20 Werke von Otto Herbert Hajek werden am 24. März im Stuttgarter Auktionshaus Siebers angeboten. Ein Erfolg ist nicht sicher. Doch was geschieht dann mit den Großskulpturen?

Auktionstage sind – auch nach 23 Jahren Firmengeschichte – Tage der Anspannung im Stuttgarter Auktionshaus Yves Siebers. Aktuell ist es wieder soweit: 2855 Stücke kommen von 22. bis 24. März unter den Hammer – darunter Spielzeug, Modellautos und Orden, aber auch Bemerkenswertes wie vier Sessel des Stuttgarter Gestalters Heinz Witthoeft (Los 2756, Mindestgebot 7000 Euro) oder eine „Stuttgarter Bahnhofsszene“ des Malers Hermann Stenner (1891-1914) von 1911 (Los 2594, Mindestgebot 25000 Euro).

 

Hajek-Mindestgebote bis zu 180 000 Euro

Und doch überlagern die letzten 20 Nummern das Geschehen in den Räumen in der Augsburger Straße 221: In einer „Sonderauktion“ werden 20 Großplastiken des international renommierten Bildhauers und Malers Otto Herbert Hajek (1927-2005) aufgerufen – zu Mindestgeboten zwischen 45 000 und 180 000 Euro. „Natürlich sind wir gespannt, was am Freitag geschieht“, sagt Stefanie Siebers, Frau des Geschäftsführers und Auktionators Yves Siebers und im Auktionshaus für die Gesamtabwicklung verantwortlich.

Gegen 15.45 Uhr am 24. März könnte die in Stuttgart auch mit Plakatwerbung bekannt gemachte „Sonderauktion Hajek“ starten. Etwa mit den realen und zum Teil tonnenschweren Großplastiken vor Ort? „Dies wird natürlich nicht möglich sein“, sagt Stefanie Siebers. Stattdessen werden Fotoprojektionen die zwischen den frühen 1960er und den frühen 2000er Jahren entstandenen Skulpturen näher bringen. Interessenten konnten sich einige der Arbeiten bereits an ihren jetzigen Standplätzen – unter anderem an der Hasenbergsteige im Umfeld des früheren Hajek-Wohnhauses – ansehen.

Unterangebote sind möglich

Bei Siebers erwartet man für die Hajek-Werke „eher Gebote per Telefon“. Die Spannung im Saal dürfte dies nicht mindern. Die aufgerufenen Mindestgebote sind ambitioniert. Wer mitbieten will, muss sofort sehr hoch einsteigen. Beispielsweise nur ein Drittel eines genannten Mindestangebotes aufrufen lassen zu wollen, ist nicht möglich. „Die Angebote“, sagt Stefanie Siebers, „müssen schon seriös sein“. Gibt es aber nicht grundsätzlich die Möglichkeit eines Unterangebotes? „Von der Hälfte des Mindestangebotes an“, so Stefanie Siebers, „nehmen wir diese an und geben sie an den Einlieferer weiter“. Der muss dann entscheiden, ob das Unterangebot Grundlage weiterer Aufrufrunden sein kann.

Einlieferer ist im Fall der 20 Großskulpturen von Otto Herbert Hajek der Sohn des Künstlers. Nach eigenen Angaben ist er Eigentümer zahlreicher Werke. Als solcher hat Urban Hajek nach übereinstimmenden Angaben Materialproben von einigen der Großskulpturen nehmen lassen. Hinweis darauf, dass die Arbeiten bei einem Misserfolg der Auktion zerstört werden, um ihren Materialwert nutzen zu können? Nach unterschiedlichen Bisher hatte Urban Hajek durchblicken lassen, eine Zerstörung könne ein Protest gegen aus seiner Sicht mangelndes Engagement der Stadt Stuttgart für den Erhalt der Werke sein, ebenso ein Protest gegen den Verfall des früheren Anwesens der Familie. Stefanie Siebers bleibt zurückhaltend. „Die Möglichkeit der Zerstörung besteht“, sagt sie nur. Um sich dann doch ein Stück in die Auktionskarten schauen zu lassen: „Diese Arbeiten gehören ganz einfach zu Stuttgart“, sagt sie, „es wäre wirklich schade, wenn es sie nicht mehr gäbe“. Und sie fügt hinzu: „Wir wollten der Sache eine Chance geben.“ Klar ist: Den Kauf auch der jetzt zur Versteigerung frei gegebenen Werke hat Urban Hajek über Kredite finanziert.

Tatsächlich gibt es in Besitz der Stadt Stuttgart allein an der Hasenbergsteige zwölf Hajek-Großskulpturen, zudem hat man wichtige Kunst am Bau-Projekte Hajeks in Obhut, allen voran das Mineralbad Leuze als plastisches Gesamtensemble. Gesucht und gefragt sind denn auch schon eher Liebhaber und wichtige Privatsammler. Wer aber zahlt bei einem Kauf (bei dem zusätzlich zum Zuschlagspreis ein Aufgeld von 20 Prozent fällig ist) eigentlich den Transport? „Diese Kosten trägt der Käufer“, sagt Stefanie Siebers. „Herr Hajek wird hier gerne beraten.“ Klar ist: Wer eines der Werke kaufen will, muss einen Tieflader ordern und die (Boden-)Gegebenheiten am neuen Aufstellort genau geprüft haben.

Erstes Auktionslos zu Marc Chagall

Der dreitägige Auktionsmarathon bei Siebers beginnt an diesem Mittwoch, 22. März, um 10.30 Uhr übrigens mit einem Künstlernamen, den Otto Herbert Hajek sehr geschätzt hat: Marc Chagall. Vor allem dessen Wandarbeiten, Chagalls Umgang mit dem Raum, beeindruckten ihn. 1500 Euro beträgt das Mindestgebot für das zwischen 1960 und 1986 in sechs Bänden Buch gewordene Gesamtverzeichnis der Lithografien Chagalls – wobei Band vier in diesem Konvolut fehlt. Mit der Losnummer 37 geht es dann um Modellautos, und mit 150 Euro Mindestgebot kommt man auf dem langen Weg hin zu den Großskulpturen von Otto Herbert Hajek mit der Losnummer 69 dem Traum vom eigenen (Blech-)Schwimmbad schon ziemlich nahe.

Otto Herbert Hajek in Kürze

Die Anfänge
1927 in Kaltenbach (heute Nové Hutě/Tschechien) geboren, kommt Hajek nach Kriegsende nach Erlangen und macht das Abitur. Von 1947 bis 1954 studiert er Bildhauerei an der Kunstakademie Stuttgart.

Früher Ruhm
Mit sogenannten Raumknoten wird Hajek Anfang der 1950er Jahre bekannt. 1959 und 1964 ist er bei den Weltkunstausstellungen Documenta II und Documenta III in Kassel vertreten. Die 1964 präsentierte Idee der begehbaren Plastik sichert ihm internationale Aufmerksamkeit. Hajeks Konzeption des Kunst gewordenen Stadtraumes ist vor allem mit der Konzeption „Urban Sculpture“ im australischen Adelaide (1973-1977) Teil der jüngeren Kunstgeschichte.

Ausstellung
Gestützt auf die Otto Herbert Hajek-Kunststiftung der Sparda-Bank würdigt das Kunstmuseum Stuttgart Hajek von 28. Oktober dieses Jahres an mit einer umfassenden Schau.