Gojko Kacar wurde beim Hamburger SV einst ausgemustert. Vor dem Kellerduell gegen den VfB ist der Serbe nun plötzlich der große Hoffnungsträger.

Stuttgart/Hamburg – Die Aufregung war groß, als sich Dietmar Beiersdorfer Ende März von seiner gnadenlosen Seite zeigte. Öffentlich erklärte der Boss des Hamburger SV, dass Rafael van der Vaart (32), der alternde Star, und Marcell Jansen (29), der frühere Nationalspieler, keine neuen Verträge bekommen. Dicke Überschriften trugen die Geschichten in den Zeitungen, in denen nur im Kleingedruckten auftauchte, dass sich ein weiterer HSV-Profi einen neuen Arbeitgeber suchen muss: Gojko Kacar (28), der fast in Vergessenheit geratene Mittelfeldspieler aus Serbien.

 

Auf wundersame Weise hat sich der Hinterbänkler seither zum neuen Helden entwickelt. In Mainz erzielte Kacar vor zwei Wochen kurz vor Schluss den 2:1-Siegtreffer; und in letzter Minute köpfte er in der Vorwoche den 1:1-Ausgleich gegen Freiburg. Nicht zuletzt an ihm liegt es, dass der HSV vor dem Abstiegsshowdown an diesem Samstag beim VfB Stuttgart gute Chancen besitzt, auch weiter ohne Unterbrechung in der Bundesliga zu bleiben.

Der VfB bot einst neun Millionen Euro für Kacar

„Das ist eine sehr ungewöhnliche Geschichte“, sagt sein Onkel Milan Kacar (38), ein ehemaliger Amateurkicker aus Stuttgart-Obertürkheim, der als Berater seines Neffen arbeitet. Er kann sich noch gut daran erinnern, wie vor einigen Jahren die Großclubs aus ganz Europa bei ihm anriefen: „Die Crème de la Crème“ habe Gojko Kacar verpflichten wollen, als der noch für Hertha BSC spielte. Neun Millionen Euro bot 2009 auch der VfB und war sich mit dem Spieler schon einig – doch Berlin lehnte ab. Am nächsten Tag verpflichteten die Stuttgarter Zdravko Kuzmanovic.

Gojko Kacar wiederum wechselte 2010 auf Initiative von Bruno Labbadia zum HSV, bekam einen Fünfjahresvertrag und ein Gehalt von zwei Millionen Euro. Doch ging es von nun an steil bergab. Labbadia war schon nicht mehr da, als Kacar seinen Dienst antrat. Ständig kamen neue Trainer und neue Spieler, dann brach er sich auch noch den Knöchel und fiel monatelang aus. Er wurde zum Abwehrspieler umfunktioniert, in die U 23 abgeschoben, nach Japan ausgeliehen. „Es war für Gojko keine leichte Zeit“, sagt Milan Kacar, „aber er hat die Hoffnung nie aufgegeben.“

Mit Bruno Labbadia begann der Aufschwung

Mit der Rückkehr von Bruno Labbadia, seinem elften Trainer in fünf Jahren, begann Kacars nicht mehr für möglich gehaltene Wiederauferstehung. Sieben Punkte hat der HSV in den letzten drei Spielen geholt, in denen der Serbe in der Startformation stand. „Das ist ein tolles Gefühl“, sagte Kacar nach dem 1:1 gegen Freiburg, während sich Labbadia „ganz besonders“ freute, „dass gerade er sich selbst belohnt hat“.

Bleibt die Frage, ob es nun zum ganz großen Happy End in Form des Klassenverbleibs und einer Vertragsverlängerung kommt. „Gojko macht keinen Hehl daraus, dass er den Verein liebt, er will in Hamburg bleiben“, sagt Milan Kacar und ist jederzeit bereit, neue Gespräche aufzunehmen. Beim HSV soll die Situation nach der Saison neu bewertet werden, in Labbadia hat der Mittelfeldspieler einen großen Fürsprecher. Und wenn er auch gegen den VfB trifft und die weitere Bundesligazugehörigkeit sichert, bekommt Kacar wohl nicht nur einen neuen Vertrag – sondern auch ein Denkmal vor dem Volksparkstadion.