Es soll ein Quantensprung für den Nahverkehr sein: Der Bauausschuss macht den Weg frei für den günstigen Tagestarif: Von August an kann jeder für drei Euro kreuz und quer durch die Stadt fahren. Andere Kommunen sollen nachziehen.

Ludwigsburg - Lange Zeit wurde darum gerungen, nun soll es schnell gehen: Von August an wird es speziell in Ludwigsburg ein günstiges Busticket geben. Das hat der Bauausschuss im Gemeinderat am Donnerstag einstimmig beschlossen. Geplant ist die Einführung eines Tagestickets für drei Euro sowie eines Gruppentickets für bis zu fünf Personen für sechs Euro. Zurzeit kostet ein Ticket, das lediglich für eine einzelne Fahrt gilt, im Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) 2,50 Euro und ein Gruppentagesticket 12,30 Euro.

 

Das ursprünglich von den Ludwigsburgern gewünschte Ein-Euro-Ticket wird dagegen nicht kommen, weshalb einzelne Stadträte denn auch von einem Etappensieg sprachen. Etappensieg oder Etappenziel? Der Baubürgermeister legte gesteigerten Wert auf eine Unterscheidung: Ein Sieg werde gegen jemand errungen, so Michael Ilk, hier aber sei man doch gemeinsam einem Ziel näher gekommen. So sah es dann auch die Mehrheit der Stadträte – auch wenn Kritik laut wurde. „Es hat zweieinhalb Jahre Diskussion und fünf Anträge der SPD gebraucht, bis wir so weit gekommen sind“, sagte etwa Margit Liepins, die Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten. Denn die Stadtverwaltung habe bei dem Vorhaben zunächst nicht mitgezogen.

„Das ist nicht ganz, was wir wollten“

Die Einführung eines günstigen VVS-Tickets in Ludwigsburg wird auch in der Region mit Interesse verfolgt. Die Stadt Esslingen plant ebenfalls, den Busverkehr nach einem ähnlichen Modell zu subventionieren. Bislang gibt es nach Angaben des VVS in 15 meist eher kleineren Städten vergünstigte ÖPNV-Tickets: In Herrenberg (Kreis Böblingen) kostet ein Einzelfahrschein 1,80 statt 2,50 Euro und das Viererticket sieben statt der regulären 9,50 Euro. Die Kommune muss dafür 40 500 Euro an den VVS zahlen. In Eislingen (Kreis Göppingen) gibt es gar ein Ein-Euro-Ticket.

Sie bedaure, dass die nun gemeinsam mit dem VVS gefundene Lösung kein Einzelfahrtangebot enthält, sagte Liepins, sie freue sich aber darüber, dass der Kompromiss rasch umgesetzt werde. Auch die Grünen-Stadträtin Christine Knoß meinte, „es ist nicht genau das, was wir wollten“. Dennoch verspreche sie sich davon eine Entlastung der Straßen: „Auch die Innenstadt kann davon profitieren.“ Für Andreas Rothacker (Freie Wähler) gilt: „Die Hauptsache: kein Tarifdschungel.“

Dirk Dietz, Bereichsleiter Tarife beim VVS, versicherte, dass die Tarifanpassung im gesamten Verbundgebiet wohl 2020 kommen werde. Das System soll vereinfacht, die Zonen sollen ausgedehnt werden. Mit anderen Worten: Auch das Ticket im Verbund wird günstiger. Offen sei indes, wer die Kosten dafür trage. „Bis dahin werden noch viele Gespräche mit der Stadt Stuttgart, den Landkreisen und dem Verband Region zu führen sein“, sagte Dietz. Maik Stefan Braumann (CDU) sieht wegen der Reform Millionenkosten auf die Stadt Ludwigsburg zukommen.

Zu erfolgreich?

Die Kosten für das günstige Ticket im Ludwigsburger Stadtgebiet werden derzeit auf bis zu 700 000 Euro pro Jahr veranschlagt. Damit könne man leben, meinte Braumann. Wenn aber die allgemeinen Tarife von 2020 an günstiger würden, ändere sich die Geschäftsgrundlage. Darüber könne man noch diskutieren, wenn es so weit sei, meinte Ilk. Das neue Konzept starte ohnehin als Modellprojekt und werde zunächst nur bis Ende 2019 getestet.

Bis dahin habe man genug Erfahrung gesammelt, um gegebenenfalls nachzubessern oder die Sache ganz auszusetzen. „Ich hoffe nicht, dass es so kommt wie vor 20 Jahren“, sagte Elga Burkhardt (Lubu). „Damals hatte die Stadt Ludwigsburg schon einmal ein günstiges Busticket eingeführt.“ Das Experiment sei aber schon nach einem Jahr wieder eingestellt worden. „Es war zu erfolgreich und damit der Zuschussbedarf zu hoch“, sagte Burkhardt.

Doch die Mehrheit der Stadträte glaubt nicht an ein Scheitern, sondern denkt stattdessen über weitere mögliche Vergünstigungen nach. Etwa an komplett freie Busfahrten an Samstagen – oder eben doch noch den Einzelfahrschein für 1,50 Euro. Bislang lehnt der VVS das Einzelticket ab. Der Verband befürchtet, dass die Busfahrer vor lauter Ticketverkauf nicht mehr den Fahrplan einhalten könnten.