Vor 40 Jahren wurde die US-Schauspielerin Jamie Lee Curtis (59) in John Carpenters Horror-Schocker „Halloween“ zur „Scream-Queen“, nun ist sie im Jubiläumsfilm wieder dabei. Im Interview erzählt die Tochter der Schauspieler Tony Curtis („Manche mögen’s heiß“) und Janet Leigh („Psycho“) offenherzig aus ihrem bewegten Leben.

Stuttgart - Vor 40 Jahren wurde die US-Schauspielerin Jamie Lee Curtis (59) in John Carpenters Horror-Schocker „Halloween“ zur „Scream-Queen“, nun ist sie im Jubiläumsfilm wieder dabei. Im Interview erzählt die Tochter der Schauspieler Tony Curtis („Manche mögen’s heiß“) und Janet Leigh („Psycho“) offenherzig aus ihrem bewegten Leben.

 

Mrs. Curtis, welchen Ihrer Filme mögen Sie am liebsten?

Drei Tage vor meinem 35. Geburtstag hing ich beim Dreh von „True Lies“ an einem Stahlseil unter einem Helikopter über den Florida Keys. Ich war ungefähr 70 Meter über dem Wasser, um 16.30 Uhr an einem sonnigen Nachmittag. Das war absolut crazy! Und ich dachte: Wirklich, Jamie? Das darf doch nicht wahr sein! Das war eine sehr aufwühlende, fantastische Erfahrung. Mein Filmpartner war Arnold Schwarzenegger.

Viele halten „Ein Fisch namens Wanda“ für Ihren besten Film.

Er ist großartig. Aber als wir ihn drehten, hatte ich gerade meine Tochter Annie adoptiert, die damals sechs Monate alt war. Ich hatte schreckliche Schuldgefühle und habe jeden Tag auf dem Weg zum Dreh Rotz und Wasser geheult, weil ich mein Baby zuhause zurückgelassen habe bei meinem Mann. Später habe ich darauf geachtet, dass das nie wieder passiert, besonders als meine beiden Kinder noch klein waren. Ich bin nämlich wahnsinnig gerne Mutter.

Sie waren erst drei Jahre alt, als Ihre Eltern sich scheiden ließen.

Mein Vater war nicht der Typ, der groß daran interessiert war, eine Familie zu haben oder Vater zu sein. Ich werfe ihm das nicht vor, so war er nun mal. Ich kannte ihn überwiegend aus seinen Filmen und wurde ich im Laufe der Zeit zu einem echten Tony Curtis-Fan. Aber als Vater hatte er eher etwas von einem Gespenst. Manchmal war er plötzlich da, aber meistens eher nicht. Ich habe schon lange meinen Frieden mit ihm gemacht.

Auch ihre Mutter Janet Leigh ist eine Hollywood-Legende. Ist Ihnen das Schauspiel-Gen wohl in die Wiege gelegt worden?

Wo denken Sie hin! Ich wollte Polizistin werden. Ehrlich gesagt war ich als Teenager nicht gerade die Hellste und hielt mich auch nicht für besonders talentiert. Dass ich dann doch aufs College gegangen bin, verdanke ich meiner Mutter: Ich wurde nur angenommen, weil sie mit Abstand die Prominenteste war, die je dort studiert hat. Ich habe mit Ach und Krach den Abschluss geschafft, aber ich war eine schlechte Studentin. Und ich war mir sicher, dass ich ein Cop werden würde. Schauspielerin wurde ich nur durch Zufall. Daran war mein Tennislehrer schuld.

Ihr Tennislehrer?

Ja, er kam auf die Idee, junge Schauspielerinnen zu managen. Das ist so typisch L.A.! Er überredete mich zu einem Casting. Ich bekam natürlich keine Rolle. Dann klappte es mit einer TV-Show, aber ich wurde schon nach ein paar Drehtagen wieder gefeuert. Wäre das nicht passiert, hätte ich nie die Rolle der Laurie in „Halloween“ bekommen. Ich weiß noch genau, wie mein Tennislehrer-Agent sagte: Jamie, die machen einen kleinen Slasher-Film, für den sie drei Girls suchen. Ich habe dich für das nerdige, etwas verkniffene vorgeschlagen.

Ihr neuer „Halloween“-Film kann auch als ein Statement für Frauen-Power gesehen werden.

Es freut mich sehr, dass Sie das sagen, denn genau das denke ich auch. Im Film sehen wir drei sehr starke Frauen – Mutter, Tochter, Enkelin –, die sich nicht mehr alles gefallen lassen. Schon gar nicht von diesem Monster-Killer Mike Myers! Sie nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand. Bemerkenswert ist, dass das Drehbuch lange vor der #MeToo-Bewegung geschrieben wurde.

Glauben Sie, #MeToo an den Machtstrukturen in Hollywood etwas geändert?

Ich bin sehr froh, dass es diese Bewegung gibt diese schrecklichen Dinge nicht mehr unter den Teppich gekehrt werden. Ich bin auch froh, dass Bill Cosby ins Gefängnis muss dafür, dass er über Jahre Frauen unter Drogen gesetzt und vergewaltigt hat und sich währenddessen in der Zuneigung von Millionen Fans sonnte. Ungeheuerlich! Eine Machtstruktur, die sich über Jahrzehnte verfestigt hat, kann man nicht schnell verändern. Aber wir sind auf dem richtigen Weg.

Wurde Ihnen je die Besetzungs-Couch angeboten?

Nein. Ich habe schlechte Erfahrungen gemacht, aber nie so furchtbare wie viele meiner Kolleginnen. Der Druck war jedoch immer da. Dabei gibt es bei uns ein Gesetz, das „ungewollten körperlichen Kontakt“ verbietet.

Wie stehen Sie denn zur aktuellen politischen Lage in den USA?

Ich bin eine linke Liberale, die glaubt, dass man das Recht hat, eine Waffe zu besitzen.

Besitzen Sie eine?

Das werde ich Ihnen gerade sagen!

Das Gespräch führte Ulrich Lössl