Die Assekuranz versucht, bei ihren Telematiktarifen Bedenken zu zerstreuen und greift nicht auf alle verfügbaren Daten zu.

Stuttgart - Jeder vierte Autofahrer kann sich den Abschluss eines Telematik-Versicherungstarifs vorstellen. Das geht aus einer Umfrage im Auftrag des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft hervor. Das Prinzip: Autofahrer lassen ihr Verhalten am Steuer überwachen – in der Hoffnung, dass sie sich als vorbildliche Fahrzeuglenker erweisen und deshalb einen Rabatt erhalten.

 

Ein Dutzend Versicherungen bieten vor allem für junge Kunden Tarife an, bei denen mit Preisnachlässen von bis zu 40 Prozent gelockt wird. Führerscheinneulinge zahlen mehr als Routiniers, die einen hohen Schadenfreiheitsrabatt haben. Zudem gelten junge Leute als Risikogruppe, weil 18- bis 24-Jährige überproportional häufig in Unfälle verwickelt sind. Seit Längerem schon differenziert die Branche nach persönlichen Merkmalen: Beamte zahlen weniger als Angestellte, wer eine Garage hat, gilt als weniger risikoträchtig als ein „Laternenparker“. Die Digitaltechnik macht es nun möglich, das Verhalten individuell zu erfassen und die passende Prämie zu ermitteln.

Tom-Tom-Stecker sammelt mit seinen Sensoren Daten

Um die Sorgen von Datenschützern zu zerstreuen, zapfen die Versicherungen nicht die bis zu 70 Steuergeräte in einem modernen Auto an, die kontinuierlich Daten sammeln. Technisch wäre dies über die Schnittstelle machbar, die den Zugriff auf den Bordcomputer ermöglicht. Die Versicherung Signal Iduna nutzt diesen Anschluss zwar für einen Stecker, den der Navi-Anbieter Tom-Tom beisteuert. „Der Stecker ist aber gekapselt und bietet keinen Zugang zum Bordcomputer“, sagt ein Sprecher von Signal Iduna. Der Tom-Tom-Stecker sammelt mit seinen Sensoren Daten: über das Bremsverhalten, die Beschleunigung und die Kurvengeschwindigkeit. Über den Rechner der Niederländer kommen die Daten zu Signal Iduna. Mit dem Telematiktarif App-Drive „bist du selbst für deine Ersparnis verantwortlich“, wendet sich Sijox, die „junge Marke“ von Signal Iduna, direkt an die Kunden unter 30.

Der Versicherer will noch vergleichsweise wenig über den Fahrstil seiner Kunden wissen. Die Dortmunder betonen ausdrücklich, dass App-Drive ohne GPS arbeitet, so dass nicht erfasst wird, wo sich der Fahrer gerade befindet. Andere Versicherer wollen das wissen, um zum Beispiel feststellen zu können, ob der Fahrer häufig nachts auf Autobahnen unterwegs ist und ob er sich dort an die Richtgeschwindigkeit von 130 Kilometern pro Stunde hält.

Es entsteht ein lückenhaftes Profil

Da die Umwelt nicht in die Datenerfassung einbezogen ist, entsteht ein lückenhaftes Profil. Wer bei Rot über die Ampel fährt, muss auf seinem Konto ebenso wenig mit Punktabzügen rechnen wie der Fahrer, der eine Baustelle zu schnell passiert. Ein scharfes Bremsmanöver wird hingegen auch dann registriert, wenn damit ein schwerer Unfall verhindert wurde. Nach Ansicht der Assekuranz spricht das aber nicht gegen das System, da Einzelfälle letztlich keine Auswirkung auf das Gesamtergebnis haben.

Welche Einsparungen möglich sind, hängt auch davon ab, ob das Erfassungsgerät in Form eines Steckers oder einer Telematikbox in der Größe einer Zigarettenschachtel Kosten verursacht. Die VHV-Versicherungen verlangen zum Beispiel sieben Euro pro Monat für ihre Box. Bei Huk-Coburg, so sagt ein Sprecher, sind Einbau und Betrieb der Telematikbox, die von Bosch geliefert wird, kostenlos. Die Allianz setzt nach Angaben einer Sprecherin bei ihrem Angebot Bonus Drive auf das Smartphone des Kunden, dessen Sensoren die gewünschten Daten beschaffen. Für die Datenverarbeitung ist bei der Allianz ein externer Dienstleister zuständig, Huk-Coburg hat hierfür eine eigene Tochter gegründet.