Wegen eines Einspruchs aus der Nachbarschaft kann sich die Sanierung des Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums sehr verzögern.

Karin Winkler, Schulleiterin am Eberhard-Ludwigs-Gymnasium (Ebelu), sagt im Interview, was der Stillstand, der sich mehr als ein Jahr hinziehen kann, für Lehrer, Schüler und Eltern bedeutet. Für die dauernden Verzögerungen sieht sie auch die Stadtverwaltung in der Verantwortung.

 
Frau Winkler, wie geschockt waren Sie, als Sie erfahren haben, dass es auf Grund des Einspruchs aus der Nachbarschaft gegen den Bebauungsplan wohl nichts mit dem Baustart im Herbst wird?
Das war kein Schock, sondern eine Riesenenttäuschung. Wir stehen knapp vor dem Umzug in ein Ersatzgebäude in der Ludwigstraße im Westen. Darauf bereiten wir uns seit einem Jahr intensiv vor. Eltern haben extra Urlaub genommen, um mit Schülern der Unterstufe an den Umzugstagen zu wandern. Wir haben Info-Flyer drucken lassen für die Eltern der Grundschüler, die zu uns kommen wollen. Es wurde so viel Vorarbeit geleistet – alles umsonst.
Sind auch schon die Umzugskisten gepackt?
Zum Teil – wir haben das mit einer Farbskala gemacht: Rote Kleber haben die Kisten mit den Sachen, die entsorgt werden. Grün muss mit ins Interimsgebäude. Gelb wird eingelagert, und weiß ist für den Flohmarkt. Der ist bereits geplant. Und im Kollegium gibt es Umzugsbeauftragte, die alles durchgetaktet haben.
Jetzt werden die Kisten wieder ausgepackt?
Nein. Wir warten ab, wie es weiter geht.
Seit sechs Jahren wird bereits geplant. Warum schleppt sich das Projekt so dahin?
Die Stadtverwaltung räumt ihren eigenen Projekten keine hohe Priorität ein. Mal geht es einen Schritt vor, dann warten wir monatelang auf den nächsten Schritt. Es sind viele, zu viele, Ämter eingebunden: der Denkmal-, Brand- und Naturschutz, Baurechts- und Stadtplanungsamt, Hochbau- und Schulverwaltungsamt, die Projektsteuerer, natürlich das Architekturbüro und und und. Das Projekt ist zwar komplex. Trotzdem bleibt vieles zu lang liegen.
Lärm, Wegfall von Grün: Haben Sie ein gewisses Verständnis für die Befürchtungen aus der Nachbarschaft?
Die Bauphase wird für die Nachbarn nicht einfach, aber wir bemühen uns um ein gutes Miteinander, laden die Anwohner zu Konzerten und Info-Veranstaltungen ein. Die Stadt hat große Zugeständnisse gemacht: Zum Beispiel werden die Bäume erhalten, und eine Lärmschutzwand wird gebaut, obwohl wir in der Innenstadt und nicht im Naturschutzgebiet sind. Eine Schule muss nach Jahrzehnten auch einmal saniert und nach den heutigen Erfordernissen umgebaut werden. Mein Eindruck ist, dass das Einzelwohl über das Gemeinwohl gestellt wird. Doch ohne Sanierung und Umbau ist das Ebelu nicht zukunftsfähig. Das trifft übrigens auf viele Schulen in der Innenstadt zu.
Was macht Ihnen persönlich am meisten zu schaffen?
Die Planung, die ich als Schulleiterin nach außen vertrete, ist obsolet geworden. Und das bedeutet auch für mich einen Autoritätsverlust. Vom Imageschaden für Stadt und unser Gymnasium will ich gar nicht erst reden.
Gab es Abmeldungen von Schülern?
Das nicht, Eltern und Schüler sind vom Profil der Schule überzeugt. Aber wir müssen sehr um Anmeldungen werben, weil Eltern ihre Kinder nicht in die ungewisse Bausituation schicken wollen.
Wie soll es jetzt weiter gehen?
Wird der Baustart verschoben, wollen wir wegen der zwei entfernt liegenden Interimsstandorte in unserer Schule bleiben. Allerdings wurde im Ebelu seit Jahren nichts mehr gemacht. Kabel hängen von den Wänden, die Toiletten sind nicht mehr zumutbar, die Klassenräume im Winter zu kalt und im Sommer zu heiß. Von der Digitalisierung ganz zu schweigen. Die Schule ist in einem Zustand, der mich beschämt.
Können Sie nachts noch schlafen?
Es wäre schlimm, wenn ich nicht mehr schlafen könnte. Aber die Situation ist sehr zermürbend. Früher dachte ich: Ein tolles Projekt, das schaffst Du. Mittlerweile bin ich mir nicht mehr so sicher. Die Kraft geht einem bei so viel schwerem Gepäck aus.
Wenn Sie drei Wünsche frei hätten?
Würde ich mir wünschen, in Frieden mit unseren Nachbarn zu leben, schnell in unser saniertes Ebelu zurückziehen und die Keilerei zum Jubiläumsjahr 333 beenden zu können. Im kommenden Jahr feiern wir nämlich 333. Geburtstag. Ich hoffe, die Schnapszahl bringt uns Glück, und wir können uns dann noch besser auf unsere eigentliche Aufgabe, die Ausbildung junger Menschen, konzentrieren.