Seit Jahrzehnten unterrichten Schülerinnen und Schüler aus dem Vaihinger Fanny-Leicht-Gymnasium Menschen ab 60. Nach der Coronapause gehen die Kurse weiter, doch die potenziellen Teilnehmer sind zurückhaltend.

Vaihingen - Die Wände sind gestrichen, die Böden leuchten in frischen Farben, neue Möbel sind auch da: Das Nebengebäude des Fanny-Leicht-Gymnasiums in Vaihingen erstrahlt in neuem Glanz. Gerhard Fürst schaut sich im neu gestalteten Besprechungsraum des Sozialen Arbeitskreises (SAK) um. „Insofern war Corona auch ein kleiner Vorteil“, sagt er zufrieden. Der Flachbau wurde vor Kurzem renoviert; ein Anliegen, das dem SAK viele Jahre auf den Nägeln gebrannt hatte. „In der Zeit, in der wir nicht reinkonnten, hat die Stadt hervorragend reagiert“, sagt der Seniorensprecher beim SAK. Zwar sei das Untergeschoss nach einem Wasserschaden immer noch gesperrt, dafür seien die Unterrichtsräume hergerichtet. Sie sind das Herzstück.

 

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Der SAK wurde vor bald 60 Jahren gegründet, um Junge und Alte zusammenzuführen, etwa durch Veranstaltungen. 1982 kamen Kurse dazu. „Aus dem Kreis der Senioren kam der Wunsch, dass sie etwas für ihre grauen Zellen tun wollten“, erklärt Gerhard Fürst. Seither unterrichten ältere Gymnasiasten Senioren in unterschiedlichen Fächern, von Politik über Spanisch bis Informatik. Das Generationenprojekt ist mehrfach preisgekrönt. Anfang Oktober haben die Kurse nach der Corona-Pause in den modernisierten Räumen wieder begonnen, und viele Jugendliche, die Personen ab 60 unterrichten wollen, gibt es laut Anne Franke auch. Sie ist eine der SAK-Leiterinnen.

Viele der Kurse sind aktuell luftig belegt

Dennoch gibt es ein Problem: Die Senioren bleiben weg. Von ehemals 130 seien nicht mal mehr 100 da, sagt Anne Franke. Viele der 26 Kurse sind demnach luftig belegt. Die Schülerin Maja (17) etwa hat in ihrem ehemals vollen Englisch-Kurs nur eine Teilnehmerin. „Das ist super schade. Die Seniorin sagt, dass es nach der Pause für sie ungewohnt ist, wieder Englisch zu sprechen.“ Die Frau werde sich wahrscheinlich einer anderen Gruppe anschließen, „für mich bedeutet das, dass ich dann keinen Kurs mehr habe“, sagt Maja. Der gleichaltrige Benedikt bietet Smartphone-Unterricht an. „Vor Corona ist das nahezu explodiert“, sagt er. Jetzt müssten Kurse wohl zusammengelegt werden.

Woran liegt das? Sicherlich hätten viele Senioren wegen Corona Angst, zu kommen. Dabei betonen die Veranstalter: Die Hygieneregeln würden beachtet. Womöglich sei die Coronapause aber auch zu lang gewesen – aus den Augen, aus dem Sinn. „Es ist eine Hemmschwelle da, wieder zu starten, wieder was für den Kopf zu tun“, glaubt Gerhard Fürst. Deswegen werde aktuell versucht, mit potenziellen Teilnehmern persönlich in Kontakt zu treten. Interessenten könnten sich immer mittwochs und freitags zwischen 14 und 16 Uhr im SAK-Gebäude neben der Sporthalle des Gymnasiums an der Fanny-Leicht-Straße melden.

Schüler und Senioren profitieren

Am Fanny-Leicht-Gymnasium sind alle überzeugt: Von den generationenübergreifenden Kursen profitieren alle. Gerhard Fürst spricht von einem „Jungbrunnen“ für seine Generation, und auch die Teenager wollen das Projekt nicht missen. „Es ist ein Riesenvorteil für uns. Es ist super schön, die Zeit mit Senioren zu verbringen. Von ihnen kann man viel lernen“, sagt Maja. Benedikt betont, der ehrenamtliche Unterricht habe ihm geholfen, frei vor Leuten zu sprechen. Und Sonia, ebenfalls 17, stellt klar, dass der SAK viel mehr sei als Wissensvermittlung. „Wir sind eine große Familie.“

www.fanny-leicht.de