Die 17-jährige Abiturientin Anna-Luisa Karl hat den Fritz-Bauer-Preis des Stuttgarter Eberhard-Ludwig-Gymnasiums gewonnen.

S-Nord - Im Foyer des Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums hängt eine Tafel mit dem Zitat: „Wir können aus der Erde keinen Himmel machen, aber jeder von uns kann etwas tun, damit sie nicht zur Hölle wird.“ Das Zitat stammt von Fritz Bauer. Er war von 1911 bis 1921 Schüler im Ebelu, hat dort Abitur gemacht. Schulleiterin Karin Winkler hat in ihrem Schularchiv noch das Abgangszeugnis des prominenten Schülers: Fleiß: sehr gut, Verhalten: sehr gut, wissenschaftliches Interesse: sehr gut. Auch die Fächer Deutsch, Geschichte und Philosophie sowie Mathematik schließt er mit gut und sehr gut ab. Nur im Turnen gibt es lediglich ein Befriedigend. Im Zeugniskommentar ist dann auch vermerkt: „Ein sehr guter Schüler.“ Außerdem ist im Archivmaterial fesgehalten, dass Bauer schon als Schüler sehr klare Berufsvorstellungen hatte: „Er wollte Jurist werden und hat dieses Ziel konsequent verfolgt. Mit 27 war er Amtsrichter in Stuttgart und damit jüngster Richter in der Weimarer Republik“, sagt Winkler.

 

Große Verdienste

Bauers Verdienste unter anderem: Als Generalstaatsanwalt in Braunschweig vertrat er 1952 bei einem Prozess die Auffassung, dass ein Unrechtsstaat, der täglich Zehntausende Morde begeht, jeden zur Notwehr berechtigt. Das führte zur Rehabilitierung der Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944 um Claus Graf Schenk von Stauffenberg. Der und sein Bruder Alexander waren ebenfalls Ebelu-Schüler.

Fritz Bauer informierte außerdem den Mossad darüber, wo in Argentinien sich der für die Deportation der Juden verantwortlichen Adolf Eichmann aufhielt. Und zwar, nachdem die Bundesregierung abgelehnt hatte, sich um dessen Auslieferung zu bemühen. Das führte zu Ergreifung Eichmanns durch den israelischen Geheimdienst und seiner Verurteilung zum Tod in Israel.

Doch wer Fritz Bauer ist: Das wusste lange Zeit kaum jemand. Er wurde totgeschwiegen. Und auch das Ebelu entdeckte die Bedeutung Bauers für die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit erst vor gut zehn Jahren. „Damals hat die Biografin von Fritz Bauer in unserem Schularchiv geforscht und vorgeschlagen, ihn auf unserer Homepage zu würdigen“, sagt Winkler.

Der Vorschlag war die Initialzündung fürs Ebelu, sich mit Bauer auseinanderzusetzen: Seither gibt es an der Schule einen Fritz-Bauer-Preis für besonderes soziales Engagement. Im Haus der Geschichte haben Schüler eine Ausstellung über den Widerstand im „Dritten Reich“ gestaltet. Der Name Fritz Bauer fällt, wenn es im Geschichtsunterricht um den Nationalsozialismus und dessen Aufarbeitung geht. Und jetzt hat Anna-Luisa Karl für ihre Arbeit zum Thema „Schatten der Vergangenheit – Individuelle und kollektive Aufarbeitung der NS-Zeit in der Bundesrepublik Deutschland der 60er Jahre“einen ersten Preis erhalten, der vom Verein der ehemaligen Schüler des Ebelu vergeben wird.

Der Jurist als Vorbild

Warum sich die 17-jährige Abiturientin ausgerechnet mit Fritz Bauer beschäftigt? „Mich beeindruckt, dass er nie aufgegeben hat und immer für seine Überzeugung eingetreten ist. Und das, obwohl er keine Unterstützung bekam, denn viele seiner Kollegen wollten auf Grund ihrer eigenen nationalsozialistischen Vergangenheit eine Aufklärung verhindern“, sagt sie. Davon dass Fritz Bauer für junge Menschen auch ein Vorbild ist oder zumindest sein kann, sind ist Anna-Luisa und auch Schulleiterin Winkler überzeugt: Denn Mut und die Hartnäckigkeit bei der Suche nach Wahrheit würden nie aus der Mode geraten.