Am Sonntag ging es dann ganz schnell: Nach der ernüchternden 0:2-Heimniederlage gegen den Tabellenletzten 1. FC Köln trennte sich der abstiegsbedrohte Hamburger SV von Trainer Markus Gisdol.

Hamburg - Sein unausweichliches Ende als Trainer des Hamburger SV verkündete Markus Gisdol schneller als der Verein selbst. „Ich möchte jetzt erst einmal heim und das sacken lassen. Ich hätte gern weitergemacht,“, sagte der 48-Jährige, ließ die Seitenscheibe seines Noch-Dienstwagens vor rund 30 Journalisten wieder hochsurren und räumte ein letztes Mal seinen reservierten Parkplatz vor dem Volksparkstadion.

 

Erst eine knappe halbe Stunde später bestätigte der Klub mit einer dürren Mitteilung die Trennung, das „uneingeschränkte Vertrauen“ war nach nur einer Woche schon wieder aufgebraucht - rund 14 Stunden nach dem ernüchternden 0:2 gegen den Tabellenletzten 1. FC Köln. Es war das sechste Spiel in Serie ohne Sieg, die vierte Niederlage in Folge für den HSV. „Vorzeitige Trennungen von Trainern sind grundsätzlich nicht gewollt, aber wir glauben, dass neue Impulse zwingend notwendig sind, um das nach wie vor angestrebte Ziel Klassenerhalt zu erreichen“, erklärte HSV-Vorstandschef Heribert Bruchhagen.

Endgültiges Umdenken

Das erneut harmlose Auftreten gegen Köln ließ die Verantwortlichen an der Elbe endgültig umdenken. Zusammen mit Gisdol müssen auch dessen bisherige Co-Trainer Frank Fröhling und Frank Caspari den HSV verlassen. Das sonntägliche Vormittagstraining leitete Athletikcoach Daniel Müssig, unterstützt von Torwarttrainer Stefan Wächter. Schon am Montag soll und muss ein erfahrener Nachfolger für den an der Alster glücklosen Schwaben gefunden werden. Gehandelt werden, wie immer bei Trainerwechseln in der Hansestadt, die ehemaligen HSV-Heroen Felix Magath, Thomas Doll und Bernd Hollerbach.

Diesmal aber sollen auch Markus Weinzierl oder sogar der zweimalige Ex-Coach Bruno Labbadia, direkter Gisdol-Vorgänger, ein Thema sein. Angesichts einer fehlenden sportlichen Entwicklung und nur 15 Punkten aus 19 Spielen regiert im hohen Norden die nackte Panik. Der erste Absturz in die Zweitklassigkeit muss nicht nur wegen der leeren Kassen unbedingt verhindert werden. Ende September 2016 hatte Gisdol den HSV von Labbadia übernommen und in der Folge am letzten Spieltag der Vorsaison den direkten Klassenerhalt geschafft - doch aus dem dauerhaften Krisenmodus fand der Schwabe an der Waterkant nie heraus.

Mit dem oft wiederholten Verweis, mit diesem Team sei nicht mehr drin als Existenzkampf, versuchte Gisdol die schwachen Spiele und Ergebnisse zu rechtfertigen. Kritiker bemängelten zuletzt hingegen, Gisdol habe nie einen Plan B zu seinem nicht funktionierenden System des schnellen Umschaltspiels entwickelt. Bruchhagen wies in den vergangenen Wochen stets stolz daraufhin, möglichst lange an seinen Trainern festgehalten zu haben.

Anzahl der Zweifler wuchs

Doch auch in der Führungsetage wuchs offenbar die Anzahl der Zweifler, die Gisdol eine Wende zum Guten nicht mehr zutrauten. Seit der einstige Zögling von Ralf Rangnick seinen Job antrat, hat er fast die Hälfte seiner Spiele verloren. Auf seinen Nachfolger kommt nun eine extrem schwierige Mission zu. Die Mannschaft ist nach den vielen Rückschlägen der Vergangenheit verunsichert, es gibt unzufriedene Spieler wie Walace, der mit seinen Gedanken längst bei einem anderen Klub ist. Und die nächsten Gegner heißen Leipzig, Hannover, Dortmund, Leverkusen und Bremen. Ein leichtes Startprogramm sieht sicher anders aus.