Schwarzer Freitag für die Trainer der Handball-Bundesliga: Erst musste der Ex-Göppinger Velimir Petkovic in Berlin gehen, dann Rolf Brack beim HC Erlangen – das stößt auch auf Kritik.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Stuttgart - Dass Trainer in der Fußball-Bundesliga auf einem Schleudersitz Platz nehmen, ist seit langem bekannt. Doch wenn man diese Woche als Grundlage nimmt, dann sind die Profi-Kicker ja fast Waisenknaben – im Vergleich zum Handball. Angefangen hat des Trainer-Beben an oberster Stelle vor einiger Zeit mit der überraschenden Entlassung des Bundestrainers Christian Prokop. Es folgten Kai Wandschneider (Wetzlar, zum Saisonende), Anfang der Woche dann Kristjan Andresson (Rhein-Neckar Löwen) und Heiko Grimm (MT Melsungen) – und am Freitag noch ein Doppelpack: Erst musste Velimir Petkovic bei den Füchsen Berlin gehen, wenige Stunden später dann Interimscoach Rolf Brack, nachdem er tags zuvor mit dem HC Erlangen gegen den Tabellenvorletzten Eulen Ludwigshafen eine bittere 23:27-Niederlage hinnehmen musste und seine Mannschaft selbst in Abstiegsgefahr schwebt.

 

Der 66-Jährige aus Ostfildern hatte die Mannschaft erst vor drei Wochen übernommen, in dieser Phase allerdings in vier Partien gleich drei Niederlagen kassiert. „Ich bin natürlich enttäuscht. Ich hatte nur sehr wenig Zeit und hätte meine Arbeit hier gerne weitergemacht“, sagte Brack unmittelbar nach der Trennung, fügte aber hinzu: „Andererseits kann man das Resultat des letzten Spiels nicht von der Hand weisen.“

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Auch im Handball stehen die Trainer in der Zwischenzeit enorm unter Druck, hinzu kommt, dass sowohl vorne im Kampf um die internationalen Plätze als auch im Abstiegskampf sich immer mehr Mannschaften tummeln, so dass den Verantwortlichen oftmals die nötige Geduld fehlt. Was nicht immer auf Verständnis stößt. So hat Flensburgs Meistercoach Maik Machulla angesichts des sich immer schneller drehenden Trainerkarussells davor gewarnt, dass „die Dinge Züge wie im Fußball annehmen. Wir müssen alle cooler werden“, sagte der 43-Jährige.

Die mahnenden Worten stießen auf wenig Gehör: Heuern und feuern. Auch wenn Berlins Sportvorstand Stefan Kretzschmar nach der Entlassung des Ex-Göppingers Petkovic (Nachfolger bis Saisonende wird Michael Roth, früher Melsungen) zugab: „Das ist sicher einer der schwierigsten Tage seit meinem Amtsantritt“, sagte der Ex-Profi, der seit Anfang des Jahres für die Füchse tätig ist. Doch das Team hatte sich beim 30:32 gegen das Schlusslicht HSG Nordhorn bis auf die Knochen blamiert und die internationalen Ambitionen aus den Augen verloren.

Ganz so ambitioniert war der HC Erlangen nicht, allerdings ist Abstiegskampf auch nicht die Tabellenregion, die den Franken vor der Saison vorschwebte, als sie sich zum Beispiel mit Ex-Nationaltorhüter Carsten Lichtlein verstärkt hatten. Brack selbst war nur als Interimslösung vorgesehen – bis im Sommer der aktuelle Spielmacher Michael Haaß das Ruder übernehmen sollte, was nun wohl ab sofort geschehen wird, um den Super-GAU Abstieg zu verhindern.

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Gegenüber unserer Zeitung hatte Brack noch vor dem Spiel in Stuttgart vor einer Woche erklärt: „Ich habe bei Trainerlehrgängen gespürt, dass es mir immer noch Spaß macht, und bei der EM hat es schon gekribbelt, als ich die Spiele angeschaut und Analysen gemacht habe.“

Leider fielen die beim HC Erlangen unter dem Strich nicht so positiv aus, dass sie bei der Mannschaft gefruchtet hätten. Auf der Habenseite stand lediglich ein Sieg gegen seinen Ex-Club HBW Balingen-Weilstetten, der seinerseits vor dem Derby am Sonntag in Stuttgart als Vorletzter auf einem der beiden Abstiegsränge steht. Trotzdem lobt Geschäftsführer Wolfgang Strobel, dass sich seit der Verpflichtung von Jens Bürkle als Trainer (übrigens einem Brack-Schüler) die Abstimmung, Zusammenarbeit und Transparenz innerhalb des Vereins deutlich gesteigert habe, was sich auch in der Integration vieler Eigengewächse niederschlägt. Doch der HWB muss mit seinem Drei-Millionen-Etat aus der Not eine Tugend machen und kann Geld nicht für Trainerabfindungen ausgeben.

Deshalb darf man davon ausgehen, dass der HBW an seinem Übungsleiter festhalten und mit ihm notfalls auch in die zweite Liga gehen wird. Und Rolf Brack? Er hat nach dem kurzen Intermezzo auf jeden Fall wieder mehr Zeit für seine Familie.