Eine Hebamme soll laut Gericht Frauen bei Kaiserschnitt-Geburten Blutverdünner verabreicht haben. Wegen versuchter Morde muss die Geburtshelferin nun in Haft. Sie will aber Rechtsmittel einlegen.

München - Das Landgericht München I hat eine Hebamme wegen siebenfachen versuchten Mordes an werdenden Müttern zu 15 Jahren Haft verurteilt. Außerdem verhängte das Gericht am Freitag ein lebenslanges Berufsverbot gegen die Frau.

 

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die 35 Jahre alte Regina K. aus Frust über ihren Berufssituation ihren Opfern vor einem Kaiserschnitt Blutverdünner verabreicht hatte und damit ihren Tod in Kauf nahm. Das Gericht verurteilte die Frau auch wegen verschiedener Körperverletzungsdelikte und verurteilte sie neben der Haftstrafe auch zu Entschädigungsleistungen an mehrere ihrer Opfer. Mit der Strafe blieb das Gericht unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die auf eine lebenslange Freiheitsstrafe und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld plädiert hatte.

Als Motiv nahm das Gericht berufliche Unzufriedenheit an

Die Verteidigung hatte dagegen einen Freispruch gefordert. Ein Vertreter der Staatsanwaltschaft kündigte an, das Urteil zu prüfen, er gehe aber „eher nicht“ davon aus, Rechtsmittel einzulegen. Dagegen sagte Verteidiger Hermann Kühn, dass sich seine Mandantin gegen das Urteil wehren wolle. „Wir sind nicht davon überzeugt, dass es so war, wie es das Gericht darstellt.“ Obwohl die Angeklagte in dem Prozess durchgehend schwieg und es keine unmittelbaren Zeugen für die Gabe des Blutverdünners durch K. gibt, ist das Gericht nach neunmonatiger Verhandlungsdauer nach den Worten des Vorsitzenden Richters Michael Höhne „ohne jegichen Zweifel“ von ihrer Täterschaft überzeugt. Neben dem im Labor nachgewiesenen Blutverdünner Heparin nannte Höhne die Gesamtumstände der Taten als Grund dafür.

Die Frau war als Hebamme zu Beginn der Ende September 2011 begonnenen Tatserie im hessischen Bad Soden tätig. Nachdem sie dort nach einem Zwischenfall bei einer Geburt entlassen worden war, arbeitete sie im Münchner Klinikum Großhadern. Der Richter verwies in seinem Urteil darauf, dass die Bad Sodener Klinik trotz einer vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Stillschweigevereinbarung vor der Hebamme gewarnt habe. Das Münchener Krankenhaus habe daraufhin auch ein Personalgespräch mit ihr geführt, eine Kündigung des bestehenden Arbeitsverhältnisses sei aber nicht möglich gewesen. Als Motiv nahm das Gericht berufliche Unzufriedenheit an. Die vom Richter als humorlose Einzelgängerin beschriebene Frau sei zwar fleißig und fachlich anerkannt gewesen. Sowohl in Bad Soden als auch in München sei sie aber im Kollegenkreis unbeliebt gewesen und habe außerdem wiederholt Streit mit Ärzten gehabt.

Mütter und Väter bis heute traumatisiert

Um Ärzte in Schwierigkeiten zu bringen, habe sie deshalb ohne Rücksicht auf die Gesundheit der Patientinnen die Medikamente verabreicht und die Frauen so in Notsituationen gebracht. Die Frauen überlebten zwar alle, in mehreren Fällen gelang dies aber nur durch Notoperationen und die Masseninfusion von Blut.

Der Richter zitierte einen Vater mit den Worten: „Das sollte eigentlich der schönste Tag des Lebens werden, aber es wurde der schlimmste.“ Als Folge der dramatischen Ereignisse rund um die Geburten sind mehrere der Mütter und Väter bis heute traumatisiert und befinden sich zum Teil noch in psychologischer Behandlung. Mehrere der Frauen sind als Folge der Notoperationen zeugungsunfähig geworden, ihnen musste die Gebärmutter und in einem Fall auch ein Eierstock entfernt werden