Exklusiv Der Energiekonzern EnBW wird alleiniger Eigner der Gasversorgung Süddeutschland und deren Tochter Terranets. Die EnBW-Eigentümer Baden-Württemberg Land und OEW beteiligen sich nun doch nicht.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die Gasversorgung Süddeutschland (GVS) und deren Tochterunternehmen Terranets werden bald wieder ganz in baden-württembergischer Hand sein. Der italienische Erdöl- und Energiekonzern Eni verkauft seine Anteile von jeweils 50 Prozent an die Karlsruher EnBW, die bereits die andere Hälfte der Anteile hält. Darauf haben sich EnBW und Eni nach Informationen der Stuttgarter Zeitung nach monatelangen Verhandlungen geeinigt. Der Anteilskauf mit einem Volumen in dreistelliger Millionenhöhe wurde bereits vom Aufsichtsrat abgesegnet und soll in Kürze vollzogen werden. Ein EnBW-Sprecher wollte sich auf Anfrage nicht dazu äußern, dementierte aber auch nicht.

 

Im Herbst vorigen Jahres war durch StZ-Recherchen bekannt geworden, dass sich der weltweit tätige Eni-Konzern von den Beteiligungen an GVS und Terranets trennen will. Zu den Gründen gab es offiziell keine Angaben; aus Branchenkreisen verlautete, die Zusammenarbeit mit der EnBW sei zunehmend schwierig gewesen. Die Italiener waren im Jahr 2002 als gleichberechtigter Gesellschafter neben den Karlsruhern bei der 1961 gegründeten Gasversorgung Süddeutschland eingestiegen. Dies wurde damals als „starke Allianz für den deutschen Gasmarkt“ gefeiert. Die Anteile an GVS und Terranets (früher: GVS Netze) werden seither von einer gemeinsamen Verwaltungsgesellschaft mit Sitz in Karlsruhe gehalten.

EnBW hat ein Vorkaufsrecht

EnBW verfügt über ein Vorkaufsrecht für die Anteile von Eni. Gleichwohl sollen sich die Verhandlungen nicht einfach gestaltet haben – zum einen wegen der Höhe des Preises, zum anderen wegen einer möglichen Beteiligung der EnBW-Großaktionäre, des Landes Baden-Württemberg und des Zweckverbands Oberschwäbische Elektrizitätswerke (OEW). Anfängliche Überlegungen gingen dahin, dass die EnBW die GVS-Anteile nicht alleine erwerben könnte, sondern in einem Konsortium mit dem Land und der OEW; auch ein Kauf nur durch die oberschwäbischen Landkreise wurde zeitweise erwogen. Im Oktober ließ sich die Verbandsversammlung vom EnBW-Chef Frank Mastiaux über die Verkaufspläne von Eni informieren. Danach sagte der OEW-Chef Heinz Seiffert, die Gespräche seien noch im Anfangsstadium.

Als einziger Vertreter der grün-roten Regierungskoalition hatte sich damals der SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel zu dem Gasdeal geäußert. Er zeigte sich offen für eine Mitfinanzierung, wenn sich diese für das Land rechne; dies müsse sicher erwiesen sein. Wegen der durch gesetzliche Vorgaben garantierten Rendite gilt der Betrieb von Gasnetzen als vergleichsweise sicher. Zudem betonte Schmiedel, das 2000 Kilometer lange Fernleitungsnetz sei wichtig für die Infrastruktur des Landes. Im weiteren Verlauf der Diskussion entschied sich die Koalition dann aber gegen ein Engagement – wohl auch deshalb, weil die Finanzierung schwierig gewesen wäre. Mit dem Kauf durch die EnBW bleibt das Gasnetz nun ohnehin gleichsam in staatlicher Hand.

Für den Karlsruher Konzern gilt die Komplettübernahme als Chance, sein Gasgeschäft zu stärken. Dies ist eines der erklärten Ziele des Vorstandschefs Mastiaux. Als alleiniger Anteilseigner von GVS und Terranets könne EnBW in diesem Bereich weiter wachsen und Synergieeffekte nutzen, heißt es. Die GVS zählt zu den großen deutschen Gasgesellschaften; ihre Kunden sind Stadtwerke, regionale Gasversorger, Industriekunden und Kraftwerke im In- und Ausland. Mit knapp 90 Mitarbeitern setzte sie zuletzt 1,6 Milliarden Euro um. Terranets betreibt mit 190 Mitarbeitern das 2000 Kilometer lange Gasnetz; angebunden sind zwei Drittel der Kommunen in Baden-Württemberg und Teile der Schweiz, Vorarlbergs und des Fürstentums Liechtenstein. Der Umsatz betrug zuletzt 105 Millionen Euro.

Eigentlich sollen Beteiligungen verkauft werden

Vordergründig steht die Übernahme zwar im Widerspruch zu den Plänen Mastiaux’, Beteiligungen zu verkaufen. Dadurch soll die EnBW mittelfristig bis zu drei Milliarden Euro erlösen. Trennen will sie sich allerdings nur von „nicht-strategischen“ Randbereichen, die nicht wie der Gasbereich zum Kerngeschäft gehören. Der Prozess der Desinvestition kommt bis jetzt jedoch nur zäh voran.

Am Donnerstag konnte EnBW immerhin einen kleineren Erfolg vermelden: die Tochterfirma OSD Schäfer, ein Unternehmen für Sicherheitsdienstleistungen mit Sitz in Karlsruhe, werde verkauft; Käufer sei die Kötter Unternehmensgruppe mit Stammsitz in Essen. Über Einzelheiten der Transaktion hätten beide Seiten Stillschweigen vereinbart, hieß es. Neben den wirtschaftlichen Bedingungen sei es für EnBW wichtig gewesen, „dass OSD Schäfer . . . in gute Hände kommt“, sagte der zuständige Vorstand Bernhard Beck. Auch nach dem Verkauf bleibe die Firma mit ihren 900 Mitarbeitern „für die EnBW ein wichtiger Partner“, besonders bei der Bewachung von Kernkraftwerken.