An diesem Wochenende feiert der Club Kowalski drei Tage lang und wie gewohnt mit elektronischer Musik sein fünfjähriges Bestehen. Für unsere Gute-Nacht-Geschichte springen Sasa Mijailovic und Mladen Behtan in die Zeitmaschine und erzählen, wie das alles begann.

Stuttgart - Aus ursprünglich zwei geplanten Jahren wurden fünf und es wird noch länger gehen: An diesem Wochenende feiert das Kowalski am Hauptbahnhof die vollendete halbe Dekade (drei Tage lang, mit der Brasilianerin Anna, den Residents und einer Afterhour). Die Kowalski-Macher Sasa Mijailovic und Mladen Behtan und ihr ganzes Team haben einen Club installiert, dessen Reputation seit Jahren wächst und weit über Stuttgarts Hügel hinaus in die Welt strahlt.

 

„Unser erster Vertrag lief nur zwei Jahre“, erzählt das Duo. Davon gingen allein acht Monate für den Umbau drauf. „Aussicht auf Verlängerung gab es natürlich, aber keineswegs sicher. Wir wollten aber, ein bisschen die Stadt verändern und wenn es nur 16 Monate sind!“

Das ist ihnen gelungen. Die Fanbase ist riesig, die Liebe noch größer und die Acts aus Deutschland und der ganzen Welt steigen gerne in diesen kleinen Abenteuerspielplatz aus zwei Räumen und zwei Terrassen herab. Das mag auch daran liegen, dass man im Laufe der Jahre immer wieder investiert hat, zum Beispiel in Anlage, Licht oder Look. Die Terrasse im Innenhof wurde stetig verfeinert und ist der Joker in den Sommermonaten. Keine Spur von Clubkrise an der Kriegsbergstraße 28.

Für unsere Gute-Nacht-Geschichte springen Sasa Mijailovic und Mladen Behtan in die Zeitmaschine und erzählen, wie das alles mit dem Kowalski überhaupt los ging. Oder: Eine Blaupause, wie man einen Club eröffnet.

Wie aus einer wagen Idee ernst wurde

Angefangen hätte es mit einem flapsigen Satz, erzählt Sasa Mijailovic: „Wenn du mal etwas Passendes frei hast, sag es mir, ich würde gerne einen Club machen.“ Der Spruch landete in den Ohren von Alexander Matthies (Raum auf Zeit), bei dem Sascha damals ein kleines Musikstudio in der ehemaligen Bahndirektion gemietet hatte – also direkt neben dem Kowalski-Gebäude. Matthies meinte daraufhin, ungefährer O-Ton: „Hätte ich sogar. Ich muss die Location nur noch jemand anderem zeigen. Wenn der es nicht möchte, darfst du sie sehen.“

Daraufhin hat Sascha seinen Kumpel Mladen Behtan angerufen. „Hast du Bock, mit mir einen Club zu machen? Eventuell habe ich eine Location.“ Mladen meinte nur: Warum nicht? Die beiden kannten sich von der Firma Heidelberg (Druckmaschinen) in Ludwigsburg. „Wir sind ab und an zusammen ausgegangen, beziehungsweise hat er mich oft zu meinen Gigs begleitet.“ Sasa war zu der Zeit schon als DJ in Stuttgart etabliert und Mladen hatte eigentlich die Idee, eine Soccerhalle zu eröffnen.

Daraufhin passierte erst mal: Nichts. Matthies hat die beiden wohl vergessen, vier Wochen zogen ins Land. Sasa ergriff die Initiative und rief ihn an, proaktiv in Bewerbungsneusprech. Hat sich gelohnt: Die anderen Kandidaten wollten den Laden nicht und man könne umgehend zur Besichtigung vorbeikommen. Echt jetzt? Es wurde ernst.

Der erste Besichtigungstermin

An einem Montag stehen die potentiellen neuen Clubbetreiber vor dem verwahrlosten Eingang an der Kriegsbergstraße 28. „Wir dachten uns nur: Genauso muss es wohl aussehen, wenn eine Location niemand haben möchte.“ Sie schlugen sich durch das Dickicht in die ehemalige Physiopraxis. Der Strom war abgestellt und sie erforschten die Räumlichkeiten mit der Taschenlampe.

„Wir haben die Pläne in die Hand genommen und uns durch ein Labyrinth aus Kabinen, Toiletten, Duschräumen - und keine Ahnung was alles - gehangelt. Es war einfach zu dunkel.“ Und dann, vielleicht der Moment überhaupt, als sie die Terrasse im Innenhof besichtigten: „Gehört die auch dazu?“ „Ja, klar“, meinte Matthies.

Tage der Entscheidung

Mladen und Sasa verließen das Gelände mit sehr vielen Eindrücken, die sie aber aufgrund des mangelnden Lichts nicht richtig zuordnen konnten. Sie haderten und es verging nochmal die ein oder andere Woche, bis der Entschluss feststand: „Entweder jetzt oder nie!“ Prompt stand die nächste Frage im Raum: „Haben wir Kohle? Nein. Haben wir Ahnung? Nicht wirklich.“

Sasa hatte vor seiner DJ-Karriere hinter verschiedenen Stuttgarter Bartresen etwas Gastro-Erfahrung gesammelt. „Was viel wichtiger war und ist: Wir hatten Bock und auch sofort eine Vorstellung, was wir genau an diesem Ort haben möchten. Ein Club, der hochwertige elektronische Musik für erwachsene Menschen bietet.“ Und so begann es.

Der Umbau

Besser gesagt, so begann nach der Vertragsunterzeichnung und der Schlüsselübergabe eine achtmonatige Umbauphase. „Es hat einen kompletten Monat gedauert, den Laden auszuräumen. Wir sind gefühlte 500 Mal zum Karle (Recycling-Stelle, d. Red.) nach Feuerbach gefahren, um den ganzen Scheiß zu entsorgen.“ Zwischenzeitlich mussten sie lernen, „dass wir uns um so 'blöde Dinge' wie einen Bauantrag, Parkplätze, Lärmschutzgutachten und vieles, vieles mehr kümmern mussten.“

Da ist er wieder, der berühmte "Kein-Ponyhof". Nichts lief richtig gut während dieser Phase, aber man hätte Hürde für Hürde genommen und sich in die Materie eingearbeitet, bis sie schließlich am 18. August 2012 sagen konnten: „Unser Wohnzimmer, unser Kowalski. Ohne die vielen freiwilligen Helfer hätten wir es nie geschafft.“

Der Name

Warum eigentlich Kowalski? „Wir haben wochenlang über den Namen nachgedacht und Idee für Idee verheizt. Nichts davon hat uns hundertprozentig überzeugt.“ Eines Abends lief bei Sasa daheim, wirklich unbeabsichtigt, wie er betont, die Dailysoap „Verliebt in Berlin“. „Auf ein mal hörte ich den Namen Rokko Kowalski." Die Figur wurde gespielt von Schauspieler Manuel Cortez. „Da dachte ich, cooler Name irgendwie, hat was.“ Am nächsten Tag hat er damit prompt seinen Partner konfrontiert: „Kowalski!“ „Bitte, was?“ „Na, der Name für den Club! Kowalski ist doch fett!“ Liebevolle Varianten sind heute zum Beispiel Herr Kowalski, die Kowalskis oder nur Kowa.

Die Eröffnungsfeier

Matchday, Opening und Vollalarm am besagten 18. August 2012. Im brandneuen Laden Peaktime und voll, vorm Eingang bildete sich eine Schlange. Ein Opening wie aus dem Lehrbuch - fast. Denn es tauchten ganz besondere Gäste auf: „Gegen 1:30 Uhr stehen plötzlich circa zwanzig Polizisten vor dem und im Kowalski.“ Die Herrschaften wollen die Konzession sehen, die Musik musste vorerst ausgemacht werden. Daraufhin antwortete Sasa: „Ja gerne, nächste Woche dann, wenn wir sie haben.“

Lässig, kann aber böse ins Auge gehen. Man war sich seiner Sache ziemlich sicher, denn die Konzession lag vor - nur nicht in Schriftform im Club selbst. Und genau das wusste auch die Polizei. „Im letzten Moment kam ein Herr vom Amt für öffentliche Ordnung, der eine Email abrufen konnte und dann das Go gab: Alles klar, die Genehmigung liegt vor, wurde nur noch nicht zu Papier gebracht. Wir ziehen ab!“

Während dem Behörden-Prozedere im Club verbreitete sich in der Stadt die vermeintliche „Breaking News“, dass das Kowalski am ersten Abend schon wieder schließen müsse, erzählt das Betreiberduo und muss heute darüber lachen: „Danach ging die Openingparty erst richtig los! Komischerweise hatten wir niemals Bedenken, dass es mit der Konzession nicht klappen könnte. Vielleicht hatten wir einfach auch nur während der achtmonatigen Umbauphase keine Zeit, um darüber nachzudenken.“

Und seitdem werden die Partys jedes Mal heftiger und das Kowalski läuft immer besser. Und es wird dem Stuttgarter Nachtleben noch einige Zeit erhalten bleiben. Die nächste Vertragsverlängerung ist kurz vor dem Abschluss.

Fünf Jahre Kowalski Freitag, 18. August bis Sonntag, 20. August
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