Von Metal über Punk bis Hardcore reicht die Zutatenliste fürs Live-Programm im Jugendhaus West. Zur Wiedereröffnung lässt Booker Florian Eymer die schönsten (lautesten?) Momente Revue passieren.

Stuttgart – Endlich wieder Krawall im Jugendhaus West! Aber nein, wir meinen natürlich nicht Kids, die sich nach der Schule in die Haare kriegen. Wir meinen natürlich die Live-Konzerte, die durch die unumgängliche Sanierung des Gebäudes viel zu lange flachfielen. Verantwortlich für den zünftigen Lärm am Abend ist ein tätowierter junger Mann namens Florian Eymer. Der Kutten- und Käppiträger arbeitet seit elf Jahren Vollzeit hier im „Juha West“, wie jeder sagt, kümmert sich neben der Jugendarbeit auch um die ganz harten Jungs. Punk, Metal oder Hardcore spielen die Bands, die hier durchkommen, oft auch eine wunderbar wüste Mischung dieser extremen Spielarten.

 

Bevor es am 23. Juni endlich wieder mit Riff-Gewittern losgeht und das frisch sanierte Jugendhaus wieder unter klanglichen Beschuss genommen werden kann, haben wir uns mit Eymer aufs Juha-Sofa gelümmelt und über Kurioses, Rühriges oder Unvergessliches aus der Jugendhaus-Vergangenheit gesprochen. Eins steht fest: Für ein Jugendhaus hat der Schuppen schon mehr legendäre Gesichter gesehen und Abende verlebt, als man das gemeinhin vermuten würde. Umso besser also, dass es jetzt endlich weiter geht: Die Lücke, die Eymer als Booker und das Juha West als Veranstaltungsort in die Stadt geschlagen haben, hat man im vergangenen Jahr oft gespürt.

Friedliche Koexistenz

Oft haben wir noch Kids bei uns im Haus, wenn die Bands anreisen. Die sehen bei uns nun mal eher gewöhnungsbedürftig aus, lange Haare, Tattoos, schwarze Klamotten. Den Kids ist das aber egal. Vielleicht wundern sie sich darüber oder fragen beim Soundcheck einer Band auch schon mal, wieso die immer so viel schreien, aber ansonsten sind sie immer herrlich neugierig. Vor allem natürlich, wenn wir Bands aus den USA da haben. Da kann es schon mal sein, dass sie von den Kleinen angequatscht werden – auf deutsch natürlich. Wer abends noch da ist, kann sich auch gern mal ein paar Songs lang das Konzert anschauen. Schadet ja nicht, wenn sie sehen, was es noch so für Musik gibt.

Tattoo für lau

Bei unserer Veranstaltung Metal meets Artcore treffen verschiedene Bands auf Maler, Tattoo-Artists und andere Künstler. Ein Mitglied der Band Gnarwolves ließ sich kurz vor seiner Show tätowieren, sprang dann aber plötzlich auf ohne zu bezahlen, weil er auf die Bühne musste. Der Tätowierer wartete und wartete, doch der Kerl tauchte nach der Show einfach nicht mehr auf. Als er irgendwann nach dem Abbau ankam, sprach ich ihn darauf an – und er fühlte sich fürchterlich ertappt, weil er sich ums Bezahlen drücken wollte. Am Ende hat er dem Tätowierer dann aber doch seine Kohle gegeben.

Auch Rocker haben ein Gewissen

Als die schwedische Hardcore-Band Path Of No Return bei uns spielte, übernachtete sie danach auch in unseren Räumlichkeiten. Das ist nicht unüblich. Unüblich war da schon eher, dass der Backstage-Raum am nächsten Morgen picco bello aufgeräumt war. Die haben sogar gefegt! Also, normalerweise sieht der Raum nach der Übernachtung einer Band echt nicht so aus. Erst beim Aufräumen habe ich entdeckt, dass sie einen Träger aus der Decke rausgerissen haben. Und da muss man sich schon wirklich Mühe geben. Ich denke, sie haben aus schlechtem Gewissen so gründlich sauer gemacht.

Pasta zum Frühstück

Als die Ludwigsburger We Had A Deal bei uns Album-Release gefeiert haben, saßen wir alle nach dem Konzert noch ewig zusammen. Der Feierabend ging bis zum nächsten Morgen um halb sechs, als unser ehrenamtlicher Koch noch mal eine Pasta für alle zubereitet hat, die wir dann zum Frühstück im Sonnenaufgang gegessen haben.

Sport ist ihr Leben!

Wenn ich die Bands normalerweise im Backstage besuche, treffe ich fast immer das gewohnte Bild an: man hängt rum, trinkt ein Bier, entspannt sich. Nicht so bei Walls Of Jericho aus Amerika. Die Dame und die vier Typen hatten ein regelrechtes Fitnessstudio mit dabei und waren total heftig am Pumpen. Sieht man auch nicht alle Tage.

Heroen im Keller

Im September 2007, also vor fast zehn Jahren, spielten The Gaslight Anthem bei uns unten im kleinen Keller. Es waren so etwa 40 Leute da! Nicht schlecht für eine Band, die heute locker 2000 Leute holt.

Expertise der anderen Art

Als die New Yorker Hardcore-Legende Agnostic Front bei uns zu Gast war, kam mein Kollege Oli mit ihnen ins Gespräch. Oli hört diese Musik eigentlich überhaupt nicht, fand das alles aber so interessant, dass er danach von der Band das neue, noch unveröffentlichte Album über Kopfhörer vorgespielt bekommen hat und sogar nach seiner Meinung gefragt wurde. Kann auch nicht jeder von sich behaupten.