Er war der "Baumeister der Demokratie". Am Montag ist der Architekt Günter Behnisch gestorben. Ein Nachruf.

Stuttgart - Leicht, heiter, ungezwungen, frei - es sind immer besonders emotionale Töne, die bei der Beschreibung der Architektur Günter Behnischs angeschlagen werden. Solche Attribute sind verdiente Komplimente für unzählige Bauten, die tatsächlich nie jemanden abgeschreckt, eingeschüchtert oder womöglich eingeengt haben. Orte zum Durchatmen, einladende Räume, offene Häuser hat Günter Behnisch geschaffen, der am Montag Morgen nach einem langen und beispiellos erfolgreichen Architektenleben in seinem Wohnhaus in Stuttgart-Sillenbuch im Alter von 88 Jahren gestorben ist.

Dass transparente Glasfassaden etwas mit "demokratischem Bauen" zu tun haben, ist wohl das größte Missverständnis und die einfältigste Verkürzung, die es im Zusammenhang mit seinem Werk zu verzeichnen gibt. Zu Recht wird Behnisch in Deutschland immer als "Baumeister der Demokratie" gelten. Aber nicht etwa, weil man in seinen 1992 fertiggestellten und leider viel zu kurz als solchen genutzten Plenarbereich des Bundestags in Bonn von außen hineinschauen konnte. So schlicht war seine Botschaft nicht. Sein Verständnis vom angemessenen Bauen in der Demokratie formulierte der Architekt anders und durchaus komplexer.

Ihm ging es um eine Architektur, die, wie er sagte, nicht unbedingt recht haben will, darum, dass Bauten eine offene, humane Gesellschaft und einen Staat repräsentieren, der sich nicht selbst überhöht. Diese Eigenschaften attestierte er Bauten wie der deutschen Vertretung in Washington von Egon Eiermann oder dem deutschen Expo-Pavillon für Montreal der Stuttgarter Kollegen Frei Otto, Rolf Gutbrod und Fritz Leonhardt, die trotz ihrer repräsentativen Bedeutung allesamt ohne jegliche autoritäre Geste auskamen. Die gleichen Qualitäten nahm er auch für eines seiner eigenen Schlüsselwerke in Anspruch: den in Zusammenarbeit mit Frei Otto 1972 vollendeten Olympiapark in München, der ihm zu weltweiter Anerkennung und der Bundesrepublik zu einem neuen gebauten Selbstbild verhalf.

Die frühen Jahre standen ganz im Zeichen des Schulbaus


Günter Behnisch wurde 1922 in Lockwitz bei Dresden geboren und wuchs in Chemnitz auf. Nach Kriegseinsatz und Gefangenschaft kam er 1947 zum Architekturstudium nach Stuttgart. Nach dem Diplom und kurzer Tätigkeit für Rolf Gutbrod 1952 eröffnete er sein eigenes Büro in Sillenbuch, das er in wechselnden Konstellationen jeweils mit einem oder mehreren Partnern führte. In neuer Form und mit neuen Partnern besteht dieses noch heute unter Leitung seines Sohnes Stefan Behnisch mit Niederlassungen in Stuttgart und München sowie an der Ost- und Westküste der USA.

Die frühen Jahre des Büros standen ganz im Zeichen des Schulbaus. Seit den fünfziger Jahren entstanden zahlreiche Gebäude, die mit ihren entweder freien, pavillonartigen Grundrissen oder durch die Anwendung innovativer Konstruktionsweisen mit Betonfertigteilen für die damalige Zeit richtungweisend waren - darunter das Hohenstaufengymnasium in Göppingen, die Vogelsangschule in Stuttgart, das Progymnasium in Furtwangen oder das mehrfach erweiterte Schulzentrum in Lorch.