Die wohl kleinste Weingärtner-Genossenschaft Baden-Württembergs ist in Stuttgart zu finden: Steilwerk nennen sich die Rohracker Genossen, weil ihr Wein in wirklichen Weinbergen wächst. Unsere Testerin Kathrin Haasis finden einen Roten der kleinen Kooperative großartig.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Der Mensch liebt Superlative. Wörter wie beste, größte, teuerste, reichste, schlimmste in die Überschrift gepackt – und schon wird der Artikel zum Klickhit im Internet. Schließlich will jeder wissen, wo es die besten Bratkartoffeln gibt, wer der reichste Stuttgarter ist und den teuersten Champagner trinkt, wo es das größte Schnitzel zum günstigsten Preis gibt. Eine Ausnahme bei den Superlativen gibt es allerdings: Die Mengenangabe „kleinste“ führt nicht automatisch zu großer Aufmerksamkeit, was in der Natur der Sache liegt, weil winzige Dinge oft übersehen werden. Dieser Meinung sind jedenfalls die Rohracker Genossen, die vor geraumer Zeit in einem Brief monierten, dass fälschlicherweise die Rotenberger Kollegen in einem Artikel von mir als kleinste Stuttgarter Genossenschaft bezeichnet worden seien. Wenn dies so wäre, wäre es ein riesiger Fehler, was eigentlich unmöglich ist!

 

„Wir möchten uns an der Stelle kurz freundlich als die kleinste Stuttgarter Kooperative in Erinnerung bringen“, schrieben sie jedenfalls. Mit vier Hektar und 24 Mitgliedern beanspruchen sie diesen Titel zu Recht. Die Hedelfinger Kollegen bewirtschaften mit 15 Wengertern schon zehn Hektar. Bei der Aspacher Genossenschaft kümmern sich 60 Weingärtner um 25 Hektar, in Metzingen kommen sie auf fünf Hektar mehr. Die kleinste Genossenschaft Deutschlands hat 3,5 Hektar und heißt Weinmanufaktur Kasel. Höchstwahrscheinlich ist das Steilwerk also die kleinste Württemberger Genossenschaft.

Richtig gute Tropfen aus Terrassenweinbergen

Klein an sich ist im Weinbau allerdings kein Qualitätsmerkmal. Deshalb ist die Leistung der Rohracker Genossen umso bemerkenswerter. Denn sie pflegen, wie es der Name schon sagt, anstrengende Terrassenweinberge und machen daraus richtig gute Tropfen. Mit pilzwiderstandsfähigen Sorten gehen sie neue Wege, die Cuvée Rot No. 12 ist ausgezeichnet. Einer der günstigsten schwergewichtigen Rotweine der Stadt dürfte aber der Rote mit der Nummer 101 sein. Er besteht aus Lemberger und Syrah, duftet nach Waldbeere und Kräutern, hat eine leichte Holznote, etwas Pfeffer, schöne Tannine und einen langen Abgang. Großartig!

Das Urteil der Weinrunde: 

Holger Gayer Als Rohracker-Fan kann ich Frau Haasis zu dieser Wahl nur gratulieren: Der 101er hat Chili- und Kirsch-Aromen zu einer runden Sache vereint.

Michael Weier Das Engagement der Weinbauern  in Rohracker allein verdient ein dickes Lob, der Wein hält da locker mit. Extrem viel Spaß aus der Nachbarschaft.

Harald Beck Ich kann mich noch dunkel erinnern, wie die Kollegin vor Jahren den ersten Wein aus Rohracker mitbrachte. Große Fortschritte seitdem, Chapeau.

Rot No. 101, 15 Euro, Steilwerk, Sillenbucher Straße 10, Stuttgart-Rohracker, Telefon 07 11 / 6 75 93 23. www.steilwerk.de