der Menschenversuche entschuldigen, denn an den Experimenten in den Jahren 1946 bis 1948 hätten auch einheimische Ärzte teilgenommen.

Die Versuche leitete allerdings der US-Amerikaner John Cutler. Er hatte ähnliche Versuche zuvor bei Häftlingen in einem US-Gefängnis gemacht. Anders als die Menschen in Guatemala wurden die Gefangenen aufgeklärt. Sie beteiligten sich freiwillig. Bei den Versuchspersonen in Guatemala handelte es sich um Waisenkinder, Ureinwohner, Behinderte, Soldaten und Prostituierte.

"Experimente des Teufels"

Bisher sind nach Angaben von Vizepräsident Espada fünf Überlebende gefunden worden. Sie wussten nicht, warum sie erkrankt seien. Eine von ihnen ist Marta Lidia Orrellana. Sie wurde als zehnjähriges Waisenkind mit Syphilis infiziert. Die 74-Jährige leidet bis heute unter der Krankheit. Ständige Schmerzen, Blut im Urin, Bluthochdruck, Gelenk- und Muskelschmerzen sind nur einige der Symptome, unter denen sie und die anderen Versuchskaninchen bis heute leiden.

Der Rechtsanwalt Rudy Zuriga vertritt Marta Orellana und andere Opfer und nennt die Menschenversuche die "Experimente des Teufels". Er hat die USA verklagt. Dabei gehe es nicht nur um Geld, sondern auch darum, den Opfern ihre Würde wiederzugeben, betont der Anwalt. US-Präsident Barack Obama entschuldigte sich bereits im Oktober für das Unrecht im Namen der US-Forschung, nachdem die Medizinhistorikerin Susan Reverby aus Boston den Skandal beiläufig bei Recherchen in einem Archiv entdeckt hatte.

 Die Erkenntnisse der Versuche sollten dabei helfen, erkrankte US-Militärs besser versorgen zu können. Die Menschenversuche seien "kein Unfall, sondern eine historische Ungerechtigkeit" gewesen, sagte die Leiterin der US-Untersuchungskommission, Amy Gutman. Die Täter hätten "nicht den geringsten Respekt für Menschenrechte und Moral" gezeigt.