Die Gitarre, ein zentrales Instrument der zeitgenössischen Musik, bietet ungeheuer viele Facetten – das haben zehn Virtuosen bei der „Guitar Night“ der Kunststiftung Baden-Württemberg gezeigt.

Stuttgart - Es ist kein Geheimnis, dass sich auf vier bis sieben Saiten allerlei musikalisch anstellen lässt, doch selten gibt es einen derart geballten Querschnitt zu hören wie nun wie bei der „Guitar Night“ der Kunststiftung Baden-Württemberg. Zehn sehr unterschiedliche Virtuosen haben dort am Freitagabend äußerst facettenreich Akustik-, E- und Bass-Gitarren gespielt – wegen Corona und der Enge im Haus ohne Live-Publikum in einem kurzfristig auf die Beine gestellten Live-Stream.

 

Der ist, gerade weil unverstellt und handgestrickt, sehr sehens- und hörenswert. Der Bassist Fabian Wendt führt da atmosphärische Kompositionen mit Raumklang vor, der Stuttgarter Jazz-Gitarrist Christoph Neuhaus im Trio seinen makellosen Ton und seinen ungeheuren Sinn für Melodiösität. Die Gitarristin, Sängerin, Komponistin, Arrangeurin und Bigbandleaderin Monika Roscher schichtet mit einem Looper Gitarrenparts übereinander und singt dazu, die Ulmer E-Gitarristin Yasi Hofer, heute 28, durfte schon als Fünfzehnjährige zu ihrem Idol Steve Vai auf die Bühne und macht nun selbst flitzefingrige Rock-Fusion.

Absagen war keine Option

Angie Taylor, Absolventin und Dozentin an der Mannheimer Popakademie, erzeugt und manipuliert live technoide elektronische Tanzrhythmen, die Themen dazu spielt sie parallel auf einem E-Bass – mit Publikum wäre der Abend spätestens bei dieser Performance zur Tanzveranstaltung geworden. Der Tübinger Klangforscher Thomas Maos entlockt der Gitarre Töne, die man von ihr nicht vermutet, und nutzt dabei allerlei Effekte und Verfremdungsmittel.

Silas Bischoff aus Pforzheim zeigt, wie betörend barocke Klänge auch heute noch wirken, wenn man wie er in der Lage ist, sie auf einer Laute zu spielen. Allein mit seinem Kontrabass erzeugt der Landesjazzpreisträger Axel Kühn (Tübingen) Emotionen und Stimmungen, Thilo Ruck zeitgenössische Experimentalmusik mit sphärischen Arpeggios und sehr freier Improvisation mit übersteuertem E-Gitarrensound.

„Alle haben sich wahnsinnig darauf gefreut, alle wollten unbedingt spielen“, sagt Bernd Milla, der Organisator des Abends und Leiter der Kunststiftung. „Absagen war deshalb keine Option – wir sind froh, dass wir den Live-Stream hinbekommen haben.“ Sollte die Pandemie irgendwann enden, würde sich eine Zweitauflage mit Live-Publikum lohnen – dann vielleicht mit Angie Taylor als abschließendem Programmpunkt und direktem Übergang in eine wilde Party.