Als luftig, modern und hell loben Fahrgäste die neue Haltestelle Staatsgalerie. Manche kritisieren den vielen Beton. Ein Mann fragt sich, warum das Planetarium nicht Teil des Namens ist.
Stuttgart - Es muss lange her sein, dass eine Stadtbahnhaltestelle so viele neugierige Blicke auf sich gezogen hat. Am frühen Samstagmorgen ist der erste gelbe Zug der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) in die neue Station „Staatsgalerie“ eingefahren, am sonnigen Vormittag herrschte schon reger Betrieb am Bahnsteig. Was halten die Stuttgarterinnen und Stuttgarter von ihrer neuen Station?
„Es ist schön, schick“, sagt die 30-jährige Lena Kremer. Gerade hat sie ein Video gedreht, in dem sie Eindrücke von der Neuheit im Stadtbild festhält. Besonders gefällt ihr, dass die neue Haltestelle Tageslicht hat. „Sie ist vertrauenswürdiger als die alte“, sagt Kremer. Sie ist nicht die einzige an diesem Tag, die dokumentiert, was sie sieht. Immer wieder zücken Passagiere in den Bahnen ihre Smartphones, fotografieren, filmen. Auf den Bahnsteigen positionieren sich hin und wieder Hobbyfotografen.
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Der 53-jährige René Etzel hat seine Kamera auch dabei. Der SSB-affine Bad Cannstatter hält die neue Station insgesamt für eine Verbesserung, lobt die Helligkeit und die Funktionalität. Den großflächigen Sichtbeton sieht er etwas kritisch. „Sehr zeitgeistig“ sei das. Die alte Haltestelle habe die Stadt bewusst vernachlässigt, seitdem klar gewesen sei, dass sie weichen müsse, sagt Etzel, der sich als „nostalgiebehaftet“ beschreibt.
Keine Rolltreppe auf der Ostseite
Keine Spur von Nostalgie verbreitet Felix Wagner, der auf einer Bank auf der Seite des Planetariums sitzt. Die Septembersonne strahlt ihm ins Gesicht. Der 39-jährige Cannstatter ist begeistert. „Ich bin heute extra hergekommen und werde noch ein bisschen verweilen. Ich genieße es, dass die Bänke noch nicht mit Edding vollgemalt sind. Das wird früher oder später leider passieren“, so Wagner. Tatsächlich sind die hellbraunen Holzbänke noch unbefleckt und riechen wie neu. Die Architektur gefalle ihm besonders gut, so Wagner. „Die alte Station hat die Stadt absichtlich verkommen lassen, das hat man gemerkt“, sagt er.
Kritik übt Ingrid Richter. Die Seniorin ist mit einer Begleiterin da und läuft an Gleis 1 auf und ab. „Es gibt keine Rolltreppe auf der Ostseite“, so Richter, „dabei gibt es hier doch genug ältere Leute.“ Für ein pauschales Urteil über die neue Station ist es ihr noch zu früh. „Das ist doch alles noch neu, das braucht noch seine Zeit“, sagt Richter.
Der 76-jährige Wolfgang Stütz hat genug gesehen, um sich ein Urteil zu bilden. „Sehr luftig, ein Weltenunterschied zur alten Station“, sagt der in Mitte wohnende Stuttgarter, der die Haltestelle täglich nutzen wird. „Ich frage mich nur, warum man sie nicht `Staatsgalerie/Planetarium´ genannt hat, bei der Nähe zum Planetarium“, so Stütz. Als „gediegen und elegant“ lobt er die Farbgestaltung, das „gebrochene Weiß“ gefalle ihm gut.
Viel Licht und viel Luft
Diese Einschätzung kann Anna Cutuk wiederum nicht teilen. Die 26-jährige ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Stuttgart und damit ein gebranntes Kind, was Beton angeht. „Ich habe einfach schon zu viel Beton gesehen“, sagt Cutuk. Die alte Staatsgalerie-Station sei wenigstens ein bisschen farbig gewesen. Ganz missraten findet sie den Neubau trotzdem nicht. „Es ist nicht schlecht, eben mal was anderes“, so Cutuk.
Der 25-jährige Lennart Eckwald ist aus der Schweiz angereist, mit seiner Freundin stattet er der Landeshauptstadt eine Stippvisite übers Wochenende ab. Die neue Haltestelle stand als touristisches Ziel eigentlich nicht auf dem Plan. „Da sind wir ja zur richtigen Zeit gekommen“, sagt Eckwald und lacht. „Wir finden die Station schön, sehr modern, das kann sich sehen lassen.“ Den Grundtenor der vorherrschenden Meinungen fasst ein älterer Herr zusammen, der seinen Namen nicht der Öffentlichkeit preisgeben will. Er ist mit dem Fahrrad gekommen und betrachtet die Gleise aus halber Höhe vom Eingang an der Nordseite aus. „Mir gefällt die Station sehr gut. Es gibt viel Licht, viel Luft, sie liegt nicht mehr im Untergrund“, sagt er. Die Betonoptik sei angebracht: „Man hätte ihn verkleiden können, aber das macht eigentlich keinen Sinn.“