Die Staatsanwaltschaft prüft, ob der Linken-Fraktionschef in einer eidesstattlichen Versicherung gelogen hat. Seine Partei spricht von „Hexenjagd“.

Berlin - Der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Gregor Gysi, hat wahrlich keinen guten Start ins neue Jahr hin gelegt. Erst scheiterte er mit dem Versuch, als Solo-Spitzenkandidat seiner dahin siechenden Partei zu retten, was bei der Bundestagswahl für die Genossen noch zu retten ist. Stattdessen ist er nunmehr nur einer von acht Spitzenleuten und im Team zu einem Mindestmaß an Unterordnung verpflichtet. Dann geriet auch noch der als Erholung gedachte Skiurlaub zur schmerzhaften Angelegenheit. Wegen eines Bruchs der Schulter wurde Gysi am Rosenmontag operiert. Die Termine der Woche sagte er deshalb allesamt ab.

 

Ein kleiner, wenngleich schwacher Trost dürfte für Gysi sein, dass seine öffentlichen Auftritte in dieser Woche sicher genutzt worden wären, um ihn abermals mit seiner Vergangenheit als Anwalt in der DDR-Diktatur zu konfrontieren. Die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt gegen Gysi, weil ihn ein ehemaliger Richter angezeigt hat. Der Vorwurf lautet: falsche eidesstattliche Versicherung – gewiss keine Kleinigkeit für einen Rechtsanwalt wie Gysi. Erneut wird die Frage zu bewerten sein, wie eng Gysi mit der DDR-Nomenklatura und der Stasi zusammengearbeitet hat. Bisher hat sich Gysi mit allen ihm zur Verfügung stehenden juristischen Mitteln gegen den Vorwurf gewehrt, er habe der Stasi Informationen zugetragen, die seinen Mandanten oder anderen Personen geschadet hätten. Auch gegen eine NDR-Dokumentation ging er deshalb vor und gab in diesem Zusammenhang eine eidesstattliche Versicherung ab, „zu keinem Zeitpunkt über Mandanten oder sonst jemanden wissentlich und willentlich an die Staatssicherheit berichtet“ zu haben. Dies wurde von einem ehemaligen Richter in Zweifel gezogen, der deshalb Anzeige erstattete. Einem Bericht der „Welt am Sonntag“ zufolge soll Gysi 1989 sehr wohl der Stasi über ein Interview mit zwei Korrespondenten des „Spiegel“ berichtet haben.

Eine unendliche Geschichte

Seit nun mehr als zwei Jahrzehnten wird der Streit über Gysis angebliche Stasi-Verstrickung ausgefochten. Die Sachlage ist kompliziert, denn Gysi – Sohn eines hochrangigen SED-Politikers – bestreitet nicht, als Anwalt Kontakte etwa zum Zentralkomitee der SED genutzt zu haben, um seinen Mandanten zu helfen. Als Informant der Stasi habe er aber nie gedient.

Union und FDP dient das Ermittlungsverfahren als willkommene Gelegenheit, ihre Vorwürfe zu erneuern. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sagte, Gysi solle endlich „alle seine Verstrickungen ins SED-Unrecht“ aufdecken. Patrick Kurth, der Sprecher der FDP-Fraktion für den Aufbau Ost, legte Gysi den Rücktritt nahe, sollte es zu einer Verurteilung kommen.

Dagegen sieht die Linke im Stasi-Streit eine üble Kampagne. Fraktionsvize Ulrich Maurer sprach von einer „Hexenjagd“. Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn sagte, Gysi genieße „die volle Unterstützung seiner Partei“. Er sei zuversichtlich, dass das Verfahren eingestellt werde. Derartige Versuche, Gysi in Wahlkampfjahren zu diskreditieren, seien nichts Neues. Wenn die Hoffnung der politischen Gegner sei, damit die Linke „klein zu halten“, so werde dieses Ziel auch diesmal verfehlt. In der eigenen Wählerschaft wirkten solche Vorwürfe „eher solidarisierend und zusammenführend.“ Der Stasi-Akten-Beauftragte Roland Jahn begrüßte dagegen die Ermittlungen. Es sei „immer gut, Klarheit in strittigen Fragen zu bekommen“, sagte Jahn der „Mitteldeutschen Zeitung“.