Es ist auch in Stuttgart noch zu finden, ein echtes Zuhause für Punk und Rock. Seit sieben Jahren dreht das Goldmark's die Verstärker und Zapfhähne auf. Schon vom ersten Tag an gilt: Wenn es nicht Rock'n'Roll ist, wird es nicht gespielt!

Stuttgart - Wäre Stuttgart eine Schulklasse und das Goldmark‘s einer der Mitschüler, dann wäre es der coole Draufgänger mit Lederjacke, Tolle, Prinzipien und Idealen, ein Kerl, auf den selbst die Streberinnen stehen ohne es jemals zugeben zu würden. Ein Rocker durch und durch eben, ein Rebell, der auf das pfeift, was gerade angesagt ist, und einfach sein eigenes Ding macht. Schlechte Noten? Na und. Ich bleib‘ lieber noch an der Theke. Gleich kommt bestimmt was von den Ramones!

 

Läden dieser Art sind in Stuttgart rar, das weiß auch der Geschäftsführer Michael Brunner. Vielleicht hängt sich der 40-Jährige auch deswegen Woche für Woche so rein. Weil er selbst für Rock brennt, für Vinyl, für alles eben, was mit Gitarre, Bass und Schlagzeug zu tun hat. Typen wie er sind in Stuttgart in Gold aufzuwiegen, weil sie sich und ihrem Publikum treu bleiben. Sein Laden am Charlottenplatz hat sich in den letzten Jahren von einer Außenseiter-Location zum Fixstern am Rock‘n‘Roll-Himmel entwickelt, ein Club, in dem Bands gern live spielen und danach unbedingt wiederkommen wollen, in dem noch Wert auf eine klare Linie und ein vertrautes Miteinander gelegt wird. Wer hier auflegt, hat das gefälligst mit Vinyl zu tun.

Am 30. April feiert Stuttgarts feinster Rock‘n‘Roll-Schuppen seinen siebten Geburtstag. Mit lauter Live-Musik, rotierenden Plattentellern, Bier und der schönen Gewissheit im Nacken, dass der nächste Tag ein Feiertag ist. Live gibt's dann unter anderem Brunners eigene Band Supermug - ebenjene Punk-Bande also, die schon bei der Eröffnung des Ladens zu sehen war. Im Vorfeld der Feierlichkeiten haben wir uns mit dem auf ewig Käppi tragenden Betriebsleiter des Goldmark‘s sowie dessen großen Bruder Universum im gleichen Gebäude nebenan, unterhalten.

Glücksfall mit lauten Gitarren

Anfangs half uns sehr, dass wir in denselben Räumlichkeiten wie das Universum untergebracht sind. Für ein gewagtes Nischenkonzept wie das Goldmark‘s war das ein großer Vorteil – zumal es die ersten zwei, drei Jahre so dürftig lief, dass wir das ohne diesen Rückhalt gar nicht geschafft hätten. Mittlerweile ist das besser geworden, ab und zu verdienen wir sogar Geld mit dem Laden. Ich weiß aber nicht, ob sich das Goldmark‘s tragen könnte, wenn man es jetzt irgendwo anders zu einem aktuellen aufgerufenen Mietpreis hinsetzen würde.

Money killed the Rock‘n‘Roll Star?

Wenn ich höre, wie schwierig es die Leute hinter Läden wie dem Schocken oder dem Zwölfzehn gerade bei der Suche nach einer Location haben, wird mir ganz anders. Wie soll man Mieten von 10 bis 20.000 Euro reinholen, wenn man nach der gängigen Regel „Pacht mal acht“ geht? Mit Bier und Rock‘n‘Roll ist das fast unmöglich. Das hat man auch am Zwölfzehn gesehen, das einst als „Homebase of Rock‘n‘Roll“ galt und beim Programm irgendwann große Kompromisse eingehen musste. Leider, wenn auch verständlich.

Reiner Eigennutz

Ich habe das Goldmark‘s aufgemacht, weil ich es irgendwann satt hatte, dass die Bands oder DJs, die ich sehen oder hören wollte, einfach nicht in Stuttgart spielen. Und wenn ein Club einen DJ wie JensOmatic zwingt, Frittenbude zu spielen, damit die Kids im Laden bleiben, verstehe ich das auch. Also war die Gründung des Goldmark‘s reiner Eigennutz. Es ist ein Rock‘n‘Roll-Schuppen, wie ich ihn mir vorstelle. Deswegen hänge ich früher oder später immer in meinem eigenen Laden rum – selbst wenn ich eigentlich frei habe. Und wenn es irgendwann dann mal doch nicht funktionieren sollte, haben wir immerhin das gemacht, worauf wir Bock hatten!

Das Rock‘n‘Roll-Diplom

Ich wäre vermutlich gar nicht mehr im Nachtleben unterwegs, wenn es das Goldmark‘s nicht geben würde. Ich bin viel rumgekommen, habe in vielen Läden gearbeitet und weiß genau, dass mir bei Goa- oder Schlagerpartys irgendwann die Motivation abhanden gekommen wäre. Dann hätte ich wahrscheinlich noch mal einen „richtigen“ Beruf ergriffen. Ich habe Sportökonomie sowie BWL/Marketing studiert und auch zwei Diplome in der Schublade. Jetzt ist es eben das Rock‘n‘Roll-Diplom geworden – als Musiker, Barkeeper, Veranstalter und Clubbetreiber.

Konzerte, Konzerte, Konzerte

Wir haben im Goldmark‘s locker 500 Konzerte veranstaltet. Unter vielen besonderen Momenten stechen immer die Konzerte der Monsters hervor, die locker auch das Uni füllen könnten, aber trotzdem lieber hier spielen. Oder die Hardcore-Legende D.R.I., für die die Fans um die halbe Welt fliegen. Oder King Khan, das war wirklich großartig. Am 4. Juni freue ich mich riesig auf Slim Cessna‘s Auto Club, die machen wahnsinnig geile Musik.

Willkommen im Biotop

Wir haben kein Laufpublikum, was sowohl Nach- als auch Vorteil ist. Nachteil, weil dadurch natürlich potentiell weniger Leute im Laden sind, Vorteil, weil dadurch die Gäste nur gezielt zu uns kommen. Das heißt: Alle wollen dasselbe, Stress gibt es deswegen nur ganz punktuell. Wir kennen die Situation nicht, dass beispielsweise ein Rocker aus der Rockfabrik in irgendeinem Laden an einen Druffi von der Electro-Party gerät, mussten in den sieben Jahren nur einmal den Notarzt rufen. Öfter als einmal im Jahr müssen wir nicht die Polizei rufen. Bei uns passen die Gäste wirklich noch selbst aufeinander auf. Klingt immer doof, aber es ist sehr familiär bei uns. Ich meine, selbst die Bands benehmen sich. Und wenn doch mal ein Mikro von der Bühne verschwindet, dann war es nur ein Versehen und wir bekommen es eine Woche später per Post zugeschickt. Ein echtes Rock‘n‘Roll-Biotop eben.