Friedrich Merz ist im ersten Wahlgang knapp mit dem Unterfangen gescheitert, Bundeskanzler zu werden – ein historisches Novum. Im Netz erntet er dafür Häme von verschiedenen Seiten. Andere halten das Wahlverhalten von Abgeordneten für verantwortungslos.
Eigentlich hätte es Friedrich Merz großer Tag werden sollen. Aber der als gesetzt geltende nächste Kanzler der Bundesrepublik Deutschland verpasste im ersten Wahlgang im Bundestag zur Kanzlerwahl die nötige Mehrheit von 316 Stimmen – in der ersten Runde standen nur 310 Stimmen für den CDU-Politiker zu Buche. Dass ein Kanzler in den zweiten Wahlgang muss, ist erstmalig in der Bundesrepublik Deutschland geschehen, die nach wie vor mögliche Kanzlerschaft von Friedrich Merz hat damit aber erste Kratzer erhalten, bevor sie überhaupt begonnen hat.
Das zeigen auch Reaktionen im Netz, in denen sich kübelweise Spott über den stets selbstbewusst auftretenden Politiker gießt – von links, von rechts, von allen Seiten. Aber es melden sich auch Stimmen zu Wort, die das Scheitern des designierten Kanzlers als Signal für einen beschädigten Parlamentarismus werten.
AfD-Chefin Alice Weidel sieht im Ausgang des ersten Wahlgangs die Schwäche des Kanzlers bestätigt. „Merz ist der erste Kanzlerkandidat der Bundesrepublik, der im ersten Wahlgang gescheitert ist“, schreibt sie auf X. Das zeigte, auf welch schwachem Fundament die „kleine Koalition aus Union und von den Bürgern abgewählter SPD“ gebaut sei.
Der Stuttgarter Linken-Bundestagsabgeordnete Luigi Pantisano meldete sich noch etwas hämischer zu Wort. Ebenfalls auf X schrieb er: „Damit ist ein Kanzler Merz vielleicht schon Geschichte, bevor es losgegangen ist.“ Sein angeblich „neoliberaler Rechtspopulismus“ scheine auch den Koalitionspartner zu verschrecken. „Auch eine massive Klatsche für die SPD und Klingbeil“, so Pantisano, und fügt hinzu: „Merkel ist anwesend auf der Zuschauertribüne. Vielleicht mag sie ja übernehmen?“
Seine Parteikollegen sehen das überraschende Scheitern von Merz bei der Kanzlerwahl überdies als ein Misstrauensvotum gegen den CDU-Vorsitzenden. Wenn Merz nicht einmal das Vertrauen seiner eigenen Leute bekomme, „wie soll er dann das Vertrauen der Menschen gewinnen, die mit den realen Problemen des Alltags kämpfen“, erklärte Linken-Chef Jan van Aken am Dienstag. „Ihm gelingt es nicht zu verbinden, sondern nur zu spalten.“
Auch jenseits des Politikbetriebs findet Merz’ Nichtwahl eine Echokammer. Der umstrittene Satiriker El Hotzo schreibt auf X: „Friedrich Merz’ politische Karriere: 2004: verliert gegen Merkel; 2018: verliert gegen Kramp-Karrenbauer; 2020: verliert gegen Laschet ;2025: verliert 1. Wahlgang zur Kanzlerwahl“
Andere finden es dagegen gar nicht lustig, dass der 21. Bundestag schon zu Beginn der Legislaturperiode derart uneins ist, dass er sich nicht mal auf einen Kanzler verständigen kann. So schreibt etwa der Grünen-Politiker Volker Beck: „Da wollen einige wohl die Republik brennen sehen. Das ist unverantwortlich. Wenn demokratische Abgeordnete den Ernst der Lage verkennen.“
Auch der Publizist Hasnain Kazim hat eher Sorgenfalten denn Glücksgefühle bei dem Wahlausgang: „Man mag Merz mögen oder kritisieren, aber CDU/CSU und SPD haben sich auf eine Koalition geeinigt. (...) Ich halte die aus diesen Reihen, die mit Nein gestimmt haben, für absolut verantwortungslos.“
Update: Der nächste Wahlgang, an dem Merz seine Niederlage ausbügeln und dennoch Kanzler werden kann, soll bereits am Dienstag stattfinden. Es ist vom Nachmittag die Rede. Zuvor hatte es geheißen, dass ein neuer Wahlgang erst am Mittwoch als wahrscheinlich gilt.