From Kottan with Love: Barfrau Nina Dias da Silva serviert nicht nur mehr oder weniger hochprozentige Drinks, sondern diesmal auch eine Gute-Nacht-Geschichte, die es in sich hat - wortgewandt, witzig, in Warpgeschwindigkeit. Danke. Bitte!  

Stuttgart - Gute-Nacht-Geschichten gehen ihr gut von der Hand: Nina Dias da Silva schreibt für Kessel.TV und die Single-Plattform "Im Gegenteil", denkt nicht lange nach, haut noch schneller in die Tasten - aber mal ganz locker flockig aus dem FF. Denn Nina knows. Warum? Weil sie das Nachtleben eben kennt - fast so gut wie ihre uni-farbene Westentasche, aber eben nur fast. Kein Wunder nennt die 27-Jährige das Kottan ihr zweites Zuhause, denn das ist mehr als oft der Ort des Geschehens, wo aus gewöhnlichen Abenden ungewöhnliche Storys werden.

 

Und genau dort arbeitet der wortgewandte Schreiberling seit Jahren - hinter der Theke, mit Unterbrechung. Denn nach Stuttgart musste einfach mal Berlin her. Ganz untypisch für die Schwaben. Späßle g'macht. In der Hauptstadt zeigte sich die studierte Linguistin aber "mega ausgeh-faul". Kein Spaß und zwar beides. Und das Heimweh wuchs, das Städtle wurde vermisst und schon hatte sich Nina aus dem dicken B wieder verpisst. 

Trainee, Job, Kündigung und Auszeit folgten. "Ich wollte für mich einfach genügend Zeit haben, um eigene Dinge auszuprobieren und zu schauen, wohin geht's für mich persönlich." Und auf die Frage: "Bereust du's?" kennt Nina nur eine Antwort: "Nein, ich habe alles richtig gemacht!" Und das ist auch gut so. 

Fast so gut, wie die Geschichten, die jetzt folgen. 

Immer eine gute Idee

Offenes Geheimnis: DJs verlassen selten nüchtern ihren Arbeitsplatz. Den schönsten Abgang machte einer Ende letzten Jahres. Nach einem kurzen After-Work-Talk und einem letzten Feierabendbier schaute er nach draußen und meinte: „So, ich fahr' jetzt mit dem Fahrrad heim.“ Ich: „Sicher, dass das eine gute Idee ist? Wenn dich die Polizei erwischt, kannst du auch beim Fahrradfahren deinen Führerschein verlieren.“ Er, funkelt mich an und in seinen Augen liegt das Wissen, dass er klar im Vorteil ist. „Das ist kein Problem. Meinen Führerschein habe ich gar nicht dabei.“

Auch keine Getränke mehr?

Mit wem, glaube ich, jeder schon Erfahrungen gemacht hat, sind Gäste, die genau dann in den Laden kommen, wenn man schon zumacht. Die können manchmal verständnisvoll sein, manchmal hartnäckig und manches Mal auch ungewollt komisch. Es ist Wochenende und nach drei Uhr: das Licht ist an, die Musik aus, die meisten Stühle sind schon aufgestuhlt und alle sind emsig mit sauber machen beschäftigt. Zwei Mädels betreten den Laden. Legen erst mal ihre Jacken ab, stellen sich an die Bar und machen einen schnellen Bargeld-Check. Der scheint nicht sonderlich gut ausgefallen zu sein, denn diese Frage von Mädchen 1 folgt: „Kann man bei euch auch mit Karte zahlen?“ Ich: „Nein, bei uns kannst du nur Bar zahlen. Aber jetzt könnt ihr gar nichts mehr kaufen, denn wir machen gerade zu.“ Bedeutender Blick in den Raum hinter ihnen (der mit den geputzten Tischen und Stühlen darauf), den sie bis eben gar nicht wahrgenommen haben, so scheint es. Mädchen 1 lässt ein leicht enttäuschtes „Oh“ von sich, während sich Mädchen 2 tatsächlich im Raum umschaut. Dann dreht sie sich wieder zu mir und fragt: „Auch keine Getränke mehr?“

Bitte?

Seit ich selber in der Gastro arbeite, bin ich äußerst penibel geworden, was Begrüßung, Verabschiedung, Danke und Bitte im täglichen Leben angeht. Ist schließlich noch niemand dran gestorben, der Frau bei dm an der Kasse ordentlich Hallo zu sagen und vielleicht sogar ein Lächeln zu schenken. Vergisst man nur ganz gerne. An Tagen mit besonders viel Motivation nehme ich meinen erzieherischen Auftrag sehr ernst. Das sieht dann wie folgt aus.

Er kommt an die Bar.

Ich: „Hallo.“

Er: „Drei Halbe.“

Ich: „Bitte.“

Er: „Drei Halbe.“

Ich: „Bitte.“

Er, schon etwas lauter und deutlicher: „Drei (hier extra eine Pause eingelegt) Halbe!“

Ich: „Bitte.“

Er, völlig verzweifelt, setzt dazu an, mich mit „drei Halbe“ durch den halben Laden zu brüllen. Denn aus seiner Sicht muss ich entweder enorm schwerhörig, der deutschen Sprache nicht mächtig und ziemlich schwer von Begriff sein. Bevor er loslegt, komme ich ihm zuvor: „Ich hab' dich schon richtig verstanden. Aber du sollst Bitte sagen. So einfach ist das.“ Sein Gesicht entgleist für einen kurzen Moment in alle Richtungen. Denn Tatsache ist, dass es niemandem bewusst ist, wie er oder sie sich in solchen Momenten verhält, und es ihnen arg unangenehm ist. Zum Glück!

Mercimek is beste!

Nach getaner Arbeit führt einen der Weg erstmal zu einer Nahrungsquelle und dann zum Taxistand. Im Laufe der Zeit hat sich gezeigt, dass das beste Essen für das Ende einer Nacht Mercimek ist. Das ist die Linsensuppe, die es bei jedem gut sortierten Döner gibt. Sie ist die perfekte Kombination aus sättigend und doch nicht stopfend, mit einem Spritzer Zitrone. Nachdem ich mich damit eingedeckt habe, geht’s zum Taxi und hoffentlich in Warpgeschwindigkeit nach Hause.

Taxifahrer sind ziemlich penibel, was Essen im Auto transportieren angeht. Versteh' ich auch, deswegen setze ich extra mein Sonntagsgesicht auf. Und ich hab Glück. Wir fahren los und immer wieder linst der Fahrer auf meine Aluschale. Irgendwann fragt er mich, was es noch zu essen gibt. "Mercimek", antworte ich leise. Da geht ein Strahlen über sein Gesicht und ein großes Lächeln macht sich breit. Die restliche Fahrt erzählt er mir, dass das die BESTE Suppe der Welt ist und er sie selbst drei mal die Woche kocht. Er ist auch nie krank, denn Mercimek macht stark und gesund. Ich verabschiede mich mit dem glücklichen Gefühl, alles richtig gemacht zu haben. Und er ist beseelt, dass Mercimek noch mehr Leute so lieben wie er.

Und jetzt gibt's noch einen Quickie zum Schluss

Den kennt so ziemlich sicher jeder.

„Hi, ich hätte gerne einen Gin Tonic.“

„Gern. Welchen Gin magst du haben: Beefeater, Bombay, Hendrick's oder Poppies?“

„Habt ihr auch Monkey?“

Antworten, die man in dem Moment gerne geben würde: „Ja natürlich. Den zähl ich aber nie mit auf, damit er was Besonderes bleibt.“ Antworten, die man gibt: „Nein.“