Hat das Verkehrsministerium ein projektfreundliches Gutachten zu Stuttgart 21 absichtlich zurückgehalten? Davon geht Projektsprecher Wolfgang Dietrich aus und zeigt sich enttäuscht. Das Verkehrsministerium weist den Vorwurf zurück.

Hat das Verkehrsministerium ein projektfreundliches Gutachten zu Stuttgart 21 absichtlich zurückgehalten? Davon geht Projektsprecher Wolfgang Dietrich aus und zeigt sich enttäuscht. Das Verkehrsministerium weist den Vorwurf zurück.

 

Stuttgart - Der Sprecher des Bahnvorhabens Stuttgart 21, Wolfgang Dietrich, hat sich enttäuscht über das Zurückhalten eines projektfreundlichen Gutachtens durch das Verkehrsministerium gezeigt. Dass dieses eine von ihm selbst in Auftrag gegebene Expertise zu Personenströmen im alten und geplanten Bahnhof nicht veröffentlicht habe, belaste die Kooperation der Projektpartner „gewaltig“, sagte Dietrich am Donnerstag in Stuttgart. „Ich hatte gedacht, diese Art des Umgangs gehört der Vergangenheit an.“ Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) ist einer der vehementesten Kritiker des bis zu 6,5 Milliarden Euro teuren Umbaus des Bahnknotens Stuttgart. Sein Ministerium weist den Vorwurf der Geheimniskrämerei zurück.

Die Ergebnisse der Personenstromanalyse von PTV seien keineswegs nur S-21-freundlich, betonte Hermanns Sprecher Edgar Neumann. Denn der dabei untersuchte Komfort des Bahnhofs hänge sehr von der künftigen Zahl der Fahrgäste ab. „Wird der angenommene Zuwachs an Fahrgästen zugrunde gelegt, wäre der Tiefbahnhof für die Bahnkunden weniger komfortabel als es der Kopfbahnhof heute ist“, hieß es. Laut Dietrich bestätigt die Expertise aber ein früheres, damals von S-21-Gegnern heftig attackiertes Gutachten der Bahn aus dem Jahr 2009.

Die PTV-Gutachter kommen in dessen Bewertung zu dem Schluss, dass deren Ergebnisse korrekt seien. Es seien keine handwerklichen Fehler zu erkennen. Das Ministerium hatte das Papier mit der Begründung unter Verschluss gehalten, es gebe möglicherweise noch ergänzenden Untersuchungsbedarf und eventuell Kritik an der Methodik.

Juchtenkäfer in sechs Bäumen entdeckt

Unterdessen macht der Artenschutz den Projektmanagern des bis zu 6,5 Milliarden Euro teuren Vorhabens weiterhin zu schaffen. In sechs Bäumen an einer innerstädtischen Baustelle ist eine Population der seltenen Juchtenkäfer entdeckt worden. Wenn die Bäume nicht in der Fällperiode zwischen Oktober dieses und März nächsten Jahres gerodet werden könnten, werde es zu teuren Bauverzögerungen kommen. Dietrich: „Wenn der Artenschutz so wie in Stuttgart gehandhabt wird, dann wird es keine Stromtrasse zwischen Norddeutschland und Bayern geben.“

Der Umgang der Bahn mit geschützten Tierarten wie Juchtenkäfer und Zauneidechsen zeigt aus Sicht des BUND, dass sie das Thema immer noch auf die leichte Schulter nehme. Auch der Bauherr Bahn müsse sich an Recht und Gesetz halten.

Weiterer kritischer Punkt ist laut Dietrich die noch fehlende Baugenehmigung für den Filderbereich mit dem Flughafenbahnhof, um die sich die Bahn seit 2002 bemüht. Kommt sie nicht Anfang 2015 sei die Inbetriebnahme des neuen Bahnknotens 2021 in Gefahr.

Ansonsten sind die Bauarbeiten für das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm aus Sicht des Kommunikationsbüros gut vorangekommen, nicht zuletzt wegen der Bündelung von Aufgaben in der neuen Projektgesellschaft. Drei Tunnelanschläge stehend demnach in den nächsten Monaten an, und in der Frage der Verkehrsführung während des Baus des Abwasserkanals unter dem Bahnhofstrog seien Stadt und Bahn einig. Für die von der Bahn beantragte Entnahme einer höheren Grundwassermenge werde Mitte 2014 eine Genehmgiung erwartet. Der Spatenstich für die Bahnhofsgrube soll ebenfalls im Sommer erfolgen.