Einen Hang zum Regie führen kann man Fritz Kuhn nicht absprechen: Als Student der Theaterwissenschaften am Memminger Stadtheater hat er es allerdings nicht über die Rolle des Regieassistenten hinaus geschafft. Später wechselte er erst das Studienfach (Philosophie und Sprachwissenschaften), bevor er schließlich die politische Bühne betrat. Geblieben ist die Affinität zur Kultur, die der OB als Standortfaktor schätzt und die ihm auch Gelegenheit bietet, sich selbst zu inszenieren.

 

So geschehen 2013, als das Stuttgarter Varieté-Theater im Friedrichsbau vor dem Aus stand. Kuhn handelte mit dem Sponsor und Vermieter, der L-Bank, einen Aufschub aus, der es dem Varieté ermöglichte, seine Planungen für eine neue Spielstätte auf dem Pragsattel in Ruhe anzugehen. Wenig später ließ der Rathauschef erneut seine Kontakte spielen und handelte für den Szeneklub Rocker 33 beim Vermieter des Filmhauses eine Verlängerung der Interimsnutzung aus. Der Dank der Dancefloor-Gemeinde war ihm gewiss.

Porsche als Sponsor der Ballettschule geworben

Auch für das renommierte Stuttgarter Ballett machte sich der OB stark und gab den Vater der Compagnie. Um den finanziell aus dem Ruder gelaufenen Neubau des John-Cranko-Ballettinternats am Urbansplatz für die Stadt kostengünstiger zu gestalten, zog der Grüne die Sportwagenschmiede Porsche als Sponsor an Land. Der brachte zehn Millionen Euro in eine gemeinsame Stiftung mit der Stadt ein und ersparte so dem städtischen Haushalt eine zusätzliche entsprechende Millioneninvestition.

Sollte Kuhn ein ähnliches Kunststück bei der anstehenden, auf mindestens 400 Millionen Euro taxierten Sanierung der Staatsoper noch einmal gelingen? Im Rathaus geht jedenfalls die Kunde, der OB habe schon mal bei potenten Geldgeber vorgefühlt. Doch zunächst muss Kuhn im Benehmen mit dem Land die Frage klären, wo Oper und Ballett in der Zwischenzeit gastieren. Bis April soll der Standort für eine Interimsspielstätte stehen – den Eckensee hatte der OB nach einigem Zögern für sakrosankt erklärt.

Im Kleinen überlässt das Feld dem neuen Kulturbürgermeister Fabian Mayer (CDU). Doch wenn Not am Mann ist, wird Fritz Kuhn sicher wieder auf dem Regiestuhl Platz nehmen.

Unter Kuhns Ägide wurde im Kampf gegen den Feinstaub eine Tangentiallinie zwischen Neugereut und dem Neckarpark ersonnen, die der Rathauschef gern bis vors Daimlerwerkstor verlängert sähe. Ob das die Menschen in Scharen in die gelben Wagen der SSB treibt, muss zumindest bezweifelt werden.

Soll der Verkehrspolitiker Kuhn als Rathauschef nicht als Verwalter des Stillstands in Erinnerung bleiben, muss er in den kommenden Jahren wohl oder übel aufs Gas steigen.

Im sozialen Wohnungsbau hinkt die Stadt weiter hinterher

Es ist neben der Bekämpfung der Luftverschmutzung vielleicht die härteste Nuss, die Fritz Kuhn zu knacken hat: die Schaffung von günstigem Wohnraum, um der auch in Stuttgart grassierenden Wohnungsnot zu begegnen.

Als OB-Kandidat hatte Kuhn dem Wohnungsbau hohe Priorität eingeräumt. Ein knappes Jahr nach Amtsantritt 2012 lag sein Konzept auf dem Tisch: Demnach sollten künftig pro Jahr 1800 neue Wohnungen entstehen, 600 davon im geförderten Wohnungsbau und 300 Sozialwohnungen. Doch die Topografie der Landeshauptstadt macht Bauland zum raren Gut, zumal der Gemeinderat schon vor Kuhns Amtsantritt beschlossen hatte, die Grünflächen rund um Stuttgart von einer Bebauung weitgehend auszunehmen. Innen- vor Außenentwicklung heißt der Grundsatz, dem sich die Kommunalpolitik verpflichtet fühlt.

Bündnis für Wohnen ins Leben gerufen

2014 berief der Rathauschef nach längerem Zögern das Bündnis für Wohnen ein, in dem Vertreter der Immobilienwirtschaft, der Wohnungsbaugenossenschaften und des Mietervereins gemeinsame Strategien erarbeiten sollten. Nach vielen Scharmützeln einigten sich die Teilnehmer auf Eckpunkte: Baugenehmigungen sollen erleichtert werden, Bauherren verbilligte Grundstücke und Zuschüsse erhalten, falls sie sich bereit erklären, in den Bau von Sozialwohnungen zu investieren. Wichtiger Baustein ist die mittelbare Belegung: ein Teil der Sozialwohnungen, die in einem Neubaugebiet vorgeschrieben sind, können an anderer Stelle – etwa im bereits vorhandenen Wohnungsbestand des Bauträgers – ausgewiesen werden.

Doch der Erfolg lässt auf sich warten. Zwar hat die Stadt mit 1914 neuen Wohneinheiten im Jahr 2014 und 2129 Neubauten im Folgejahr die Kuhnsche Zielmarke übertroffen – der Anteil der Sozialwohnungen blieb jedoch deutlich hinter den Erwartungen zurück. Weil nun auch noch die EU das Förderinstrument der mittelbaren Belegung auf seine Rechtmäßigkeit prüft, steht Kuhns Wohnungsbaukonzept auf der Kippe. Dass derweil in Stuttgart wie in anderen Ballungsräumen die Mieten weiter steigen, kann Kuhn freilich nicht angelastet werden: Die Nachfrage würde selbst bei Erfüllung aller Vorgaben das Angebot an Wohnungen deutlich übersteigen.

Im Städtebau muss es ja nicht unbedingt ein Leuchtturm sein

Stuttgarts maritime Bedeutung hält sich in erkennbaren Grenzen, was womöglich der Grund dafür ist, dass Fritz Kuhn Leuchttürme für verzichtbar hält – und sich damit von seinem Amtsvorgänger abhebt. Wolfgang Schuster war schnell bei der Hand, wenn es darum ging, schillernde Städtebauprojekte aus der Taufe zu heben, die manches Mal freilich eben so sang- und klanglos wieder in der Versenkung verschwanden, wie sie zuvor vom Christdemokraten auf dem Chefsessel im Rathaus angepriesen worden sind. Stellvertretend sei an das Wohnhochhaus am Pragsattel erinnert, das den Namen des neuen US-Präsidenten hätte tragen sollen – ansonsten aber nicht viel mit Donald Trump gemeinsam hatte.

Erfolgreicher war Schuster da schon bei Kulturbauten: In seiner Ära entstanden das Kunstmuseum am Schlossplatz wie auch die neue Stadtbibliothek am Mailänder Platz, die nach anfänglichem Fremdeln von den Stuttgartern überrannt wird. Deren Umgebung, das Europaviertel, freilich brandmarkte Kuhn kurz nach Amtsantritt als kafkaesk – und setzte damit ein Signal, wohin es unter seiner Ägide städtebaulich gehen sollte. Nicht das großformatige des Büro-, Wohn- und Einkaufsviertels im Norden des Bahnhofs soll der Maßstab sein.

Raum für Akzente in der Stadtentwicklung wird eng

Zudem sieht sich Fritz Kuhn einer Debatte ausgesetzt, die den tatsächlichen oder auch nur gefühlten Abrissfuror in der Stadt thematisiert. Doch da beißt sich die Katze in den Schwanz. Wenn im Sinne der Diskussion in den Bestand auch nicht nur teilweise eingegriffen werden soll, zugleich aber Freiflächen als solche erhalten bleiben müssen, wird der Raum eng für Akzente in der Stadtentwicklung.

Die Nagelprobe für Kuhns städtebauliche Handschrift wird das Rosensteinviertel, das auf den heutigen Gleisarealen entstehen soll. Es ist am Rathauschef, dem Vorhaben, das so stark wie kaum ein anderes ins Weichbild der Stadt eingreift, mehr Schwung zu verleihen, als es bei der schleppenden Bürgerbeteiligung bislang versprüht hat. Es könnte am Ende sogar sein, dass Kuhn denselben Weg beschreitet wie Schuster und sein Heil in den Kulturbauten sucht. Die anstehende Opernsanierung und der längst überfällige Neubau des Linden-Museums böten hier Chancen.

In der Kulturpolitik führt der OB gern Regie

Einen Hang zum Regie führen kann man Fritz Kuhn nicht absprechen: Als Student der Theaterwissenschaften am Memminger Stadtheater hat er es allerdings nicht über die Rolle des Regieassistenten hinaus geschafft. Später wechselte er erst das Studienfach (Philosophie und Sprachwissenschaften), bevor er schließlich die politische Bühne betrat. Geblieben ist die Affinität zur Kultur, die der OB als Standortfaktor schätzt und die ihm auch Gelegenheit bietet, sich selbst zu inszenieren.

So geschehen 2013, als das Stuttgarter Varieté-Theater im Friedrichsbau vor dem Aus stand. Kuhn handelte mit dem Sponsor und Vermieter, der L-Bank, einen Aufschub aus, der es dem Varieté ermöglichte, seine Planungen für eine neue Spielstätte auf dem Pragsattel in Ruhe anzugehen. Wenig später ließ der Rathauschef erneut seine Kontakte spielen und handelte für den Szeneklub Rocker 33 beim Vermieter des Filmhauses eine Verlängerung der Interimsnutzung aus. Der Dank der Dancefloor-Gemeinde war ihm gewiss.

Porsche als Sponsor der Ballettschule geworben

Auch für das renommierte Stuttgarter Ballett machte sich der OB stark und gab den Vater der Compagnie. Um den finanziell aus dem Ruder gelaufenen Neubau des John-Cranko-Ballettinternats am Urbansplatz für die Stadt kostengünstiger zu gestalten, zog der Grüne die Sportwagenschmiede Porsche als Sponsor an Land. Der brachte zehn Millionen Euro in eine gemeinsame Stiftung mit der Stadt ein und ersparte so dem städtischen Haushalt eine zusätzliche entsprechende Millioneninvestition.

Sollte Kuhn ein ähnliches Kunststück bei der anstehenden, auf mindestens 400 Millionen Euro taxierten Sanierung der Staatsoper noch einmal gelingen? Im Rathaus geht jedenfalls die Kunde, der OB habe schon mal bei potenten Geldgeber vorgefühlt. Doch zunächst muss Kuhn im Benehmen mit dem Land die Frage klären, wo Oper und Ballett in der Zwischenzeit gastieren. Bis April soll der Standort für eine Interimsspielstätte stehen – den Eckensee hatte der OB nach einigem Zögern für sakrosankt erklärt.

Im Kleinen überlässt das Feld dem neuen Kulturbürgermeister Fabian Mayer (CDU). Doch wenn Not am Mann ist, wird Fritz Kuhn sicher wieder auf dem Regiestuhl Platz nehmen.