Erst ist es ein Fall, der nur die Polizei in Vorarlberg interessiert: Eine 84-Jährige fällt am 24. Mai in Dornbirn auf Anrufbetrüger herein, die sich als Polizisten ausgeben und der Frau 30 000 Euro abnehmen. Doch dann wird es auch ein Fall für die Stuttgarter Polizei: Am Donnerstag wurden drei 18 und 19 Jahre alte Männer festgenommen, die hinter der Tat stecken sollen – und mindestens einer soll auch noch zu jener Gruppierung gehören, die sich seit Monaten mit einer rivalisierenden Clique Schießereien in der Region Stuttgart liefert.
Die drei Tatverdächtigen wurden am Donnerstagnachmittag von einem Haftrichter hinter Gitter geschickt. Vorausgegangen waren Durchsuchungsaktionen am frühen Morgen in vier Wohnungen und Geschäftsräumen in Kornwestheim und Remseck am Neckar (jeweils Kreis Ludwigsburg). Die Spezialkräfte hatten da die richterlichen Haftbefehle schon in der Tasche.
Ein vierter Mann sitzt bereits
Dem Trio wird vorgeworfen, als Teil einer Bande an Telefontrickbetrügereien in Deutschland und Österreich beteiligt gewesen zu sein. Die jungen Männer sollen dabei als Abholer und sogenannte Logistiker gehandelt haben – zusammen mit einem anderen 20-Jährigen, der sich bereits in Untersuchungshaft befindet. Die Konstellation spricht dafür, dass dieser Verdächtige zur Kundschaft der Stuttgarter Polizei gehört, deren Sonderkommission „Runaway“ die Schüsse von Zuffenhausen ermittelt. Die Stuttgarter waren auch am 14. Juni bei den ersten drei Verhaftungen in den Reihen der Trauergemeinde beim Handgranatenanschlag auf dem Friedhof Altbach beteiligt. Der 20-Jährige aus Ludwigsburg soll zu denjenigen gehört haben, die den 23-jährigen Angreifer schwer verletzt haben sollen. Die aktuell festgenommenen 18 und 19 Jahre alten Verdächtigen sind türkeistämmig, haben einen deutschen oder türkischen Pass.
Die Taktik der tausend Nadelstiche
Die Stuttgarter Polizei hat bei den Ermittlungen um die Anrufbetrüger mit den Landeskriminalämtern Steiermark und Vorarlberg zusammengearbeitet. Bei den Razzien wurden unter anderem Mobiltelefone, Bargeld, ein Einhandmesser, ein Schlagring und ein Teleskopschlagstock sichergestellt.
Der Stuttgarter Polizeipräsident Markus Eisenbraun zeigt sich zufrieden: „Die heutigen Durchsuchungsmaßnahmen und die Festnahme der drei Tatverdächtigen zeigen, dass unsere Taktik der tausend Nadelstiche erfolgreich ist“, lobt er die Aktion. Man werde nicht nachlassen, die jungen Männer der rivalisierenden Gruppierungen und ihre Aktivitäten „mit allen polizeilichen Mitteln in den Blick zu nehmen“.