Zwei Frauenteams aus Württemberg machen die deutsche Handball-Meisterschaft unter sich aus? Vor Jahren noch völlig undenkbar. Inzwischen durchaus realistisch. Der Sieger des Duells Bietigheim gegen Metzingen befindet sich schon mal im Vorteil.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Stuttgart - Die SG BBM Bietigheim führt die Tabelle in der Handball-Bundesliga der Frauen mit 10:0 Punkten und einer Tordifferenz von plus 76 Toren an. Die TuS Metzingen sitzt dem Spitzenreiter mit ebenfalls 10:0 Punkten (plus 36 Tore) im Nacken. An diesem Mittwoch (20 Uhr) kommt es in der Bietigheimer Sporthalle am Viadukt (es gibt noch Stehplatztickets) zum mit Spannung erwarteten Aufeinandertreffen der beiden württembergischen Teams der Extraklasse. Ein Vergleich: Mannschaft: In den sicher heiß umkämpften, prestigeträchtigen 60 Derby-Minuten muss es nicht unbedingt die große Rolle spielen, doch mit Blick auf die komplette Saison dürfte der breitere Kader der SG ein großer Vorteil sein. „Alle Positionen sind doppelt, drei- oder sogar vierfach mit Top-Spielerinnen besetzt. Das ist Luxus pur“, sagt Ex-Bundestrainer Dago Leukefeld über die Bietigheimer Weltauswahl. Bei der TuS lastet viel Verantwortung auf der überragenden Achse mit Spielmacherin Anna Loerper und Kreisläuferin Julia Behnke. Wie sehr ein Ausfall Loerpers ins Gewicht fällt, zeigte das Heimspiel gegen Dortmund: Ohne die Nationalspielerin kam Metzingen nur zu einem sehr mühevollen 24:23-Heimsieg. Spielphilospohie: Die TusSies spielen technisch anspruchsvollen Hochgeschwindigkeitshandball. Die SG setzt mehr auf die Wurfkraft ihrer Einzelspielerinnen und auf eine körperlich starke Abwehr. Alle Entscheidungen sind stets genau durchdacht. Trainer: Beide Mannschaft setzen auf international erfahrene Trainer. Dänische Emotionen (Bietigheims Martin Albertsen) treffen auf ungarisches Temperament (Metzingens Csaba Konkoly). Der 46-Jährige feierte mit Topclub Györi ETO KC u.a. viermal die ungarische Meisterschaft. Albertsen (42) hat mehrmals bewiesen, dass er mit Stars umgehen und Erfolg haben kann. 2004 holte er mit Viborg HK in Dänemark Meisterschaft und Pokal sowie den EHF-Cup. 2006 gelang ihm mit dem HC Leipzig das Double. Am Montag gab die SG die Vertragsverlängerung mit Albertsen bis 2018 (plus beidseitiger Option) bekannt.

 

Finanzen: Die SG BBM ist in Deutschland das Maß aller Dinge. Vor allem Dank Mäzen Eberhard Bezner. Der Seniorchef von Olymp hat ein großes Herz für die Randsportart Frauenhandball. In der Szene wird von einem Etat weit über zwei Millionen Euro gemunkelt, Sportdirektor Gerit Winnen, betont: „Mehr als eine Million Euro haben wir für unseren Spielerkader nicht zur Verfügung. Wir sind solide aufgestellt und gehen kein Risiko ein.“ Metzingen kann auf eine breitere Sponsorenpyramide bauen. „Die SG hat ganz, ganz andere finanzielle Möglichkeiten als wir, dafür sind wir nicht von ein, zwei Sponsoren abhängig“, sagt TuS-Geschäftsführer Ferenc Rott. Er beziffert den Leistungssport-Etat in Metzingen auf eine Million Euro.

Image: Die selbsternannten „TusSies“ oder auch „Pink Ladies“ haben sich zu einer echten Marke im deutschen Frauen-Handball entwickelt: Positiv, frech, jung, modern. „Das war ein schmaler Grat mit dem Begriff TusSies, doch wir hatten sportlichen Erfolg, und sind super angenommen worden“, freut sich Rott. Der SG haftet das Etikett des zusammengekauften Starensembles an. „Uns begegnet viel Neid, aber auch Wertschätzung für unsere Arbeit auf höchstem Niveau“, berichtet Winnen. Verein: Die SG hat mit den eigenen Zweitliga-Männern Konkurrenz im eigenen Club. Die TuS mit dem TV Neuhausen einen Männer-Zweitligaclub in der Nachbarschaft. Beide Clubs legen großen Wert auf den Nachwuchs. Bei der SG spielt die zweite Mannschaft in der höchstmöglichen Spielklasse, der dritten Liga, und die A-Juniorinnen in der Bundesliga. In Metzingen steht das Reserveteam auf Platz zwei in der Baden-Württemberg Oberliga, die A-Juniorinnen jagen in der Württembergliga dem Ball nach.

Halle: Bietigheim rechnet am Mittwoch mit einer mit 1500 Zuschauern ausverkauften Halle am Viadukt. Ausweichspielstätte ist die MHP-Arena in Ludwigsburg (3800 Plätze). Sie stand fürs Derby nicht zur Verfügung. „Wir brauchen eine Ballsporthalle in Bietigheim“, fordert Winnen. Vergleichbar ist die Situation in Metzingen: Die Öschhalle bietet nach der Erweiterung nun 1050 Zuschauern Platz. Zu besonderen Spielen, wie zum Beispiel im Europapokal, wird in die Paul-Horn-Arena nach Tübingen ausgewichen (3180 Plätze).