Der Kiosk hat sich zum Treffpunkt für Nachtschwärmer gewandelt. Im Bauchlädle am Marienplatz wird auch guter Wein ausgeschenkt – ein Rosé von den Fellbacher Weingärtnern.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Ursprünglich sind die Spätis eine ostdeutsche Erfindung: In der DDR entstanden die Spätverkaufsstellen in den 1950er Jahren zur Versorgung der Schichtarbeiter. Dass die kleinen Läden bis in die frühen Morgenstunden öffneten und deshalb ihren Kosenamen bekamen, kam allerdings erst mit der Wende in Berlin auf. Mehrere Hundert Stück soll es davon in der Bundeshauptstadt geben. Im Ruhrgebiet, im Rheinland, in Hannover und Hamburg gibt es unter der ebenfalls schönen Bezeichnung Trinkhalle, Kiosk oder Büdchen ein ähnliches Angebot. Hierzulande hat die Tanke lange als Spätverkaufsstelle gedient, mittlerweile ist der Trend auch in Stuttgart angekommen. Während Kioske früher eher die Anlaufstellen für abgehalfterte Alkoholiker waren, sind die Spätis nun Treffpunkte für die Nachtschwärmer geworden. Bis zu einem Dutzend solcher Läden haben mittlerweile in der Stadt eröffnet – und sie verkaufen viel mehr als nur Bier, Schnaps und Zigaretten.

 

Eine Ausstattung für den Marienplatz

„Wir statten dich aus mit allem, was du brauchst, um dich in das bunte Treiben auf dem Marienplatz zu mischen“, lautet beispielsweise das Versprechen vom Bauchlädle. Geöffnet hat es seit Juli, bis spät in die Nacht werden Bier, Limo und belegte Brote, alles nachhaltig und regional, geboten. Sitzkissen, Weinkühler, Gläser und Becher werden dort gegen Pfand ausgeliehen. Außerdem schenken die Geschwister Mediha und Merdan Yilmaz Wein mit Bauchlädle-Etikett aus: Reingschmeckter heißt ihr Riesling, Graues Mäusle der Grauburgunder, Dandes Liebling der Samtrot. Dahinter stecken allerdings keine Eigengewächse, sondern Tropfen der Fellbacher Weingärtner. Ihr Rosamunde Wilder ist neben den Weißweinen aktuell einer der Verkaufsschlager. Denn der Schwarzriesling Weißherbst hat ein schön sommerliches Bukett aus Erdbeere, Himbeere und Sauerkirsche, die nicht zu aufdringliche Süße wird auch durch eine lebendige Säure ausgeglichen. Dadurch wirkt der Wein frisch und fruchtig – perfekt für eine laue Sommernacht in der Stadt.

Das Urteil der Weinrunde: 

Holger Gayer Wer hier einen komplexen, fulminanten Wein erwartet, liegt falsch. Aber immerhin: Dieser Rosé tut nicht weh, ist süffig und erfüllt seinen Zweck.

Harald Beck Bei der aktuellen Hitze ist willkommen, was abkühlt und erfrischt. Da stört selbst die deftige Süßfruchtigkeit nicht, zumal die Säure gut dagegen hält.

Michael Weier Höre ich süß und fruchtig, klingeln bei mir die Alarmglocken. Aber der Rosé hat gut Säure und würde mir auf dem Marienplatz auch Spaß machen.

Rosamunde Wilder, 8,50 Euro, Bauchlädle, Filderstraße 59, Stuttgart-Süd, Di+Mi 14-0, Do+Fr 14-2, Sa 12-0 Uhr, bauchlaedle.de