Der fast schon ausgemusterte Rückraumhüne wirft Frisch Auf Göppingen zum EHF-Titel. Doch der Abschied vom Leistungssport ist geplant.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Göppingen - An diesem Dienstag wird Lars Kaufmann im Rampenlicht stehen. Es steht zwar kein Spiel des Handball-Bundesligisten Frisch Auf Göppingen an. Doch wenn sich die Mannschaft des EHF-Pokalsiegers gegen 17.30 Uhr auf dem Rathausbalkon präsentiert, werden ihm die Fans zujubeln wie keinem anderen. Kaufmann wird diese Emotionen aufsaugen. Er wird sie genießen. Genauso wie er es schon am Sonntagabend tat. Als der Publikumsliebling beim 30:22 im Finale gegen die Füchse Berlin mit seinen acht Toren Frisch Auf zum vierten EHF-Cup-Titel warf. Und eine Explosion der Gefühle auslöste.

 

Das wieviele Frühlingserwachen es für ihn gewesen ist? „Das Wichtigste“, antwortete der 35-Jährige. Er steht im Herbst seiner Karriere. Von Sommer an verlagert er mit seiner Frau Anna-Lena und den beiden Töchtern den Lebensmittelpunkt zurück in den Norden nach Glücksburg. Der Abschied vom Leistungssport ist geplant. „Noch steht es nicht zu 100 Prozent fest, aber dieser Titel war schon mal ein perfekter Abschluss“, sagt Kaufmann. Ein perfekter Abschluss zumindest seiner Zeit in Göppingen. Und das nicht zum ersten Mal. Auch 2011 verabschiedete sich der gebürtige Görlitzer mit dem EHF-Pokal-Titel nach Flensburg. 2015 kehrte er zurück, doch meistens spielte er nur eine Nebenrolle. Auch im Halbfinale am vergangenen Samstag beim 33:29 gegen den SC Magdeburg brummte er 60 Minuten auf der Bank. Die Konkurrenz im linken Rückraum ist groß. Trainer Magnus Andersson zog ihm Zarko Sesum, Daniel Fontaine und sogar Nachwuchsmann Sebastian Heymann vor.

Er ist ein Vollprofi

Kaufmann war in dieser Saison oft unzufrieden und frustriert. Doch er würde dies nie öffentlich äußern. Er ist ein Vollprofi. Ein Kämpfer. Kein Marktschreier, sondern ein bescheidener Typ. Ein Teamplayer. Auch wenn er nicht spielt, lebt er auf der Bank mit, muntert Mitspieler auf, motiviert, gibt seine Erfahrung weiter. „Wir sind drei bis zu vier Spieler auf Halblinks und ergänzen uns gut“, erklärt Kaufmann diplomatisch. Im EHF-Pokal-Endspiel brachte ihn Andersson nach dem frühen Rückstand schon nach fünf Minuten, ließ ihn trotz zwei Fehlwürfen überraschenderweise auf dem Feld. „Ich bekam einen Lauf und habe gezeigt, dass ich es noch kann“, sagte der Mann mit der eigenwilligen Sprungtechnik. Wenn der 1,99-m-Hüne abhebt, formt er seinen Körper zu einem Paket, fliegt eine Weile, kurz vor dem Wurf entfaltet er seinen Körper und jagt den Ball mit bis zu 110 Kilometern pro Stunde aufs Tor. „Der Stil von Lars ist und bleibt ein Ereignis“, lobte Michael Kraus vom TVB Stuttgart auf der Tribüne seinen ehemaligen Nationalmannschaftskollegen (132 Länderspiele).

Am 10. Juni tritt der TVB in Göppingen zum Punktspiel an. Zuvor hofft Kraus auf Schützenhilfe an diesem Samstag (19 Uhr) bei Abstiegskonkurrent HBW Balingen-Weilstetten. Wobei Frisch Auf die Punkte selbst für den eigenen Klassenverbleib benötigt. Sonst wäre das mit dem perfekten Abschluss für Lars Kaufmann hinfällig.